Wenn Träume bauen lernen

  03.10.2025 Wohlen

«Ciné Freiamt» kommt voran: Die beiden Kinomacher und ihre einzigartige Geschichte

Die Fassade ist fertig, der Innenausbau kommt voran, bald schon geht es ans Einrichten: Das «Ciné Freiamt» könnte in den nächsten 12 Monaten fertig werden. Doch die beiden Kinomacher Sascha Heubacher und Alfonso Bruchmann sind zurückhaltend mit einem Eröffnungsdatum – und das hat seine Gründe.

Stefan Sprenger

Die Schallisolierung ist im grossen Kinosaal montiert. Sascha Heubacher schnippt mit den Fingern. «Klingt gut, oder?», fragt er. Das «Ciné Freiamt» ist wieder ein paar grosse Schritte näher am Ziel. Es dauert wohl nicht mehr allzu lange, und die ersten Filme können auf den (bereits angelieferten) Sesseln, «Love Seats» oder Kinobetten angesehen werden.

Finanziell abgesichert

Vielleicht läuft dann als erster Film ein Klassiker. Wie wärs mit dem legendären Duo Bud Spencer und Terence Hill? Ihre Filme eroberten in den 1970erund 1980er-Jahren die Kinos. Ein Filmtitel hiess: «Diese zwei sind nicht zu bremsen». Das passt irgendwie perfekt zu Sascha Heubacher und Alfonso Bruchmann. Gemeinsam treiben sie dieses Mega-Projekt auf 1200 Quadratmetern voran. Und auch diese zwei sind nicht zu bremsen.

Kennengelernt haben sie sich vor 14 Jahren. Passenderweise im Kino. Heubacher war in seinem Kino in Wädenswil im Vollstress vor einem James Bond-Film. Alfonso Bruchmann wollte als Besucher den Film anschauen, bemerkte, dass Heubacher riesigen Druck hat – und half spontan bei der Popcorn-Maschine aus. Heute sind der Villmerger Heubacher und der Säuliämter Bruchmann ein jahrelanges Duo. Sie sind Geschäftspartner, Freunde und Kinomacher. «Wir vertrauen einander und verfolgen das gleiche Ziel. Wir pushen uns gegenseitig», sagt Bruchmann. Ihr Ziel ist klar: Das «Ciné Freiamt». Ein Kino-Palast für die Region. Drei Säle mit 150, 100 und 45 Plätzen. Und es wird mehr als «nur» ein Kino, sondern ein Unterhaltungstempel, ein Ort des Treffpunkts. Mit Foyer, Bistro, Gastronomie. Und dafür ackern sie jeden Tag von 8 bis 5 auf der Baustelle im ehemaligen Kino Rex. Dabei steckten sie auch Rückschläge weg wie Lieferverzögerungen, gesundheitliche Probleme und finanzielle Engpässe.

Während sie vor einigen Jahren noch unter selbst auferlegtem Zeitdruck litten, nehmen sie es heute gelassener. «Wir sind ruhiger geworden, lassen uns nicht mehr stressen und haben Dampf vom Kessel genommen», sagt Heubacher. Finanziell sind sie abgesichert durch andere Immobilien. «Das gibt uns den Luxus, dass wir nicht unter Druck sind», sagt Heubacher. Und deshalb halten sie sich auch zurück mit einem Eröffnungsdatum. Doch die ganze Region will wissen: Wann kommt das «Ciné Freiamt»? Heubacher sagt: «Wir nennen kein Datum. Aber ich hoffe schwer, dass es 2026 ist.»

Pitsch Wyrsch ist «extrem beeindruckt»

Es ist aber schwierig vorauszusagen, denn es ist eine grosse Baustelle. Heubacher und Bruchmann machen alles selbst. Hilfe beim aufwendigen Umbau kriegen sie von der Baufirma von Pitsch Wyrsch, bekannt auch als Beizer des «Löwen» in Boswil. Auch Wyrsch ist manchmal auf der Baustelle anzutreffen «und wurde mittlerweile zu einem guten Kumpel», wie Heubacher sagt.

Peter «Pitsch» Wyrsch ist ein Tausendsassa im Freiamt, mischt bei Kultur und Gastronomie mit, ein erfolgreicher Unternehmer. Was sagt er zu diesem Kinoprojekt?: «Es gab ja Skeptiker, die sagten, dass das neue Kino nie fertiggestellt wird. Aber ich kann all diesen Menschen sagen: Heubacher und Bruchmann ziehen es durch. Sie haben ganz viele gute Ideen, sie sind mutig, sie scheuen keinen Aufwand, sie sind täglich auf der Baustelle, sie strotzen vor Energie. All das ist extrem beeindruckend. Heubacher und Bruchmann verdienen den grössten Respekt. Das neue Kino wird für Wohlen und das Freiamt eine wunderbare Geschichte werden. Eine schöne Bereicherung. Es gibt noch einiges zu tun, bis es fertig ist, aber das wird eine positive Sache.»

