Auf 99 statt 105 Prozent
12.11.2024 RudolfstettenRudolfstetten-Friedlisberg: «Gmeind» entscheidet sich für eine tiefere Steuerfusserhöhung
Um 10 Prozent wollte der Rudolfstetter Gemeinderat die Steuern erhöhen. Die Stimmberechtigten sprachen sich für zusätzliche 4 Prozent ...
Rudolfstetten-Friedlisberg: «Gmeind» entscheidet sich für eine tiefere Steuerfusserhöhung
Um 10 Prozent wollte der Rudolfstetter Gemeinderat die Steuern erhöhen. Die Stimmberechtigten sprachen sich für zusätzliche 4 Prozent aus.
Roger Wetli
Eine denkwürdige Gemeindeversammlung erlebten die Stimmberechtigten von Rudolfstetten-Friedlisberg am letzten Freitagabend. Nach langen Diskussionen sprachen sie sich dafür aus, dass der Steuerfuss für das Budget 2025 auf 99 Prozent erhöht wird. Der Gemeinderat beantragte 105 Prozent. Zudem fand eine Liste mit verschiedenen Sparmassnahmen wie etwa dem Verzicht auf die Bundesfeier oder den Neujahrsapéro keine Mehrheit. Ein Antrag zur Streichung dieser Liste wurde klar angenommen. Verschiedene Anwesende befürchteten, dass mit diesen Sparmassnahmen die Gemeinde an Attraktivität verlieren und damit die Streichung ein Eigengoal für Rudolfstetten würde.
Diese Zeitung bleibt amtlich
Angenommen wurde auch ein Antrag, der verlangte, dass bei einer Leitungsund Strassensanierung in einem Abschnitt auf die Sanierung der Strassen verzichtet werden soll. Damit gibt die Gemeinde vorläufig rund 800 000 Franken weniger aus, als der Gemeinderat vorgesehen hatte.
Eine Zweidrittels-Mehrheit fand ein Antrag, dass der «Bremgarter Bezirks-Anzeiger» weiterhin amtliches Publikationsorgan bleibt. Der Gemeinderat wollte darauf aus Kostengründen künftig verzichten.
4 statt 10 Prozent höher
Rudolfstetten-Friedlisberg: «Gmeind» beschliesst einen Steuerfuss von 99 Prozent für das Budget 2025
Einen neuen Steuerfuss von 105 Prozent beantragte der Gemeinderat von Rudolfstetten-Friedlisberg an der «Gmeind» letzten Freitag. Die Anwesenden wollten ihn aber nur auf 99 Prozent erhöhen und strichen gleichzeitig eine Liste von Massnahmen, mit denen 89 000 Franken gespart worden wären.
Roger Wetli
Rund 3,5 Stunden dauerte die Gemeindeversammlung von Rudolfstetten-Friedlisberg. Die Anwesenden hatten dabei nicht nur über die sieben durch den Gemeinderat bestimmten Traktanden zu entscheiden, sondern auch über zehn weitere Anträge (siehe Kasten). Im Zentrum stand das Budget 2025 mit einem um 10 Prozent erhöhten Steuerfuss auf 105 Prozent. «Rund 70 Prozent der Ausgaben können wir als Gemeinde nicht beeinflussen, weil sie uns extern in Rechnung gestellt werden», erklärte Gemeindeammann Reto Bissig. «Genau da steigen die Kosten zum Teil etwa massiv. So etwa bei den Pflegekosten, bei Sonderschulen und der Kreisschule Mutschellen.»
Auch auf 20 weitere Prozente der Ausgaben könne der Gemeinderat kaum Einfluss nehmen. «Senken wir etwa die Löhne des Gemeindepersonals, wird dieses kündigen. Der Personalmarkt ist in diesem Bereich ausgetrocknet», so Bissig. Gleichzeitig verfüge die Gemeinde über eher wenige gute bis sehr gute Steuerzahlende. «Von 2760 Steuerpflichtigen verdienen 400 weniger als Netto 15 000 Franken pro Jahr. Mit Abzügen zahlen sie damit keine Gemeindesteuern.» Zudem ziehe mehr Steuersubstrat weg als zu. Eine Steuererhöhung sei deshalb notwendig. Das vom Gemeinderat vorgeschlagene Budget sah trotz Steuererhöhung einen Ausgabenüberschuss von rund 1,25 Millionen Franken vor. Bissig schlug vor, dass man in der Diskussion zuerst über verschiedene Kostenpositionen redet und erst anschliessend über den Steuerfuss.
Keine potenten Steuerzahler abschrecken
Diese Reihenfolge wurde aber nicht eingehalten. «Über einzelne Einsparposten zu diskutieren bringt nichts», wurde im ersten Votum erklärt. «Wir müssen den Steuerfuss beachten. Wir haben seit Langem den höchsten Steuerfuss der Mutscheller Gemeinden. Dadurch verlieren wir potente Steuerzahler und locken keine neuen an. Ich mache deshalb eine Erhöhung um 4 auf 99 Prozent schmackhaft.» Andere Voten kritisierten eine Liste des Gemeinderates, mit der 89 000 Franken gespart würden, die Gemeinde aber zum Beispiel künftig auf den Neujahrsapéro oder die Bundesfeier verzichten würde, und die Gemeinderäte und Feuerwehr 10 Prozent weniger Entschädigung erhalten. «Überlegt euch gut, was ihr streicht», warnte eine Person. «Wird diese Streichung angenommen, werden die Feuerwehrleute ihren Austritt geben.» Jemand anders stellte die Frage, was Rudolfstetten attraktiv machen würde. «In der Streichungsliste hat es so viele Dinge drin, die eine Gemeinde attraktiv machen.»
