Ärger auf dem Mutschellen
15.11.2022 Rudolfstetten, Mutschellen«Gmeind» in Rudolfstetten-Friedlisberg
Die Einwohner von Rudolfstetten stossen sich an der Knausrigkeit ihrer Nachbargemeinden. Der geplante Unterstützungsbeitrag für den Tennisclub wurde deshalb einstweilen ausgesetzt.
Die ...
«Gmeind» in Rudolfstetten-Friedlisberg
Die Einwohner von Rudolfstetten stossen sich an der Knausrigkeit ihrer Nachbargemeinden. Der geplante Unterstützungsbeitrag für den Tennisclub wurde deshalb einstweilen ausgesetzt.
Die Stimmberechtigten in Rudolfstetten-Friedlisberg sind vorerst nicht bereit, sich finanziell im Vergleich zu den anderen Mutscheller Gemeinden massiv stärker für den Tennisclub Mutschellen zu engagieren. Die Nachbarn – allen voran Oberwil-Lieli – seien unsolidarisch und sollen mit ihrem eigenen geizigen Beitrag nochmals über die Bücher, lautete in der Mehrzweckhalle der Tenor an der Einwohnergemeindeversammlung vom Freitagabend.
«Schluss mit dem Schmarotzertum»
«Gmeind» in Rudolfstetten-Friedlisberg: Ärger über Mutscheller Nachbarn
Die Gemeindeversammlung in Rudolfstetten-Friedlisberg hat den Unterstützungsbeitrag für den Tennisclub Mutschellen zurückgewiesen. Allerdings nicht, weil man den Sportlern nicht helfen möchte – vielmehr ärgern sich die Einwohner über die unsolidarische Haltung der anderen Gemeinden. Allen voran ob derjenigen von Oberwil-Lieli.
Marco Huwyler
Der anwesende Vertreter des Tennisclubs Mutschellen konnte einem fast ein wenig leidtun. Mit einem letzten Appell versuchte er abzuwenden, was sich in den vorangegangenen Minuten unweigerlich abzeichnete. «Ich kann Ihnen sagen, dass wir mit allen Gemeinden intensive Gespräche geführt haben. An der grundlegenden Haltung wird sich nichts ändern. Und wir würden unser Projekt wirklich gerne mit etwas Planungssicherheit vorantreiben.»
Es nützte nichts. Die Anwesenden stimmten dem Rückweisungsantrag zu Traktandum 4 letztlich mit 49 zu 21 Stimmen zu. Damit muss der Ruedistetter Gemeinderat nochmals über die Bücher. Über die Unterstützungsbeiträge für den Tennisclub wird voraussichtlich an einer der nächsten Gemeindeversammlungen erneut abgestimmt.
Proportional beteiligen?
Dabei ist die Legitimität des Verpflichtungskredits über 75 000 Franken zugunsten des Sportvereins eigentlich unumstritten. Seit 1974 betreibt der Tennisclub seine Anlage an der Züribieter- bzw. Hasenbergstrasse und bietet zahlreichen Mutscheller Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Gelegenheit, dort ihrem Hobby nachzugehen. Wie andere Sportvereine leistet der Tennisclub damit seinen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl. In all den Jahren hat er nie Ansprüche gestellt. Nun aber ersuchte er die Gemeinden seiner Mitglieder zum ersten Mal um Unterstützung. Das marode Clubhaus muss dringend saniert werden. Zudem möchte der boomende Verein einen vierten Tennisplatz realisieren, damit es nicht zu Engpässen kommt und auch Nichtmitglieder weiterhin die Gelegenheit haben, einen der Plätze zu mieten. Eine Million kostet das Projekt insgesamt. Einen Grossteil davon hat der Verein selbst aufgetrieben. Für die restlichen 350 000 Franken wurden die Wohngemeinden seiner Mitglieder angefragt. Widen, Rudolfstetten-Friedlisberg, Berikon und Oberwil-Lieli. Der Wunsch war, dass sie sich proportional nach Anzahl der Mitglieder am fehlenden Betrag beteiligen. Aufgrund der Bedeutung und der Tradition des Tennisclubs für den Mutschellen entsprach der Ruedistetter Gemeinderat diesem Begehren und wollte den Betrag über 75 000 Franken an dieser «Gmeind» vom Souverän absegnen lassen.
