50 Jahre Mösli-Clique
21.02.2023 Fischbach-Göslikon, Region BremgartenVor 50 Jahren nahmen ein paar Buben aus Fischbach-Göslikon im Alter zwischen 13 und 16 Jahren zum ersten Mal mit einem selbst gebauten Fasnachtswagen an einem Umzug teil. Später entstand daraus der Verein Mösli-Clique, der nun seit einem halben Jahrhundert jährlich mit einem ...
Vor 50 Jahren nahmen ein paar Buben aus Fischbach-Göslikon im Alter zwischen 13 und 16 Jahren zum ersten Mal mit einem selbst gebauten Fasnachtswagen an einem Umzug teil. Später entstand daraus der Verein Mösli-Clique, der nun seit einem halben Jahrhundert jährlich mit einem neuen Motiv Jung und Alt begeistert und zum Familienverein geworden ist. --rwi
Immer wieder auffallen
Vor 50 Jahren präsentierte die Mösli-Clique ihren ersten Wagen am 1. Bremgarter Fasnachtsumzug
Vor 50 Jahren fand nicht nur der erste Bremgarter Fasnachtsumzug statt, sondern wurde dort auch der allererste Wagen der späteren Mösli-Clique vorgestellt. Der Verein erfreut die Zuschauer seither jedes Jahr mit einem neuen aufwendig gestalteten Motiv, das mal provokativ sein darf, aber nicht muss.
Roger Wetli
Der riesige graue Elefant und das Zirkuszelt der Wagenbaugruppe Mösli-Clique fallen an den diesjährigen Fasnachtsumzügen auf. Das Motto zum 50. Geburtstag des Vereins heisst «50 Jahre en Egge ab», womit man sich am Thema Zirkus orientiert. «Ich finde es schwieriger, ein Thema zu finden», bedauert Gründungsmitglied Daniel Seiler. «Man muss heute sehr aufpassen, dass man nicht allzu stark provoziert.» Wobei eine zu starke Provokation bereits ganz am Anfang der Clique ein Thema war. «1972 gab es eine Häufung von Flugzeugentführungen. Wir nahmen das als Motto und bauten ein Swissair-Passagierflugzeug auf einen Wagen», erinnert sich Seiler. «Da es bei diesen Entführungen teilweise Tote gab, wurde uns dringend angeraten, das Motto zu wechseln. Also modelten wir das Passagierflugzeug kurzfristig in einen Kampfjet um.»
Das Gründungsmitglied der Mösli-Clique muss bei diesen Erzählungen schmunzeln. Sie waren Kinder und Daniel Seiler mit 16 Jahren der älteste der Figöler Buben zwischen 13 und 14 Jahren. «Das Flugzeug sah aber bereits sehr gut aus», ist Seiler nicht ohne Stolz. «Es war sechs Meter lang mit Flügeln von acht Metern. Sie konnten zweimal eingeklappt werden.» Die anderen Gründungsmitglieder waren Franz Jordi, Robert Rodigari, Erwin Seiler, Jürg, Peter und Urs Simmen sowie Beat Stierli. «Für die passende Verkleidung haben wir Ovo-Sammelpunkte gesammelt, um damit Helme zu kaufen, die wir dann verzierten.»
Fast alles vorhanden
Grosse Hilfe von den Erwachsenen hätten sie beim Bau nie erhalten. Allerdings durften sie die Wagen, Traktoren, eine Scheune und teilweise Material im noch bäuerlich geprägten Fischbach-Göslikon nutzen. «Oft haben wir zu Beginn mit Karton und Kleister gearbeitet. Und wir wollten immer besser sein als die anderen Wagenbaucliquen», lacht Daniel Seiler. «Die Wagen wurden auch immer grösser. Teilweise waren es bis zu vier für ein einziges Motiv.» Die Mösli-Clique fährt damit jährlich an sechs bis sieben Umzügen mit – über viele Jahre auch in der Stadt Zürich. Ganz zu Beginn waren es aber nur zwei bis drei.
