Seven im Paralleluniversum
02.03.2021 WohlenDer Sänger erlebt eine schwierige Coronazeit, morgen Mittwoch startet «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert»
Die Ersten, die aufhörten. Die Letzten, die wieder starten. Künstler sind von der Coronapandemie besonders betroffen. So ...
Der Sänger erlebt eine schwierige Coronazeit, morgen Mittwoch startet «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert»
Die Ersten, die aufhörten. Die Letzten, die wieder starten. Künstler sind von der Coronapandemie besonders betroffen. So auch der Wohler Sänger Seven. Morgen Mittwoch (20.15 Uhr) startet die zweite Staffel von «Sing meinen Song» auf «TV24» und er ist erneut Gastgeber. «Immerhin ein bisschen Normalität», so der 42-Jährige.
Stefan Sprenger
Wann darf er endlich wieder auf der Bühne stehen? «Ich weiss es nicht. Es ist ein Blick in die Kristallkugel», so Jan Dettwyler alias Seven. Der Wohler glaubt nicht an einen normalen Festivalsommer. «Möglicherweise gibt es im Herbst wieder Konzerte unter strengen Schutzmassnahmen, wer weiss. Wir sind jedenfalls in den Startlöchern.»
Corona hat das Leben verändert
Das ist er schon seit einem Jahr. Nach seinem Auftritt an den «Swiss Music Awards» im Februar 2020 erschien sein Album «Brandneu» am 28. Februar. Fast gleichzeitig folgt der Lockdown in der Schweiz. Die Promotion-Tour für das neue Werk und der Festivalsommer fielen aus. Alle Konzerte wurden abgesagt oder verschoben. «Alles hat sich dann geändert», sagt Seven.
Seit nunmehr 30 Jahren steht der Freiämter mit der goldenen Stimme auf der Bühne, 20 Jahre davon als Seven. Pro Jahr spielte er zwischen 80 und 100 Shows. Durch Corona hat sich sein Künstlerleben total verändert. Er hat versucht, die neu gewonnene Zeit sinnvoll zu nutzen mit anderen Projekten, und er verbrachte viel Zeit mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen.
Der Bruder war mit dabei
Das Härteste für Seven ist der fehlende Kontakt zu seiner Band. «Wir sind ein Rudel, seit Jahren sind wir gemeinsam unterwegs, verbringen viel Zeit miteinander. Meine Band ist meine zweite Familie.» In den letzten 12 Monaten hat er einige seiner Bandmitglieder nicht einmal gesehen. «Ich vermisse die Leute sehr.» Auch seine Eltern und seinen Bruder Micha Dettwyler, die alle in Wohlen leben, hat er nur ganz selten gesehen. «Mit den Eltern habe ich viel telefoniert.»
Immerhin: Bruder Micha Dettwyler durfte er eine Woche in Gran Canaria geniessen. Dort wurde die zweite Staffel von «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert» im vergangenen Sommer gedreht. Micha Dettwyler, Musiklehrer in Wohlen, war wie schon bei der ersten Staffel als «Backing Vocal» in der Band mit dabei. Seven war erneut der Gastgeber von «Sing meinen Song» und begrüsste erneut lauter illustre Schweizer Künstler auf seiner Couch: Dodo, Adrian Stern, Beatrice Egli, Jaël, Kunz und Ta’Shan.
«Die Produktion war dieses Mal wegen Corona ziemlich mühsam. Die Durchführung hing lange an einem seidenen Faden. Mit strikten Massnahmen haben wir es dann geschafft.» Die Teilnehmer und die Produktionscrew wurden oft getestet, lebten in einer «Bubble». So durfte man in Gran Canaria die Masken abziehen, sich umarmen und gemeinsam Musik machen. «Es fühlte sich an wie in einem Paralleluniversum. Es war für mich wie ein Ventil und ich habe diese Normalität sehr genossen.» Acht Abende lang rückte Corona in den Hintergrund. «Ich hoffe, das spürt man auch beim Zusehen. Es gibt wieder tolle Musik, viele Emotionen, spannende Geschichten – und kein Corona», erzählt Seven. Morgen Mittwoch, 3. März, wird die erste Folge der zweiten Staffel von «Sing meinen Song – das Schweizer Tauschkonzert» auf TV24 ausgestrahlt.
Seven ist längst zurück in der Schweiz und wieder in der «normalen» Welt. Er berichtet über Umsatzeinbussen im letzten und in diesem Jahr. Seine grösste Einnahmequelle, die Liveshows, fiel gänzlich weg.
Bundesrat Parmelin antwortet auf seinen Brief
Die gute Nachricht: Mit seiner eigenen Firma «Redkey», die seit 20 Jahren existiert und drei Leute beschäftigt, war er unabhängig in dieser schwierigen Zeit und konnte andere Projekte vorantreiben. Er schrieb beispielsweise Songs für andere Künstler, veröffentlichte selber Musik oder setzte Aktivitäten mit seinen Partnern um. «Wir sind sehr stark betroffen, aber wir kommen bislang mit einem blauen Auge davon.» Die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, es gibt Unterstützung vom Bund. «Ich bin froh um jede Hilfe, weil mir die Hände gebunden sind.»
Als Selbstständiger fällt Seven nach eigenen Aussagen «zwischen Stühle und Bänke». Er konnte alle Konzertausfälle angeben und erhielt etwas Geld. «Nur diese Hilfe als Einnahmequelle hätte aber nicht gereicht.»
Um seinem Frust etwas Luft zu verschaffen, schrieb Seven im November 2020 einen Brief an Bundesrat Guy Parmelin. Die Zeilen sollten auf die schwierige Situation der Veranstaltungsbranche aufmerksam machen. Und tatsächlich: Parmelin hat Wochen später geantwortet, handunterschrieben. «Er schrieb, dass unsere Branche wichtig ist und er alles tut, um uns zu helfen», erzählt Seven und fügt an: «Schöne Worte. Aber ob es nur Zeilen waren, um jemanden, der bellt, ruhigzustellen, oder ob wirklich etwas dahintersteckt, wird sich in der Zukunft zeigen.»
Seven vermisst es, auf der Bühne zu stehen. «Die Nervosität davor, die Anspannung, die positiven Gefühle, die glücklichen Gesichter der Konzertbesucher, meine Band, das Ambiente, das alles fehlt mir.» Mit «Sing meinen Song» erlebt er nun wenigstens die Woche in Gran Canaria – im Paralleluniversum – nochmals am TV.