Sternschnuppen als Glücksbringer
04.05.2021 WohlenMonti’s Kulturtage: Premiere mit Kabarettist Simon Enzler
Endlich wieder Kultur. Endlich wieder Vorstellungen. Der Circus Monti macht es möglich und startet Monti’s Kulturtage. Gratulation zu so viel Mut und Engagement.
Es war fast wie immer. ...
Monti’s Kulturtage: Premiere mit Kabarettist Simon Enzler
Endlich wieder Kultur. Endlich wieder Vorstellungen. Der Circus Monti macht es möglich und startet Monti’s Kulturtage. Gratulation zu so viel Mut und Engagement.
Es war fast wie immer. Johannes Muntwyler steht am Eingang, begrüsst die Gäste. Er strahlt von innen. Ein freundliches Lachen und eine feine Begrüssung vertreiben die Sorgenfalten. Willkommen im Monti-Winterquartier. Und drinnen, da stehen seine Söhne bereit. Auch sie strahlen, inklusive Pressechef Stefan Gfeller. Ein besonderer Abend. Premiere von Monti’s Kulturtagen. Simon Enzler ist die Eröffnung überlassen. Dies sei ihm eine grosse Ehre, sagt er später dann mitten in seinem Programm «wahrhalsig».
Niemand hätte an so etwas gedacht
Ein Kulturevent. Die Montis machen es möglich. Gehen unbeirrt voran, trotzen dieser Krisenzeit. Eigentlich waren ursprünglich 300 Personen pro Vorstellung angedacht, noch 50 sind erlaubt. Paare und Dreiergruppen bilden das Publikum, genug weit auseinander, man hat vorschriftsgemäss genügend Platz im Winterquartier. Der Start zu Monti’s Kulturtagen wird zum unvergesslichen Erlebnis. Auch weil es eine Art Neubeginn ist, ein erster Schritt raus aus der traurigen Stimmung ohne Veranstaltungen. Ein unvergesslicher Schritt fürs Publikum, ein bedeutungsvoller Schritt für den Circus Monti oder sogar für die gesamte hiesige Kulturszene.
Er verspüre eine riesige Freude, diese Premiere feiern zu dürfen, sagte dann Johannes Muntwyler als Einstimmung. Man habe so lange auf diesen Moment warten müssen. Er blickte auf Monti’s Varieté 2019 zurück. 28 Vorstellungen waren damals ausverkauft. «Und niemand hätte da gedacht, dass wir so lange warten müssen, bis nun die Kulturtage eröffnet werden können.» Knapp 16 Monate lang war der Circus Monti zum Stillstand verurteilt. Keine Vorstellungen, kein Applaus.
Aber: kaum sprach Muntwyler die ersten Begrüssungsworte, gab es den ersten Beifall. Auch das hat er, der Zirkusdirektor, genossen. Und wohl auch vermisst. Er sei einfach dankbar, dass die Kulturtage stattfinden können. Dankbar ist er auch den wertvollen Partnerschaften, die eben mehr als Sponsoringpartner sind, wohl auch Monti-Fans. Ohne sie keine Kulturtage.
Die Sprache, der Vorteil der Appenzeller …
Er sei ein grosser Fan von Simon Enzler, gestand Muntwyler noch. Letztes Jahr hatte er eine Einladung für eine Enzler-Vorstellung. Auch sie musste abgesagt werden. Nun ist es umgekehrt: Enzler kommt zu den Montis, sogar mit einer Zusatzvorstellung. Er werde jetzt den Auftritt geniessen, versicherte Muntwyler. Und das taten auch die 50 Besucherinnen und Besucher. Ausverkauft.
Und Simon Enzler, der Kabarettist und Satiriker, wusste zu gefallen. Er philosophierte, mal am Handy, mal auf dem Campingstuhl. Er verkaufte über ein Inserat einen Grill inklusive schmieriger und abgelaufener Bratwürste. Er liess sich über Ernährung und Vegetarier aus. Brüstete sich damit, dass er beim Kanton arbeitet, wenn er denn innerliche Ruhe oder allgemein Ruhe sucht. Aber irgendwie hat auch ihm dieses Virus, «dieser elende Käfer», einen Strich gemacht – aber nicht durchs Programm. «Wahrhalsig» ist mal bissig, mal angriffig, mal hält es halt dem Schweizer den Spiegel vor die Nase.
Als Appenzeller ist laut Enzler, übrigens aus dem Kanton Appenzell Innerrhoden, vieles einfacher. Als Appenzeller sei man nur schon mit der Sprache im Vorteil, in der Schweiz und weltweit sowieso. Appenzellerisch, Hochdeutsch sogar ein wenig Englisch – das alles verschafft einem Vorteile. Natürlich auch beim Publikum in Wohlen. Und so erzählte er, ganz international, von seinem Fischer-Camping in Kroatien mit einem zu ehrgeizigen Deutschen und einem zu aufdringlichen Österreicher. Der 45-Jährige erwähnte aber auch, dass dieses Monti-Winterquartier ein schickes Kleintheater ist. Passend, um das Sommerspektakel mit unzähligen Sternschnuppen zu beschreiben. Wer eine sieht, hat einen Wunsch frei. Einsilbig und kurz soll der Wunsch sein laut Enzler. Weltfrieden? Zu lang. Gerechtigkeit für alle? Viel zu lang. Geld für irgendwelche Anschaffungen? Unendlich zu lang. Bier! Das funktioniert.
Simon Enzler mag vieles, eben ein Bierchen auf der Bühne, aber er verriet auch, was er nicht mag: Zugaben. Trotzdem forderte das Premierenpublikum eine solche. Es bekam sie auch: Ab Band.
Ein Dankeschön
Die Premiere mit Simon Enzler ist auf jeden Fall gelungen. Endlich wieder eineinhalb Stunden zum Entspannen, zum Geniessen, zum Lachen und ein wenig zum Nachdenken. Freche und gewagte Sprüche kommen doch immer an. Gewagt ist es auch, einen Kulturevent in dieser Coronakrise zu organisieren. Die Montis ziehen das durch, wollen Kunst und Kultur ermöglichen. Wenn auch das Programm reduziert werden musste. Die Kulturtage dauern noch bis am kommenden Sonntag. Alle Vorstellungen sind ausverkauft. Corona getrotzt. Und Monti’s Kulturtage sollen zum fixen Termin im Aargauer Kulturkalender werden. Auch diese Aussichten sind gut.
Und nach der Premiere? Fast wie immer. Johannes Muntwyler steht am Ausgang, verabschiedet die Gäste. Keine Sorgenfalten, nur Freundlichkeit und Sympathie. Praktisch jeder Besucherin, jedem Besucher gibt er noch ein gutes Wort mit auf den Heimweg. Die meisten revanchieren sich mit einem herzlichen Dankeschön für diesen Abend. Für diesen Mut und den Willen, sich mit Kultur der Normalität anzunähern. --dm