Als die Mitgliederzahl in den 90er-Jahren fast 40 Leute betrug und auch viele Familien dabei waren, fuhr die Mösli-Clique gar mit je zwei Wagen und je einem Erwachsenenund einem Familien-Motto an die Umzüge. Immer wieder wurde der Traktor ins Thema einbezogen. «Diese Traktoren waren unter der Woche im Einsatz. Also bauten wir die Verkleidung so, dass wir den jeweiligen Traktor am Sonntagabend wieder daraus herausfahren konnten.»
Klares Programm zwischen Weihnachten und Neujahr
Daniel Seiler zog seine beiden Kinder, den heute 29-jährigen Lukas und die 33-jährige Sabrina Seiler, in die Clique herein. «Für uns waren es wie Familienausflüge», so Lukas Seiler, der jetzt seit vier bis fünf Jahren als Vereinspräsident amtet. Sabrina Seiler kann sich ein Leben ohne Wagenbau und Umzüge gar nicht vorstellen. «Die Pandemie war schon etwas merkwürdig. Denn eigentlich beginnen wir jeweils im Dezember mit dem Erstellen des Wagens. Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist dann immer voll und ganz dem Wagenbau gewidmet. Das ist jeweils sehr intensiv.» Und Lukas Seiler betont: «Es macht immer Spass. An der Versammlung im Oktober bestimmen wir das Thema, entwickeln konkrete Ideen für ein Wagenmotiv und setzen es dann um. Egal, wie viele unerwartete Hürden uns dabei in die Quere kommen.» Rückblickend stellt er fest, dass für ihn das Feiern als junger Erwachsener noch mehr im Fokus stand als der Bau an sich. «Das hat sich aber wieder geändert.»
Nicht nur politisch
Schaut man die Fotoalben der Mösli-Clique durch, entdeckt man aufwendig gestaltete Motive wie einen Poststellenfriedhof, Geld fressende Krankenkassenprämien, den finanziell überbordenden Furkatunnelbau, Sexboxen, Landfresser oder auch die Ölkrisen. «Schwierig bei solchen gesellschaftlichen und politischen Themen ist jeweils die Abschätzung, ob diese im Februar noch aktuell sind», weiss Lukas Seiler. «Wir wollen auch nicht ausschliesslich politisch sein. Deshalb greifen wir auch häufig Jubiläen von Comics und Filmen wie Lucky Luke, The Simpsons oder Titanic auf.»
Und wer meint, dass der Umbau des aktuellen Elefanten aus dem letztjährigen Mammut einfach gewesen ist, der täuscht sich. «Das war mit sehr viel Arbeit verbunden. Wir zogen zum Beispiel dem Mammut das Fell ab und veränderten die Stosszähne und die Ohren. Und dann führen wir auf einem zweiten Wagen noch ein funktionierendes Karussell mit. Es war wieder eine sehr intensive Zeit», so Sabrina Seiler. Sie schaut voraus: «Den Elefanten und das Karussell werden wir 2024 nicht mehr verwenden, wir können beides aber aus Platzgründen nicht einlagern und suchen deshalb Abnehmer dafür.»
Tradition pflegen
Den Bremgarter Umzug vorgestern genossen sie im Bewusstsein, dass es auch der erste der Mösli-Clique war. Sie freuen sich jetzt darauf, am kommenden Samstag noch am Umzug in Urdorf und am Sonntag am Umzug in Brugg teilzunehmen. Gerade Letzterer prämierte lange Zeit die Wagen, wobei die Mösli-Clique immer wieder in den vordersten Rängen mitspielte und ab und zu den ersten Platz erreichte. «Das motivierte natürlich zusätzlich, war und ist aber nicht der Hauptgrund, wieso wir diese Wagen bauen», weiss Daniel Seiler. «Wir möchten schlicht diese Tradition leben, weil wir Spass daran haben.» Und sein Sohn betont: «Aktuell sind wir eher knapp an aktiven Wagenbauern. Wir sind also sehr offen für neue Mitglieder, die mit uns die Geschichte der Mösli-Clique weiterschreiben möchten.»