Nur wenig Sparpotenzial
Ein Mitglied der örtlichen SVP bemerkte, dass er beim Gemeinderat keinen richtigen Sparwillen spüre. «Die meisten Einsparungen könnte man bei den Ausgaben der Gemeindeverbände wie etwa beim Sportzentrum Burkertsmatt erzielen.» Er erklärte: «Die Mitglieder der SVP übernehmen den Examenweggen.»
Jemand anders fragte, wieso der Gemeinderat trotz schwieriger Finanzlage weiterhin den Gemeindesaal in der jetzt entstehenden Gemeindehausarealüberbauung realisieren möchte. «Das ist so, weil mit einem Verzicht nur wenige Kosten gespart würden. Zudem sind über dem Gemeindesaal zwei Wohnungen geplant, die uns künftig Steuereinnahmen generieren werden», erklärte Gemeinderat Michael Gutknecht.
Eine Person verlangte, dass der Gemeinderat mit der Isleren-Käuferin Reals North AG Kontakt aufnehmen solle, damit die Häuser im Vorkaufsrecht möglichst bald erworben und damit Einnahmen generiert werden könnten. Diese Option gibt es aktuell erst nach bewilligtem Baugesuch. Der Antrag wurde auf das Traktandum Verschiedenes verschoben, wo er keine Mehrheit fand.
Fiko-Präsident unterbrochen
Nach langen Diskussionen setzte der Finanzkommissionspräsident Thomas Pfyl zu einem Schlussplädoyer für den Antrag des Gemeinderates an. Er ging dabei ins Detail und warf dem Gemeinderat vor, dass die von der Fiko verlangten Gespräche des Rates mit verschiedenen Gemeindeverbänden nicht stattgefunden hätten. Er kritisierte aber auch die Anwesenden. «Der Sparwillen ist da, aber nicht, wenn es einen selber betrifft.» Da zuvor bereits ein Ordnungsantrag auf baldiges Abstimmen gestellt, aber noch abgestimmt wurde, unterbrachen einige Personen den Fiko-Präsidenten und verlangten, dass er sein Plädoyer beende. «Ich glaube, in diesem Saal haben viele noch nicht begriffen, um was geht», stellte er gehässig fest.
Reto Bissig liess danach über verschiedene Änderungsanträge abstimmen. Der Antrag, in dem auf die Sparvorschläge von 89 000 Franken verzichtet wird, wurde mit 129 Ja- zu 32-Stimmen klar angenommen. Der Antrag auf eine Steuerfusserhöhung auf 99 Prozent fand in drei Abstimmungen jeweils ein grosses Mehr.
Die Beschlüsse
An der «Gmeind» in Rudolfstetten-Friedlisberg nahmen 249 von 2608 Stimmberechtigten teil. Das Absolute Mehr betrug 522. Somit unterstehen sämtliche Beschlüsse ausser den Einbürgerungen dem fakultativen Referendum. Es wurde Folgendes bestimmt: 1. Ja zum Protokoll vom 6. Juni. – 2. Ja zur Erteilung des Gemeindebürgerrechts an sechs Personen. – 3. Ja zur Ermächtigung des Gemeindeverbandes Regionale Alterszentren Bremgarten-Mutschellen-Kelleramt für den Umbau und die Erweiterung des Alterszentrums Bärenmatt in Bremgarten für 38 Millionen Franken. – 4. Strassen- und Werkleitungsbau Mutschellen-Bolleri-Habsburgstrasse-Querstrasse; Nein zum Antrag, das Projekt komplett zurückzustellen; Ja zum Antrag, die Habsburgstrasse ab Höhe Kurve «Hubsburg» und Querstrasse auf Strassenbau gänzlich zu verzichten;
Ja zum Hauptantrag unter Berücksichtigung des genehmigten Änderungsantrags. – 5. Teilrevision der Gemeindeordnung; 127 Ja- zu 56 Neinstimmen zum Änderungsantrag, die Publikation gemäss bisherigem Wortlaut in der Gemeindeordnung beizubehalten; 127 Ja- zu 78 Neinstimmen zum Änderungsantrag, die Einbürgerungskompetenz an den Gemeinderat zu übertragen; 110 Ja- zu 56 Neinstimmen, die Bezeichnungen Gemeindeammann und Vizeammann durch Gemeindepräsident und Vizepräsident zu ändern (vorbehältlich der Rechtmässigkeit); Ja zum Hauptantrag unter Berücksichtigung der genehmigten Änderungsanträge. – 8. Ja zur Teilrevision der Satzungen des Gemeindeverbandes Kreisschule Mutschellen. – 7. Budget 2025; 129 Ja- zu 32 Neinstimmen zum Antrag, die «Liste Sparmassnahmen» wieder ins Budget 2025 aufzunehmen; Nein zu einem Steuerfuss von 95 Prozent; Ja zu einem Steuerfuss von 99 Prozent; Nein zu einem Steuerfuss von 105 Prozent; Ja zum Hauptantrag des Gemeinderats unter Berücksichtigung der genehmigten Änderungsanträge. – 8. Verschiedenes; Ja zum Antrag der Finanzkommission, der Gemeinderat solle für die nächste «Gmeind» Einsparungen über 5 Steuerprozente erarbeiten und präsentieren; Nein zum Antrag, der Gemeinderat solle neue Vertragsverhandlungen führen für die vorzeitige Ausübung des Kaufrechts für drei Liegenschaften. --rwi