Die anderen geizen
Der Haken daran – mit dieser Einstellung steht die Ruedistetter Regierung unter den Mutscheller Gemeinden zu einem guten Teil alleine da. Widen möchte sich zwar ebenfalls mit 93 000 Franken beteiligen, hat aber über doppelt so viele Mitglieder wie Rudolfstetten-Friedlisberg und müsste daher gemäss angedachtem Unterstützungskonzept auch entsprechend mehr bezahlen. Berikon, mit einer vergleichbaren Mitgliederzahl wie Rudolfstetten, möchte gar nur 10 000 Franken beisteuern. Und Oberwil-Lieli – die Wohngemeinde des Clubpräsidenten – beteiligt sich mit gerade einmal 3000Franken. Zusätzlich würde man dem Verein einen Kredit über 50 000 Franken gewähren. Ein Betrag, der dann mit Zinsen zurückbezahlt werden müsste.
Hoffen auf Gipfelikonferenz
Diese extreme Ungleichbeteiligung akzeptieren die Stimmberechtigten von Rudolfstetten-Friedlisberg nicht. «Ich fordere, dass der Gemeinderat mit den Nachbargemeinden an einer Mutscheller Gipfelikonferenz nochmals das Gespräch sucht und Tacheles redet», sagte Alfred Oggenfuss, Alt-Gemeindeammann, an die Adresse seiner Nachfolger. Er stellte deshalb einen Rückweisungsantrag. «Die anderen sollen nochmals über die Bücher. Was sich vor allem Oberwil-Lieli hier einmal mehr leistet, ist einfach richtig schäbig. Bezeichnen sich als ‹Juwel des Mutschellens›, leisten sich ihren unfassbar niedrigen Steuerfuss, sind überall dabei, wollen sich aber nirgends beteiligen», enervierte sich Oggenfuss. «Irgendwann ist dann auch mal Schluss mit diesem unsäglichen Schmarotzertum. Es kann nicht sein, dass wir – die Mutscheller Gemeinde mit dem höchsten Steuerfuss und der grössten Verschuldung – wieder einmal für die anderen bezahlen.» Die Worte des Ex-Gemeindeammanns wurden mit grossem Applaus bedacht. Gefolgt von der klaren Annahme seines Rückweisungsantrags.
Aufgeschoben, nicht aufgehoben
Damit wurde letztlich am Unterstützungsbeitrag für den Tennisclub ein Exempel statuiert. Denn grundsätzlich ist gegenüber dem Sportverein in Rudolfstetten-Friedlisberg durchaus viel Wohlwollen vorhanden, das spürte man auch am Freitagabend. Fruchten die Gespräche mit den Nachbargemeinden zumindest einigermassen, dürfte der Betrag mit Verzögerung in einem halben Jahr an der Sommer-«Gmeind» angenommen werden. Denkbar wäre auch eine Lösung – im Falle eines finanziellen Alleinganges – nach der Tennisclub-Mitglieder aus Gemeinden, die sich nicht oder nur knauserig am Projekt beteiligen, künftig höhere Mitgliederbeiträge bezahlen müssten. Alleine der Lakai der reichen Nachbarn möchte man in Rudolfstetten künftig nicht mehr sein. Das machten die Stimmberechtigten an der «Gmeind» mehr als klar.
Wasserspiel kommt
Abgesehen vom Tennisclub-Intermezzo war es eine harmonische «Gmeind» in Rudolfstetten-Friedlisberg.
Der Verpf lichtungskredit des ICT-Konzepts für die Kreisschule Mutschellen, das Budget 2023 (Verlust von 668 000 Franken bei unverändertem Steuerfuss von 95 Prozent) sowie die Realisierung eines Wasserspiels und von Sitzgelegenheiten auf dem Gemeindeplatz wurden allesamt klar angenommen. Lediglich letzteres Traktandum sorgte für kleinere Diskussionen. So wurde etwa moniert, dass die Sitzgelegenheiten unbequem aussähen oder dass es zu wenige Bäume auf dem Gemeindeplatz gebe. Mit Verweis auf die baulichen Gegebenheiten (unter dem Gemeindeplatz befindet sich eine Tiefgarage) und alternative Sitzgelegenheiten (neben den verschiebbaren, neuen Sitzelementen wird es auch klassische Bänkli geben) konnten diese Bedenken vom Gemeinderat rasch entkräftet werden.
Zum Schluss wurde Trudi Sefidan, die 16 Jahre lang als Leiterin Finanzen fungierte, in den Ruhestand verabschiedet. --huy