BRIEF AUS FLORIDA
14.10.2025 Kelleramt, Kolumne, MeinungenJoe Huber, Fort Myers.
Andere Meinung aussichtslos
Der Narrenverein im Capitol in Washington hat es also neulich wieder geschafft und eine Stilllegung der Amtsgeschäfte («government shutdown») hingekriegt. ...
Joe Huber, Fort Myers.
Andere Meinung aussichtslos
Der Narrenverein im Capitol in Washington hat es also neulich wieder geschafft und eine Stilllegung der Amtsgeschäfte («government shutdown») hingekriegt. Und wie alle 8 Mal zuvor, seit wir in Amerika sind, schieben die zwei Parteien einander die Schuld zu und auch diesmal sind beide genau gleich verantwortlich für dieses Kindergarten-Benehmen.
Solche «Betriebsschliessungen» kommen zustande, wenn die zur Finanzierung von der Bundesregierung erforderlichen Finanzgesetze nicht vor Beginn des nächsten Haushaltsjahres (1. Oktober) verabschiedet werden. Bei einem solchen Stillstand schränkt die Bundesregierung die Aktivitäten und Dienstleistungen ihrer Behörden ein, stellt nicht unbedingt notwendige Tätigkeiten ein, beurlaubt – ohne Entlöhnung notabene und vielleicht, aber nur vielleicht, mit Nachzahlung bei Ende des Shutdowns – nicht unbedingt notwendige Mitarbeiter (das sind sicher eine ganze Menge!) und behält nur noch die unabkömmlichen Mitarbeiter in den Abteilungen, die Menschenleben oder Eigentum schützen. Solche Shutdowns beeinträchtigen natürlich auch die Regierungsarbeit auf staatlicher und lokaler Ebene, denn irgendwie hängt ja alles zusammen. Unabhängig vom Zeitpunkt der Einigung und Ende des Shutdowns wird ein absolut unnötiger Riesenschaden angerichtet worden sein.
Das Tragische daran ist die Tatsache, dass die Politiker Monate Zeit gehabt hätten, diese Differenzen zu besprechen und einen Kompromiss zu finden. Das Ganze ist die Widerspiegelung einer weltweiten Entwicklung, dass man eben nicht mehr miteinander redet, jede Seite bleibt stur bei ihrer Ansicht und akzeptiert keine andere Meinung. Das kann man leider auch immer mehr im persönlichen Bekanntenkreis feststellen.
Wie alle meine Landsleute habe mich aufgeregt an der vor einigen Wochen gemachten Aussage des Handelsministers, der Grund des Handelsbilanzüberschusses der Schweiz mit Amerika von 40 Milliarden Dollar sei, dass «sie uns Medikamente verkaufen, als gäbe es kein Morgen mehr. Sie sind ein kleines, reiches Land und sie verdienen so viel Geld mit Amerika, deshalb sind sie so reich.» Dies bestätigt meine Vermutung, dass bei dem gegen die Eidgenossenschaft verhängten Zollhammer auch ordentlich Neid gegenüber dem Wohlstand der Schweiz im Spiel war. Dass der nicht (nur) vom Medikamenten-Verkauf kommt, wissen wir alle.
Es ist schade, dass man nicht begreift, anstatt Zölle zu erheben, mal in die Ausbildung im eigenen Land zu investieren, damit man hierzulande lernt, die importierten Sachen selber herzustellen. Der guten Ordnung halber muss aber auch gesagt werden, dass das Volk zu einem grossen Teil mitschuldig ist an diesen Defiziten, denn wir wollen ja alles haben, aber es darf nichts kosten. Und da springen halt die Billiglohn-Länder in die Bresche.
Ich glaube, dass diese Zölle noch gar nicht richtig durchgegriffen haben und dass die Preise noch mehr und als Resultat davon auch die Inflation wieder ansteigen werden. Das wären sehr schlechte Neuigkeiten für den Präsidenten.
Der in Jonen aufgewachsene Joe Huber wohnt seit 1986 in den USA. Lange Zeit in New York, nun in Fort Myers, Florida. Regelmässig berichtet er von seinem Leben und hält seine Gedanken als Auslandschweizer fest.