Aus dem Zweiten Weltkrieg
31.03.2023 Mutschellen, BerikonDie Jahresschrift «Beriker Chleeblätter 2022» schaut weit zurück – und auch in die Gegenwart
Spannende Ein- und Rückblicke gibt es in den «Beriker Chleeblättern 2022» zu lesen. Beleuchtet werden unter anderem die ...
Die Jahresschrift «Beriker Chleeblätter 2022» schaut weit zurück – und auch in die Gegenwart
Spannende Ein- und Rückblicke gibt es in den «Beriker Chleeblättern 2022» zu lesen. Beleuchtet werden unter anderem die Bunkeranlagen des Zweiten Weltkrieges, die verschwundenen Festungen «Hasenburg» und «Bauernweh», aber auch die sportlichen Leistungen von Melanie Hasler.
Roger Wetli
Die Macher der «Beriker Chleeblätter» haben einmal mehr Erstaunliches geleistet. Sie beleuchten in ihrer Ausgabe 2022 teilweise Themen, die längst vergessen gegangen sind oder langsam in Vergessenheit geraten. So gehörte zum Beispiel der Mutschellen während des Zweiten Weltkrieges zur «Limmatstellung». Damit wollte man bei einem möglichen Angriff der Deutschen auf Frankreich den Umweg südlich über die Schweiz erschweren. Die Wehrmacht wählte schliesslich den Angriff von Norden über die Niederlande und Belgien. Angedacht war, bei einem Angriff der Deutschen diese in der «Limmatstellung» auflaufen zu lassen und mit einem französischen Stoss in die Flanken zu vernichten. Diese «Limmatstellung» wurde schliesslich am 4.Oktober 1939 durch die Schweizer Armee besetzt, aber erst ab März 1940 errichteten zivile Baufirmen diese in permanenter Bauweise.
Nach der Kapitulation von Frankreich befahl General Guisan einen Grossteil der Armee ins Alpenreduit. Die Stellungen in der Region wurden faktisch aufgegeben und erst gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nochmals mit starken Einheiten belegt.
In Berikon liess die Armee im Waldgebiet Näsple, in der Wassermatten und an der Marrengasse Artilleriestellungen errichten. Jede bestand aus vier Geschützständen und zwei Mannschaftsunterständen für 16 Personen. Bis in die 50er-Jahre wurden diese Anlagen regelmässig vom Militär überprüft und danach allmählich als «nicht mehr gebraucht» bezeichnet. Sie durften ab dann abgerissen, zugemauert, eingedeckt oder an die Gemeinde und Private verkauft werden. So verschwanden einzelne Zeitzeugen nach und nach. Verschiedene sind aber bis heute erhalten. So zum Beispiel der Bunker entlang des Rummelbachs oder zwei Artilleriestellungen und die Mannschaftsunterkunft im Waldgebiet Näsple.
Zwei Burgen im 12. Jahrhundert
Sind von der «Limmatstellung» aus dem Zweiten Weltkrieg zwar also noch Zeugen vorhanden, sind jene der beiden Burgen «Bauernweh» und «Hasenberg» praktisch verschwunden. Über den Standort von «Bauernweh» wurde lange gerätselt. Erst bei Grabungen um 1936 stiess man auf einem Hügel beim Egelsee auf sie. Die «Burg Kindhausen» wurde «Burg Bauernweh» genannt, weil deren Besitzer voller Bosheit gewesen sein sollen. Datiert wurden die Burgenreste auf Ende 12. Jahrhundert. Mitte des 13. Jahrhunderts brannte die Burg und wurde danach aufgegeben. Auf dem heutigen Gemeindegebiet von Bergdietikon stand mit der «Hasenburg» vermutlich ab dem 11. Jahrhundert noch eine zweite Burg. Auch diese brannte nieder, wurde aber wieder aufgebaut. Ebenfalls Mitte des 13. Jahrhunderts wurde sie zerstört und aufgegeben.
Die «Beriker Chleeblätter» gehen nicht nur den Geschichten der beiden Gebäude, sondern auch ihren Besitzern nach. So wird erwähnt, dass wohl die Freiherren von Regensberg mit diesen Gebäuden den Verkehr aus dem süddeutschen Raum über Schaffhausen, Bülach, Regensberg, Dietikon, Mutschellen in Richtung Luzern und Gotthard leiten wollten. Ebenfalls sollte der Westverkehr an der Stadt Zürich vorbei über eine Brücke im Städtlein Glanzenberg gelenkt werden. Dazu suchten die Freiherren verbündete Adelsgeschlechter in der Region, wobei sie eine Absage der Herren von Wohlen erhielten. Zudem gefielen diese Pläne den Zürchern nicht. Sie wehrten sich auch mit Waffengewalt, wobei vermutlich die beiden Burgen auf dem Mutschellen zerstört wurden.
Reformierte Kirche im Trennungsmodus
Wohlen spielt in den «Beriker Chleeblättern 2022» auch bei der Aufarbeitung des reformierten kirchlichen Zentrums Mutschellen eine wichtige Rolle. Die 1845 gegründete «Kirchgenossenschaft» ging 1874 in eine Kirchgemeinde Bremgarten-Wohlen auf, welche 1900 eine Kirche in Bremgarten einweihte. 1957 trennte sich Wohlen von der Muttergemeinde, wonach die Kirchgemeinden «Wohlen und Umgebung» und «Bremgarten-Mutschellen» entstanden. Ebenfalls in den 1950er-Jahren wurden Gespräche über eine Kirche auf dem Mutschellen geführt und dazu 1955 extra ein Verein gegründet. Eingeweiht werden konnte diese 13 Jahre später in Widen. Mit der Zeit zeigte sich, dass der Gemeindesaal in dieser Kirche zu klein war für grössere Veranstaltungen. Deshalb wurde ab 1990 der Neubau eines Kirchgemeindehauses geplant, das 1995 eingeweiht wurde.
Auch Personenkurzporträts zu finden
Die «Beriker Chleeblätter 2022» widmen sich aber nicht nur Gebäuden und Vereinen, sondern porträtieren auch verschiedene aktuelle Personen. So kommt man etwa in den Genuss der bisherigen Sportkarriere von Melanie Hasler im Bobsport. Diese konnte sich an den Olympischen Spielen in Peking Rang 7 im Monobob und den 6.Platz im Zweierbob sichern und damit zwei olympische Diplome nach Hause nehmen. «Es ist krass», sagt sie dazu mit Blick auf ihre bisherige Karriere.
Die «Beriker Chleeblätter 2022» sind auf der Gemeindeverwaltung von Berikon kostenlos erhältlich.