Mit dem Fussball verheiratet

  16.11.2021 Fussball

Roger Furer vom FC Bremgarten ist einer der Kandidaten zum Funktionär des Jahres

Massenhaft Stunden hat er beim FC Bremgarten investiert und tut das immer noch. Als Würdigung und Belohnung dafür hat er jetzt die Nominierung zum Funktionär des Jahres vom Aargauer Fussballverband AFV erhalten.

Josip Lasic

Seit 2003 ist er als Trainer beim FC Bremgarten tätig, seit 2005 als Spielkommissionspräsident und J+S-Trainer. Roger Furer und sorgt dafür, dass der Trainings- und Spielbetrieb beim Reussstadt-Club reibungslos ablaufen. Und das, obwohl er ursprünglich Zürcher ist.

Der Fussball ist ihm aber heilig. Der 70-jährige Junggeselle betont, dass er mit dem Sport verheiratet ist. Und er verhält sich oft wie ein Familienvater, wenn es um seine Teams geht. Als eine Unterkunft für Asylsuchende in Bremgarten anfragt, ob vier ihrer Mitglieder in seinem Team mittrainieren können, sagt er zu. «Solange sie sich an die Regeln halten, ist alles bestens.» Nicht nur, dass die vier jungen Männer im Team bestens aufgenommen wurden. Furers Spieler haben den Asylsuchenden ein komplettes Fussballequipment organisiert. «Das war für mich ein Beweis, dass ich meinem Team die richtigen Werte mitgegeben habe.»

Missverständnisse in Rudolfstetten

Er kann aber auch ganz anders, wenn es darum geht, seinen Fussball und seine Teams zu verteidigen. Als frischgebackener Trainer in Rudolfstetten hat er einen Passanten verjagt, der während des Trainings mit dem Hund auf dem Feld spazieren ging. Dieser Passant war Guido Rey, damals Präsident des FC Rudolfstetten, der es gar nicht amüsant fand, von seinem Platz vertrieben zu werden, Zwei weitere Fauxpas später war Furer bei Rudolfstetten Geschichte und willkommen beim FC Bremgarten. Als Pensionär widmet er einen grossen Teil seiner Zeit den Tätigkeiten beim FC Bremgarten und führt diese akribisch genau aus.

Fussball und Tatort

Und wenn er freie Zeit hat, dann sieht er sich Fussball an. Entweder vor Ort bei Spielen des FC Bremgarten oder im Fernsehen. Auch da darf es ein FCB sein. Nämlich der FC Bayern München, den er in der Bundesliga und der Champions League verfolgt. «Und den ‹Tatort›, den verfolge ich auch sehr gern», ergänzt der Fussballfunktionär schmunzelnd.


Das Herz in Bremgarten

Der Aargauer Fussballverband hat Roger Furer vom FC Bremgarten als Funktionär des Jahres nominiert

Der Spiko-Präsident und J+S-Coach des FC Bremgarten Roger Furer ist einer von drei Nominierten zum Funktionär des Jahres 2021.

Josip Lasic

Die Aufgabenliste von Roger Furer beim FC Bremgarten: Spiko-Präsident, «Spielbetrieb – clubcorner.ch», J+S-Coach, Trainer der 3. Mannschaft in der 5. Liga und Assistenztrainer der Junioren B in der 2. Stärkeklasse.

«Die Trainerjobs übernehme ich nur, wenn Not am Mann ist», sagt er. Trotzdem: Beim FC Bremgarten wirkt er quasi unersetzbar. «Er ist für uns im FCB und den Verband von unschätzbarem Wert», sagt Bremgarten-Präsident Chad Evans. «Wir schätzen seine Beharrlichkeit, die Reglemente zu studieren und uns alle zu unterstützen.» Furer sagt dazu: «Solange es mir möglich ist, werde ich mich im Fussball engagieren.»

Dem Tod von der Schippe gesprungen

Es nicht lange her, dass es fast nicht mehr möglich gewesen wäre. Im März 2020 ist Roger Furer dem Tod von der Schippe gesprungen. «Mir ging es am Morgen schlecht. Ich bekam kaum noch Luft und habe den Arzt geholt.» Als der Krankenwagen kommt, darf Furer die Treppe zur Ambulanz nicht hinunterlaufen. «Sie haben mich in einen Rollstuhl verfrachtet. Mit T-Shirt, Unterhose und Socken bekleidet wurde ich ins Unispital in Zürich gefahren.»

