Als Boswil noch am See lag
26.08.2025 Boswil, Region OberfreiamtAuf der Grenzwanderung erfuhren Interessierte viel Spannendes aus vergangenen Tagen
Es ist die dritte und die letzte Etappe rund um die Gemeindegrenze von Boswil. Der Kulturverein vermittelte den Teilnehmenden dabei die jetzige Natur und vergangene Geschichten – vom ...
Auf der Grenzwanderung erfuhren Interessierte viel Spannendes aus vergangenen Tagen
Es ist die dritte und die letzte Etappe rund um die Gemeindegrenze von Boswil. Der Kulturverein vermittelte den Teilnehmenden dabei die jetzige Natur und vergangene Geschichten – vom Bünzersee, vom Torfabbau und von der einstigen «Arbeiterkolonie» Murimoos.
Annemarie Keusch
Ein See zwischen Muri, Aristau, Besenbüren, Bünzen und Boswil? Den gabs. Und auch Boote gabs. «Aber nicht als Verkehrsmittel, sondern nur zum Spass und Vergnügen», betonte Roland Stöckli. Er und Benedikt Stalder führten zwei Gruppen durch den östlichen Teil der Boswiler Gemeindegrenze. Dies war nötig, weil gegen 70 Personen der Einladung des Kulturvereins folgten. Dass es in Besenbüren gar einst einen Ort gab, der Schiffländi genannt wurde, war eine der vielen spannenden Anekdoten, die sie auf der knapp sechs Kilometer langen Wanderung erfuhren. Der Bünzersee entstand vor rund 12 000 Jahren, als sich der Gletscher zurückzog und einen rund drei Quadratmeter grossen See zurückliess. «Wer sich nun etwas wie den Zürichsee vorstellt, der irrt», weiss Stöckli. Vielmehr sei es ein grosses Sumpfgebiet gewesen.
Und eines, um das intensiv verhandelt wurde. Einst gehörte der See einem Mühlebesitzer in Bünzen, später diskutierte eine Kommission über dessen Aufteilung. Als der See mehr und mehr verlandete, begannen die Gemeinden ihn für sich zu nutzen. Drainagen folgten – und der Torfabbau. Urs Werder, Präsident des Kulturvereins, wusste zu berichten, dass das Niveau hier zwischen Boswil und Bünzen einst rund acht Meter höher gewesen sein musste. Ein weiterer Beweis für die vielen Jahre, die seit der Existenz des Bünzersees vergangen sind. Torf wächst nämlich pro Jahr rund einen Millimeter. Hier wurden einst sechs Meter davon abgetragen.
Mit Zementsäcken Gebäude begradigt
Halt machte die Wanderung auch im Niedermoos. Ein rund viereinhalb Hektaren grosses Gebiet, das die Ortsbürgergemeinde Boswil nach dem Torfabbau zum Naturreservat machte. Von den damals zwei Weihern ist einer übrig geblieben. Ein Ort, den selbst viele Boswilerinnen und Boswiler nicht kennen, liegt doch der Fokus in Sachen Naherholungsgebiet klar beim Feldenmoos, westlich der Gemeinde. 1978 wollte der Gemeinderat das Niederund das Feldenmoos der Bevölkerung zugängig machen – daraus resultierte im selben Jahr die Gründung des Fischervereins. Fische gibt es aber im Niedermoos keine. «Das Wasser weist zu wenig Sauerstoff auf», erzählte Roland Stöckli.
Möglichst nah entlang der Grenze passierte die Wanderung auch das Murimoos. In den 1930er-Jahren als Arbeiterkolonie gegründet, um arbeitslosen und sozial randständigen Männern zeitweise eine Unterkunft und Arbeit zu bieten, ist es mittlerweile ein moderner Betrieb mit Bio-Gemüsebau, Werkstätten, Läden, einem Restaurant, einer Storchenkolonie, Biogasanlage und so weiter. Seit 2018 leben auch Frauen hier. Und das Murimoos ist ein Ort, an dem Geschichten entstehen. Etwa jene, als die Institution die grossen Gebäude baute und der Verwalter bemerkte, dass das Verwaltungsgebäude schief stand. Offenbar wurde im Moorboden zu wenig tief fundamentiert. Immerhin stand das Gebäude auf einer armierten Bodenplatte. Sodass der Verwalter dies ganz pragmatisch löste und im höher liegenden Kellerabteil Zementsäcke stapelte, bis das Gebäude wieder im Lot stand.
Güggeler heisst heute Maiglück
Auf dem weiteren Weg erklärte Stöckli auch ein paar Flurnamen. Das Gebiet Stritmatten, dessen Name genau auf Streit zurückzuführen sein könnte, wie auf den einstigen Schweizerdeutschen Betriff Strit oder Stritli für eine kriechende, rankende Pflanze. Oder die Böshoolweid zwischen Boswil und Muri. «Bös» verweise auf den bösen, schlechten, sumpfigen Boden, «hol» stehe für den Hohlweg zwischen zwei Borden und «weid» bedeute, dass sich hier das Land nur für den Weidegang und nicht als Ackerland eignete. Das ist längst anders. Die Bünz wurde tiefergelegt, das Grenzbächli als Vorfluter kanalisiert. Die Bedeutung des Flurnamens ging verloren. Aber die Geschichten bleiben. Auch jene des einstigen Schlossherrn, der viele Arme anlockte und misshandelte und seither im Weiher büssen muss. Und Stöckli erzählte auch, wie sich Flurnamen verändern können. Längst nennt das ganze Dorf den Ort Maiglück, aber einst hiess er Güggeler. Weil hier einst Züchter und Händler von Hähnen, also Güggel, lebte. Das Gekrähe und Gegacker störte hier ausserhalb des Dorfes niemanden.
22 Kilometer lang ist die Gemeindegrenze von Boswil. In drei Etappen machte sie der Kulturverein der Bevölkerung in Wanderungen erlebbar.