Immer nur auf der Reservebank
20.04.2021 WohlenAuslagerung von Gemeindeabteilungen: Die Liegenschaft Bankweg 2 ist in den nächsten Jahren kein Thema
Das Betreibungsamt soll ausgelagert werden. In die Migros. Die Liegenschaft Bankweg 2 gleich neben dem Gemeindehaus wurde dabei nicht in Betracht gezogen. Dies ist ...
Auslagerung von Gemeindeabteilungen: Die Liegenschaft Bankweg 2 ist in den nächsten Jahren kein Thema
Das Betreibungsamt soll ausgelagert werden. In die Migros. Die Liegenschaft Bankweg 2 gleich neben dem Gemeindehaus wurde dabei nicht in Betracht gezogen. Dies ist nichts Neues: In der Planung wird sie samt Gemeindebibliothek seit rund zehn Jahren immer wieder übergangen.
Daniel Marti
Plötzlich muss es ganz schnell gehen. Das Regionale Betreibungsamt soll aus dem Gemeindehaus ausgelagert und in die Räumlichkeiten der Migros gezügelt werden. Im Gemeindehaus braucht es dringend Platz, und bauliche Massnahmen sind nötig für eine Neueinteilung der Räume. Die Vorlage wurde innert Kürze erstellt. Denn das Geschäft fand keinen Platz im aktuellen Finanzplan. Der neueste Finanzplan 2022–2031 ist übrigens erst kürzlich erschienen, im vergangenen Januar.
Die Eckdaten haben damals, vor drei Monaten, laut Gemeinderat noch gefehlt. Jetzt sind sie vorhanden: Die wiederkehrenden Kosten, vor allem Miete, betragen jährlich 65 149 Franken. Für die Umbaumassnahmen im Gemeindehaus braucht es 270 000 Franken. Der Gemeinderat begründet die Vorlage mit dem «dringenden Handlungsbedarf». Bereits ab Juli könnte das Betreibungsamt am neuen Ort an der Bahnhofstrasse wirken. Die temporäre Auslagerung ist «nur» für eine Frist von fünf bis zehn Jahren vorgesehen. Denn langfristig soll sich die Gemeindeverwaltung an einem Ort befinden. Einzig der Bereich Sicherheit, sprich Regionalpolizei, soll mittelfristig an einem Standort an der Wilstrasse zusammengeführt werden – und somit für räumliche Entlastung im Gemeindehaus sorgen. Der Umzug der Regionalpolizei ist auf Anfang 2023 vorgesehen.
«Sanierungs- und Ausbaubedarf ist unbestritten»
Alles muss nun schnell passieren. Dieses angeschlagene Tempo wirft Fragen auf – vor allem weil gleich neben dem Gemeindehaus die Liegenschaft Bankweg 2 steht, die im Besitz der Gemeinde ist. Bereits vor zehn Jahren wurde angedacht, dass diese Liegenschaft eigentlich prädestiniert ist für die Auslagerung von Gemeindeabteilungen. Oder dann für eine Erweiterung der Gemeindebibliothek.
Gemäss ehemaligen Finanzplänen sollte die Liegenschaft Bankweg 2 schon lange saniert sein. Bei einer Debatte rund um die Motion betreffend Ausbau Gemeindebibliothek war die Rede von einer Sanierung in den Jahren 2012 und 2013. Auch die Gemeindehaus-Sanierung ist schon lange Thema. Passiert ist bis heute nichts. Warum überhaupt? «Der Sanierungs- und Ausbaubedarf beider Liegenschaften ist unbestritten. Er wurde aufgrund anderer Prioritätensetzung, wie Schulzentren, Turnhalle, Sportpark Bünzmatt, und unter Berücksichtigung der vorhandenen zeitlichen wie auch finanziellen Ressourcen in den vergangenen Jahren verschoben», sagt Gemeinderat Thomas Burkard auf Anfrage.
Ab 2026 ein gemeinsames Gesamtkonzept?
Strategisch muss es trotzdem innerhalb eines knappen Jahres einen Kurswechsel gegeben haben. Bis zum letzten Herbst war die Liegenschaft Bankweg 2 immer separat aufgeführt in den Finanzplänen. Letztmals im Finanzplan 2020–2029: Da waren für die Liegenschaft Bankweg 2 für die Projektierung 100 000 Franken (im Jahr 2022) und 2,5 Millionen Franken (im Jahr 2023) vorgesehen. Und für das Gemeindehaus waren total 4,8 Millionen Franken für die Sanierung in den Jahren 2022 bis 2024 eingetragen.