Die Diagnose: Herzinfarkt. Zwei Stents werden dem Fussballfunktionär eingesetzt. Später im August zwei weitere. Als Furer das Spital verlassen darf, erhält er einen Taxigutschein. «Draussen hat es geschneit. Als mich der Taxifahrer in Unterhosen gesehen hat, dachte er, ich sei nicht ganz dicht und aus einer psychiatrischen Anstalt entflohen.»

Der 70-Jährige erzählt mit viel Humor von diesem Ereignis, das tragisch hätte enden können. Allgemein hat ihm das Leben oft Steine in den Weg gelegt. Für ihn stets eine Hilfe: der Sport. In Zürich aufgewachsen kommt Furer aus komplizierten familiären Verhältnissen. Er wächst bei seinen Grosseltern auf, weswegen er in der Schule – teilweise sogar von Lehrern – aufgezogen wird.

Furer spielt Fussball für den FC Turicum. Als Libero pendelt er mit dem Club zwischen 1., 2. und 3. Liga. Zwischen 20 und 25 Tore erzielt er pro Saison. «Nur per Freistösse und Elfmeter. Ich hatte einen solch starken Schuss.» Daneben ist er Handball-Goalie beim TV Unterstrass. Mit den Zürchern spielt er sogar eine Saison in der Nationalliga A.

Sport ist sein Ventil, wo er Dampf ablassen kann. Zwischen 6 und 20 Stunden trainiert Furer pro Woche und leitet daneben noch Juniorentrainings. Daneben schliesst er eine Lehre bei der Schweizerischen Bankgesellschaft ab.

Nicht nur das. Er leitet als Trainer die Firmenfussballmannschaft der SBG. 1991/1992 feiern sie den Schweizer-Meister-Titel. Mit der SBG ist er 1990 im Handball auch an den Olympischen Spielen der Banken in Madrid vertreten. «Ich war ein Nati-B-Goalie mit Mitspielern aus der 4. Liga. Andere Nationen hatten da eine andere Einstellung.» Furer erzählt, wie bei anderen Nationen sportartenübergreifend Profis zum Einsatz kommen. Trotzdem ist es für ihn ein schönes Erlebnis gewesen.

Die zwei Heimaten

Seit 1976 lebt Furer allein in Zürich-Affoltern. Oft wurde er vom ortsansässigen Verein gefragt, ob er bei ihm eine Funktion übernehmen will. Ihm gefällt es aber beim FC Bremgarten. «Ich kann dort in eine Beiz gehen, werde erkannt, finde sofort jemanden, mit dem ich mich unterhalten und etwas trinken kann. Wenn ich aufhöre, dann bei Bremgarten.» Wie findet ein Zürcher, der seine Heimat nie verlassen hat, eine zweite Heimat im Aargau? Nach seinen Erfolgen bei den Firmenturnieren möchte Furer pausieren. Dann kontaktiert ihn der FC Rudolfstetten. Furer hat kein Interesse. Er sagt dem damaligen Viertligisten, dass er für 6000 Franken komme. Sportchef Blindenbacher akzeptiert. «6000 Franken in der 4. Liga in den 90ern. Sie hatten mich.»

Der fliessende Übergang zu Bremgarten

In Rudolfstetten gerät er schnell mit Präsident Guido Rey aneinander – dieser hat mit seinem Hund den Platz während eines Trainings von Furers Team betreten und bekam einen Rüffel vom Trainer. Dann kommt heraus, dass Furer neben den Rudolfstettern auch die U19-Frauen des FC Baden trainiert. «Dienstag, Donnerstag habe ich Rudolfstetten trainiert. Montag, Mittwoch, Freitag die Badenerinnen. Es gab keinerlei Überschneidungen.» Das Fass zum Überlaufen gebracht hat aber das «Team Reuss». Eine Spielervereinigung der A-Junioren aus Bremgarten und Rudolfstetten. Die Bremgarter gaben dem «Team Reuss»-Trainer Furer eine Vereinsjacke. In dieser erscheint er unabsichtlich an einer Vorstandssitzung des FC Rudolfstetten. Das war zu viel. Furer muss den Club verlassen und geht zu Bremgarten.