Grüne Fassade

Sascha Heubacher und Alfonso Bruchmann haben sich im oberen Stock eine temporäre Küche eingerichtet. Hündin «Chica» ist auch da. Irgendwie ist diese Baustelle ein wenig zu einem zweiten Zuhause geworden. «Wir sind oft hier», sagt Heubacher. Und es werden noch einige Stunden dazukommen. «Wir kommen stetig voran, aber es benötigt noch Zeit», sagt er weiter.

Zuletzt gab es viele Reaktionen von Passanten, weil die Fassade gestrichen wurde. Die Farbe: Grün. «Uns gefällt diese Farbe. Und wir wollen ja auch etwas zur bunten Vielfalt in der Region beitragen», so Heubacher. Er spürt, dass viele Menschen sehr neugierig sind. «Früher hat es mich ein wenig genervt, heute finde ich es schön. Die Leute warten auf das neue Kino und freuen sich.»

Mental geht es den beiden bestens. Denn sie sind nicht mehr am Abreissen, sondern am Aufbauen. Zuletzt haben sie die Stromleitungen reingezogen und isoliert – oder kilometerlange Rohre der Bodenheizung verlegt. Die Fassade ist fertig, der Eingangsboden ebenso, die Fensterscheiben sind drin. «Das alles gab enorm viel zu tun. Es sind Dinge, die nur wir sehen, aber wir sind stolz, dass wir das bis hierhin geschafft haben», erklärt Bruchmann.

«Cinégarten» entsteht

Im Kellergeschoss werden die Küche und der Vorratsraum sein. Die Küchengeräte sind schon angeliefert worden. Ebenso die Barmöbel oder über 300 Stühle – vom normalen Kinosessel bis zum Kinobett. «Auch die Zuckerwattemaschine ist geliefert», sagt Heubacher. Wie schon erwähnt: Es gibt noch viel zu tun.

Links vom Gebäude gibt es eine Einfahrt in die Tiefgarage. Diese wird bald eben gemacht, aufgefüllt. Dort wird ein «Cinégarten» entstehen, ein Aussenbereich mit Sitzgelegenheiten für die Besucher. «Aktuell sind wir aber voll beim Innenausbau», erklärt Heubacher. Die Kabel für die Lautsprecher werden gezogen, die Boxen und Bässe installiert, die Rahmen der Leinwände erstellt, die Bühne gebaut, die Teppiche (die auch schon angeliefert sind) verlegt. Und so weiter. «Es gibt noch viel zu tun», sagen die beiden.

«Wegen eines Films alleine geht heute niemand mehr ins Kino»

Es ist zu spüren: Sie machen diese Arbeit gerne. Tag für Tag einen Schritt näher zu ihrem eigenen Kino, das sie selbst erschaffen haben. Und es ist auch zu spüren, wie sehr sie sich freuen, wenn alles durch ist. «Es ist schon viel zu lange her, dass der letzte Film hier gezeigt wurde», sagt Heubacher. «Und wir sind schon weit, haben das Gröbste überstanden. Es kommen nun immer mehr jene Arbeiten, die uns mehr freuen, die kreativer sind. Das zeigt, dass wir uns dem Ende nähern», fügt Bruchmann an. Sie freuen sich jetzt schon, wenn beim Eröffnungsapéro Häppchen serviert werden und sie auf den ersten Film anstossen können.

«Wir werden das ‹Ciné Freiamt› unter unserer Leitung stemmen», sagen die beiden. Bruchmann hat das Wirtepatent, beide sind eventerfahren und Organisationstalente. Ihre Leidenschaft ist eigentlich das Kino – und nicht die Baustelle. «Wir haben ein Konzept im Kopf. Und die Arbeit im Kino macht uns riesigen Spass. Ich glaube, das gibt eine Aufwertung für ganz Wohlen und das Freiamt», meint Heubacher und erzählt bereits von konkreten Ideen. Themenbezogene Filmabende, Nostalgie-Klassiker, Ladys Night. «Wegen eines Films alleine geht heutzutage kaum noch jemand ins Kino. Man muss es mit einem Event und der Gastronomie verbinden. Es wird hier etwas Neues entstehen, was es in unserer Region bislang noch nicht gibt.»

«Manche unterschätzen uns»

Beim Gespräch und Rundgang durch die Baustelle wird klar, dass die beiden Kinomacher einen grossen Schritt näher an ihrem Ziel sind. «Das gibt ein Lebenswerk», sagt Heubacher. Zwei Freunde, die ihr eigenes Kino bauen, ist schon eine einzigartige Geschichte. «Eins nach dem anderen, wir stressen jetzt nichts hin.» Ihr Durchhaltewillen ist riesig. Und auch menschlich sind sie ruhiger geworden. «So ein Kinoumbau auf 1200 Quadratmetern verändert einen Menschen positiv», sagt Heubacher. Sie wussten, es ist ein Riesending. Und doch sagen sie, dass sie die Arbeit ein wenig unterschätzt haben. «Aber manche Menschen unterschätzen auch uns», sagt Heubacher mit einem Augenzwinkern.


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