Ab Finanzplan 2021–2030 und im aktuellen Finanzplan werden die beiden Gebäude gemeinsam aufgelistet: Die Projektierung und Sanierung von Bankweg 2 und Gemeindehaus soll in den Jahren 2026 bis 2031 erfolgen. Die Projektierung soll 900 000 Franken kosten, die Sanierung beider Häuser 6,3 Millionen Franken. Warum dieser Sinneswandel? Die Sanierung der Liegenschaft Bankweg 2 werde gemeinsam mit dem Gemeindehaus und im Rahmen eines Gesamtkonzepts «Sanierung und Erweiterung Verwaltungsbauten Gemeindehaus und Bankweg 2» erfolgen, so Burkard. Er liefert auch die Gründe für die zeitliche Verschiebung: «Die Mitarbeitenden des Teams Hochbau sind derzeit mit den anstehenden grossen und mittleren Projekten gemäss Finanzplan ausgelastet. Mit der Verschiebung der Sanierung der Verwaltungsbauten soll auch das Investitionsvolumen der Gemeinde Wohlen über einen längeren Zeitraum gestreckt und damit die Entwicklung der Verschuldung geglättet werden.»
650 000 Franken für Miete anstatt für die Sanierung
Wäre die Liegenschaft Bankweg 2 bereits saniert, so, wie vor zehn Jahren angedacht, so wären die Raumprobleme im Gemeindehaus vielleicht gelöst. Nun gilt es andere Lösungen zu forcieren. Mit der Folge, dass Mietkosten anfallen werden. Mit der Aussiedlung des Betreibungsamtes in die Migros wird in den nächsten zehn Jahren eine totale Miete von rund 650 000 Franken bezahlt. Wäre es nicht sinnvoller, diese Summe in die Sanierung Bankweg 2 zu investieren? Diese Frage beantwortet der Gemeinderat nur ausweichend. «Allgemein wird das Arbeitsplatzpotenzial im zweiten Stock der Liegenschaft Bankweg 2 überschätzt», sagt dazu Burkard.
Die Liegenschaft am Bankweg 2 müsse sowohl aussen, bei der Gebäudehülle, als auch innen «umfassend saniert und umgebaut werden». Er nennt Brandschutzvorgaben, Fluchtwege, behindertengerechte Erschliessung mit Aussenlift.
Zudem werde das Gebäude zurzeit genutzt, räumt Gemeinderat Burkard ein: Der erste Stock dient als zusätzliches Sitzungszimmer für grössere Gruppen, der zweite Stock dient als Schulungsraum der Informatik und für die Prüfungen im Einbürgerungsverfahren.
Betreibungsamt passt praktisch nicht ins Haus Bankweg 2
Gemeinderat Burkard gibt weiter zu bedenken: «Mit einer behindertengerechten Erschliessung über einen Aussenlift und entsprechenden internen Erschliessungen sowie Raumeinteilungen fällt ein grosser Teil der Nutzfläche durch diese Verkehrssächen weg.»
Man müsste beispielsweise für das Betreibungsamt oder eine andere Nutzung mit hohen Kundenfrequenzen rechnen. Zusätzlich müsse ein «zeitgemässer Warte- und Schalterbereich sowie ein kleines Besprechungszimmer für die Kunden» eingeplant werden. Dann verbliebe nur noch Platz für einige wenige Arbeitsplätze. «Der Bedarf des Betreibungsamtes könnte damit nicht annähernd abgedeckt werden.»
Trotzdem: Die künftige Nutzung der Liegenschaft Bankweg 2 wird seit bald zehn Jahren diskutiert, Gleiches gilt für den Standort der Gemeindebibliothek. In welche Richtungen gehen eine mögliche Nutzung des Hauses und ein möglicher Bibliotheksstandort? «Langfristig soll die Verwaltung in den beiden Liegenschaften Gemeindehaus und Bankweg 2 sowie entsprechenden Erweiterungs- oder Ergänzungsbauten an einem Standort konzentriert werden», sagt Burkard. Die Liegenschaft Bankweg 2 eignet sich aufgrund der Gebäudestruktur vor allem für Backoffice-Funktionen ohne Einzelbüros und ohne grossen Publikumsverkehr.»
Bibliothek: seit zehn Jahren keine Lösungsansätze
Betreffend Gemeindebibliothek ist der Gemeinderat während des letzten Jahrzehnts noch keinen Schritt weitergekommen. Vor neun Jahren wurden in der Debatte rund um eine Motion Lösungen versprochen (siehe Artikel unten). Aber Versprechen wurden keine eingelöst. «Über die langfristige Unterbringung der Gemeindebibliothek wurde noch nicht entschieden», sagt Gemeinderat Thomas Burkard, der das Dossier erst seit knapp drei Jahren betreut. «Es ist sowohl der Verbleib und Ausbau der Gemeindebibliothek in der Liegenschaft am Bankweg 2 sowie auch deren Auslagerung in eine andere Liegenschaft denkbar.» So weit war man schon vor zehn Jahren. Die Gemeindebibliothek bleibt halt die Institution, die dringend Verbesserungen verdient hätte, aber von der Mehrheit der Politvertreter immer wieder auf die lange Bank geschoben wird.