Dort kann er das Team Reuss weiterhin betreuen. Mit dem grossen Erfolg, dem Aufstieg in die «Coca-Cola-Junior-League A» im Jahr 2005/2006. Viele Spieler aus dem Team Reuss und dem Bremgarter und Rudolfstetter Nachwuchs spielen heute noch in der Region und haben gewisse Funktionen inne. Unter anderem hat ein grosser Teil des aktuellen Niederwiler Fanionteams im Nachwuchs noch unter Furer gespielt.

Greift auch anderen Vereinen unter die Arme

Einer dieser Niederwiler, die unter Furer spielten, ist Luca Angst, der jetzt Captain des Teams ist. Er sagt über Furer: «Was ich an ihm schätze, sind seine Zuverlässigkeit und sein Engagement. Wenn niemand einen Sonntag opfern will, um an einem Turnier zu speakern, ist das für Roger eine Selbstverständlichkeit. Er hat ein Gespür für den Menschen hinter dem Sportler. Er ist zu Recht als Funktionär des Jahres nominiert. Sportvereine leben von Menschen, die Fronarbeit leisten. Davon gibt es viel zu wenige. Roger ist es.»

Tatsächlich war – bis auf die Ausnahme in Rudolfstetten und den Juniorinnen des FC Baden – nie ein Problem, wenn Furer irgendwo ausgeholfen hat. In seiner Zeit beim FC Turicum war er auch beim FC Blue Stars ZH für die Talente verantwortlich. Er hilft aber auch sonst, wo er kann. Sei es als Speaker beim FC Niederwil oder bei anderen Vereinen. Beim FC Mellingen, war er von 2014 bis 2016 sogar Spiko- und Vorstandsmitglied. Dass ihm das gelingt, scheint an der Fähigkeit, hinter die Fassade des Menschen zu blicken, zu liegen, die Luca Angst angesprochen hat. Marco Salm, Sportchef des FC Mutschellen, sagt dazu: «Er war mein Trainer bei den A-Junioren des damaligen FC Rudolfstetten. In diesem Alter sind Spieler nicht einfach zu führen. Er hat es verstanden, eine verschworene Einheit zu bilden. Wir hatten eine tolle Zeit mit ihm. Roger hat dabei immer eine Dokumentation vorbereitet. Er führte akribisch Buch über die Torschützen, die Anzahl Spiele und die Trainingspräsenz. Roger hat für den Fussball gelebt. Und ich glaube, das ist heute noch so.» Definitiv: Zu Hause hat er Pokale, Teamfotos, sogar Zinnbecher, die er beim Kegeln gewonnen hat. «Ich kegle gerne oder jasse. Sport ist mir immer noch wichtig.»

Eine Nomination wie ein Sieg

Roger Furer hat durch seine Art Verbindungen zu diversen Vereinen im Kanton Aargau und Zürich. «Ich bin für jeden da, wenn er es nötig hat», sagt er. Das bedeutet nicht, dass er als Trainer nicht durchgreifen konnte. Die Spieler wussten, dass es ihm zwar egal war, wenn sie nach dem Spiel rauchen. Aber wehe, wenn er sie vor dem Training oder Spiel erwischt hätte. «Ich sage immer direkt, was mir passt und was nicht.»

Da er neben dem Herzinfarkt mittlerweile auch Diabetes hat, ist Furers Tag ein wenig eingeschränkt. Die Spitex kommt vorbei, um ihn bei gewissen Sachen zu unterstützen. «Das dauert aber nicht so lange. Die meiste Zeit sitze ich am PC und organisiere. Wenn Trainings- oder Sportplätze geschlossen werden, ist das beispielsweise viel Kommunikationsarbeit. Er ist glücklich, dass all der Aufwand, den er in den Jahren betrieben hat, honoriert wird. Seine Konkurrenten bei der Wahl zum Funktionär des Jahres sind Edgar Gut vom SV Würenlos und Robert Rütimann vom FC Küttigen. Am 20. November wird der Sieger gekürt. «Mir ist es egal, wer von uns dreien es holt. Hauptsache ist, dass ich nominiert wurde. Das ist mir Ehre genug.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote