Tief eintauchen in alte Zeiten
07.09.2021 HilfikonWikinger- und Mittelalterspektakel (WUMS) in Hilfikon
Einen Krug Met von der Bar, einen neuen Bogen vom Markt – und dann auf in die Schlacht. Hoch über dem Schloss Hilfikon drehte das OK des WUMS am Rad der Zeit. Es ist alles wie damals, vor über 1000 ...
Wikinger- und Mittelalterspektakel (WUMS) in Hilfikon
Einen Krug Met von der Bar, einen neuen Bogen vom Markt – und dann auf in die Schlacht. Hoch über dem Schloss Hilfikon drehte das OK des WUMS am Rad der Zeit. Es ist alles wie damals, vor über 1000 Jahren, zur Zeit der Wikinger. Eine Welt, die auch heute noch fasziniert.
Simon Huwiler
Für einmal dröhnen oberhalb des Schlosses Hilfikon keine Töff-Motoren, es erklingen nordische Töne. Eintauchen in eine andere Welt. Eine, die vor über 1000 Jahren ihre Blütezeit in halb Europa erlebte – die Welt der Wikinger. Das Wikinger- und Mittelalterspektakel (WUMS) zeigte sich in seiner vollen Blüte: Jahrmarkt, Handwerk, Speis und Trank – und gar das Drama einer Schlacht durften die Besucher erleben.
Man kennt es bestens aus Computerspielen oder TV-Serien – ob «The Witcher», «Game of Thrones» oder «Age of Empires» – das «Mittelalter», seine bezaubernden Charaktere und Geschichten waren und sind beliebt. Auch in Hilfikon ist Mittelalter-Zeit. Inmitten der hügeligen grünen Landschaft reiht sich Zelt an Zelt, Abenteuer an Abenteuer. Auf gehts, auf eine Reise in längst vergangene Tage.
Adlern und Bussarden begegnen
Wenige Meter nach dem Ork-Lager von Tabor hat sich Ulrich Lüthi niedergelassen. Er ist einer von nur noch wenigen Falknern in der Schweiz. Vor 18 Jahren hat er sein Hobby zum Beruf gemacht. Unter seinem Zelt zeigen sich Greifvögel, welche die meisten von uns sonst nur weit oben am Himmel zu erkennen versuchen. Raubadler, Wanderfalken, Wüstenbussarde ziehen neugierige Blicke auf sich. «Die Falknerei gehört ins Mittelalter. Es ist eine sehr alte Tradition, die hier den ganzen Anlass bereichert. Ich möchte den Menschen eine Chance geben, diese Tiere zu sehen», sagt Lüthi.
Ein paar Zelte weiter hinten versuchen sich Neugierige mit Pfeil und Bogen. Es gibt gar einen eigenen Marktstand, der verschiedenste Holzbögen anbietet. Der Markt ist denn auch ein Highlight dieses Mittelalter-Spektakels. Felle, Schmuck, Tonund Holzprodukte – hier gibt es für den Wikinger von heute alle paar Meter etwas Spannendes zu entdecken. Doch viele der Aussteller sind nicht primär wegen der Verkäufe gekommen. Die diversen Lager zelebrieren hier in Hilfikon ihre Leidenschaft.
Echos der Vergangenheit
«Ich fühle mich mit der Axt wohler als mit dem Computer», sagt etwa Dirk vom Lager Alvitur Balti. Was ist sein Ansporn, so zu leben wie einst? «Es sind Echos der Vergangenheit, die man hier leben darf. Das macht Spass. Es ist alles nicht so planbar und freier. Es ist ein ehrliches Verhältnis zur Natur: Man muss Holz holen, um Feuer zu machen und schliesslich essen zu können.»
Werkzeuge von früher und heute
Gleich nebenan hat sich das Lager Blackmoore aus Stetten niedergelassen. «Wir sind daran interessiert, das Hobby der Öffentlichkeit zu zeigen und so Geschichte zu vermitteln», sagen Alva Afisdottir und Kjartan Ragnarson – im echten Leben Daniel und Marianne Lerch. Die beiden zeigen antike Instrumente aus der damaligen Wikingerzeit. Feilen, Stechbeutel, Hobel, Waage, Bügeleisen, all das gab es auch vor 1000 Jahren.
Drei Tage lang erlebten Fans und solche, die es vielleicht bald sind, ein einzigartiges Spektakel. Der Präsident des WUMS – oder eben der Jarl, einer der höchsten Titel bei den Wikingern – zeigt sich am Sonntagabend überglücklich. «Es gehen alle mit einem Lächeln nach Hause. Es hat gutgetan, so etwas zu erleben. Trotz Einschränkungen gelang es uns, den Besuchern einen abwechslungsreichen Tag zu bieten. Ich habe es schön gefunden, dass es auch viele Leute auf dem Gelände gehabt hat, die keine Gewänder trugen. Es zeigt, dass das Interesse da ist, in so eine Welt einzutauchen. Es beginnt dann meist damit, dass solche Personen sich einen Gurt oder ein Hemd kaufen, und plötzlich sind sie dann gewandet», so Jarl Höiu.
Gut möglich, dass es also in einem Jahr deutlich weniger «Normalbürger» auf dem Gelände hat – dafür mehr Gesellen aus längst vergangenen Tagen.