Guten Filmen ein Publikum bieten
03.10.2023 WohlenVerleihung des Wohler Kulturpreises an den Filmklub mit einer Laudatio von Kaya Inan
Kultur soll für alle zugänglich sein: Nach diesem Motto holt der Filmklub Werke nach Wohlen, welche in den grossen Kinos nicht gezeigt werden. Und nach diesem Motto war die ...
Verleihung des Wohler Kulturpreises an den Filmklub mit einer Laudatio von Kaya Inan
Kultur soll für alle zugänglich sein: Nach diesem Motto holt der Filmklub Werke nach Wohlen, welche in den grossen Kinos nicht gezeigt werden. Und nach diesem Motto war die Verleihung des Preises in diesem Jahr öffentlich. Die Teilnehmer kamen dabei in den Genuss eines ganz besonderen Filmabends.
Chregi Hansen
Das Winterquartier des Circus Monti ist eine Bereicherung für Wohlen. Die Infrastruktur lässt sich ganz verschieden nutzen. Sie bildet etwa den idealen Rahmen für das weihnachtliche Varieté, ist aber auch bestens geeignet für Kleinkunst-Vorstellungen und Konzerte. Und der Raum ist sogar ein wunderbares Kino, wie an der diesjährigen Verleihung des Wohler Kulturpreises deutlich wurde.
Für den Preisträger, den Wohler Filmklub, ist die Nutzung ganz verschiedener Räume nichts Neues. Seit der Schliessung des Kinos Rex ist der Verein heimatlos. Und bleibt trotzdem aktiv. Er hat sein Programm in den letzten Jahren an den verschiedensten Orten vorgeführt. Diese Saison verwandelt sich der Vortragssaal der ibw einmal im Monat in einen Kinosaal. Aber natürlich hoffen alle, dass Wohlen bald wieder ein richtiges Kino besitzt. Wie in den Zeiten, als Hansjörg Beck das «Rex» führte. Dass dieser für die Preisverleihung mit seinem mobilen Kino nach Wohlen kam, freute Filmklub-Präsident Daniel Renggli besonders.
Überhaupt: Der Präsident strahlte den ganzen Abend über. Wollte die Urkunde gar nicht mehr aus der Hand geben. Und fand in seiner Dankesrede kaum noch ein Ende. Der Kulturpreis ist für den Verein eine ganz besondere Ehre. Erst recht in dieser nicht ganz einfachen Zeit ohne richtiges Kino. Renggli erinnerte speziell an die vielen langjährigen Vorstandsmitglieder, die sich teilweise über Jahrzehnte für den Filmklub eingesetzt haben. Etwa die früheren Präsidenten Josef Abt und Dieter Kuhn oder auch Herbert Vock, der sich 41 Jahre für den Klub engagiert hat. Und Renggli dankte auch seinen Vorstandskollegen und betonte die gute Zusammenarbeit.
Nicht einfach irgendwelche Filme zeigen
Der Filmklub Wohlen besteht seit 1966 und durfte bis zur Schliessung des Kinos Rex durchschnittlich rund 700 Mitglieder zählen. Gerade jüngere Wohler nutzten die Möglichkeit, für wenig Geld viel Kino zu erhalten. Zu ihnen gehörte auch Kaya Inan. Der Wohler lebt heute in Berlin, arbeitet als gefragter Cutter in der Filmbranche und hat schon zweimal den Schweizer Filmpreis in seiner Kategorie gewonnen. Und war in seiner Kantizeit selbst Mitglied des Filmklubs. «Der Verein hat mir die Welt der Filme nähergebracht», sagte er in seiner Laudatio.
Inan erinnerte an die Anfänge des Filmklubs. Dieser wollte nicht einfach irgendwelche Filme zeigen, sondern hatte den Anspruch, ein qualitativ hochwertiges und abwechslungsreiches Programm abseits des Mainstreams anzubieten. Darunter auch Werke aus anderen Kulturen, die sonst nicht den Weg in die Kinos gefunden haben. «Die Filme sollten nicht einfach konsumiert werden. Sie sollten zum Nachdenken anregen und bestenfalls Diskussionen auslösen», erinnerte sich Inan. Und sie hätten den Zuschauern ermöglicht, aus dem Alltag auszubrechen und den Horizont zu erweitern.
Grosser Einsatz auch in nicht einfachen Zeiten
Das Ziel, auch weiterhin solche eher «kleine» und eher unbekannte Filme zu zeigen, sei in den Zeiten des Streamings besonders wertvoll, so der Laudator. «Ein Wohnzimmer lässt sich nicht mit einem Kinosaal vergleichen. Dieser ermöglicht ein ganz anderes Seherlebnis», machte Kaya Inan deutlich. Dass Wohlen derzeit über kein Kino verfügt, bedauert auch er. Aber auch dadurch habe sich der Verein nicht entmutigen lassen, sondern nach Lösungen gesucht. Und es geschafft, dass auch heute immer noch gute Filme zu sehen sind. Unter anderem auch schon seine eigenen. Kaya Inan bedankte sich für den unermüdlichen und ehrenamtlichen Einsatz des Klubs. «Ohne euren Einsatz hätte ich nicht so viele schöne Filme für mich entdeckt», sagte Kaya Inan zum Schluss seiner Rede..
Überreicht wurde der diesjährige Kulturpreis von Gemeinderat und Ressortvorsteher Roland Vogt. Er freute sich besonders, dass ganz viele frühere Preisträger an der Feier dabei waren. «Dieser Preis geht an Menschen, die sich über viele Jahre für Wohlen und seine Kultur einsetzen», unterstrich er in seiner Begrüssung. Und das sei beim 1966 gegründeten Filmklub ganz besonders der Fall. Wohlen verfügt über ein reiches Kulturleben, was die Auswahl der Preisträger nicht immer einfach macht. Doch dass die Auszeichnung in diesem Jahr an den Filmklub geht, das ist sicher verdient. Schliesslich sorgt das Fehlen des Kinos für sinkende Mitgliederzahlen. Aufgeben kommt für den Vorstand nicht infrage. «Umso wichtiger ist es, die Leistung des Filmklubs heute zu würdigen», betonte der Gemeinderat.
Schweizer Premiere als besondere Zugabe
Anschliessend an die Übergabe des Preises präsentierte Kaya Inan den Film «Die stillen Trabanten», bei dem er wiederum für den Schnitt zuständig war. Und der erstmals in der Schweiz zu sehen war. Ein berührendes Werk über einige verlorene Seelen im Osten Deutschlands, die am unteren Rand der Gesellschaft ums Überleben kämpfen und auch ein Stück vom Glück suchen. Eine eindrückliche Charakterstudie mit hervorragenden Schauspielern, die einfühlsam in Szene gesetzt waren. Ein toller Film, der es aber wohl in der Schweiz nie in die grossen Kinos schaffen wird. Ein Grund mehr, warum es den Filmklub braucht. Heute, aber auch in Zukunft.