BRIEF AUS FLORIDA
28.03.2025 Kelleramt, Kolumne, MeinungenJoe Huber, Fort Myers.
Obwohl Trump alles, was er jetzt macht, im Wahlkampf angekündigt hatte, übertreffen die Geschehnisse im Weissen Haus seit der Einschwörung am 20. Januar sogar die pessimistischsten Voraussagen bei Weitem. ...
Joe Huber, Fort Myers.
Obwohl Trump alles, was er jetzt macht, im Wahlkampf angekündigt hatte, übertreffen die Geschehnisse im Weissen Haus seit der Einschwörung am 20. Januar sogar die pessimistischsten Voraussagen bei Weitem. Kein Tag vergeht ohne neue Tiefpunkte und man sehnt sich insgeheim den Anfang seiner ersten Amtszeit vor acht Jahren herbei. Denn im Vergleich zu heute war das damals, obwohl auch dannzumal schon ordentlich ruppig, noch sehr anständig.
Das katastrophale Oval Office Meeting mit Selenski weckt bei mir aber auch eine grosse Hoffnung. Nämlich, dass Europa jetzt endlich mal erwacht und den Amis die Stirn bietet. Ich bin jetzt 39 Jahre in diesem Land und seit mindestens deren 38½ (es ging nicht lange, bis ich das damals rausgetüftelt hatte) bin ich felsenfest davon überzeugt, dass Europa / die EU von der Gehirnleistung her die Amerikaner wirtschaftlich einfach so wegblasen könnte. Denn die Grundausbildung in Europa ist viel besser, und dazu hat man die Berufslehren, man ist mehrsprachig und so weiter. Aber die Europäer bringen es einfach nicht auf die Reihe, denn zu verschieden sind die Ansichten aller Mitglieder und man verblödelt in Brüssel kostbare Zeit mit unglaublicher Bürokratie und damit, sich zu Tode zu regulieren, und ist eigentlich in den letzten Jahren wirtschaftlich und vor allem militärisch nicht weiter gekommen. Die Amis sind während dieser Zeit vor allem auf der High-Tech-Seite so richtig an den Europäern vorbeimarschiert und haben auch ihre Rüstungsausgaben nicht gekürzt. Wir alle lieben das berühmte Friedenstäubchen, die Realität ist leider anders.
Das sofort nach Selenskis Oval-Office-Rausschmiss einberufene Krisenmeeting in London ist sicher mal ein guter Anfang. Man hat nun eben doch verstanden, dass man agieren muss. Aber es ist noch immer ein langer und steiniger Weg.
Ich bin zurzeit an der Erstellung einer «Studie», weil ich trotz vieler Stunden Darüber-Nachdenken immer noch nicht rausgefunden habe, wann dieser Dämon über Amerika hergefallen ist. Denn als wir vor vielen Jahren hier ankamen, war so ziemlich alles im Lot und in Washington kriegte man immer die Kurve mit Kompromissen. Also irgendwann hat ein Blitz eingeschlagen und alles verändert und das versuche ich jetzt in Gesprächen mit richtigen Amis – keine eingekauften wie ich – rauszufinden.
Der Erste, den ich fragte, schiebt 9/11 die Schuld in die Schuhe, da sei ein richtiger Fremdenhass entstanden. Als damals in New York lebender «fremder Fötzel» bin ich mit dieser Ansicht nicht einverstanden, denn ich habe in meinen ganzen Jahren nicht mal den Bruchteil einer Sekunde lang das Gefühl gehabt, ich sei hier nicht willkommen, ganz im Gegenteil. Es muss was anderes sein und dieser Sache gehe ich jetzt eben auf den Grund.
Der grosse Mahatma Gandhi sagte einmal: «Wenn ein Idiot am Ruder ist, bedeutet das, dass diejenigen, die ihn gewählt haben, gut vertreten sind.» Da muss man nichts mehr dazu sagen.
Der in Jonen aufgewachsene Joe Huber wohnt seit 1986 in den USA. Lange Zeit in New York, nun in Fort Myers, Florida. Regelmässig berichtet er von seinem Leben und hält seine Gedanken als Auslandschweizer fest.