Knatsch trotz Sägemehlstart
26.03.2021 SchwingenDie Freiämter Spitzenschwinger haben wieder trainiert – die Nordostschweiz steht auf die Hinterbeine
Endlich wieder miteinander schwingen. Diese Woche haben vier Freiämter Spitzenschwinger wieder ihr Training aufnehmen dürfen. Aus der Nordostschweiz gibt es aber Unmut ...
Die Freiämter Spitzenschwinger haben wieder trainiert – die Nordostschweiz steht auf die Hinterbeine
Endlich wieder miteinander schwingen. Diese Woche haben vier Freiämter Spitzenschwinger wieder ihr Training aufnehmen dürfen. Aus der Nordostschweiz gibt es aber Unmut über den Entscheid, dass Spitzenschwinger wieder trainieren dürfen und andere nicht. Der Freiämter Stefan Strebel, technischer Leiter des ESV, erzählt von vielen negativen Reaktionen.
Stefan Sprenger
120 ausgewählte Schwinger dürfen seit dem 17. März wieder im Sägemehl trainieren. Für vier Athleten des Schwingklubs Freiamt war es am letzten Dienstag so weit. Andreas Döbeli, Joel Strebel, Reto Leuthard und Yanick Klausner trainierten unter der Leitung des technischen Leiters Josef Reichmuth. Verletzungsbedingt fehlte Lukas Döbeli.
Trainiert wurde rund 1,5 Stunden – und noch mit angezogener Handbremse. Im ersten gemeinsamen Training im Sägemehl seit Dezember will man nicht gleich Vollgas geben und eine Verletzung riskieren. Yanick Klausner, 25 Jahre jung und bald wohnhaft in Beinwil, erzählt: «Wir waren schnell wieder drin. Die Stimmung war prima und alle hatten Freude, dass wir wieder miteinander trainieren dürfen.» Seit 1. März schon dürfen alle Schwinger bis 20 Jahre bereits wieder aktiv trainieren.
«Es gibt negative Stimmen»
Auch Stefan Strebel, technischer Leiter des Eidgenössischen Schwingerverbandes (ESV), freut es, dass immerhin 120 Spitzenschwinger uneingeschränkt trainieren dürfen. «Alle Sportarten müssen stufenweise öffnen. Das Schwingen ist da keine Ausnahme. Es ist doch toll, können nun immerhin die Besten des Landes wieder aktiv trainieren», so der Villmerger Strebel, der heute in Hendschiken lebt. Der Entscheid, dass 120 ausgewählten Schwingern ab 17. März der Zugang zum Training im Sägemehl erlaubt wird, hat für Wirbel gesorgt. Schon im Vorfeld gab es Diskussionen. «Alle oder keiner», war der Tenor aus dem Schwingerlager. Doch die Perspektive fehlte. Strebel boxte den Entscheid durch, erhielt vom Zentralvorstand des ESV, von der technischen Kommission und vom Aktivenrat die Mehrheit zugesprochen. Gemeinsam mit Swiss Olympic und dem BASPO wurde nun diese Zwischenlösung erarbeitet. «Das Feedback ist gut. Von vielen Seiten erhalte ich positive Reaktionen. Aber es gibt auch viele negative Stimmen», erklärt Strebel.
«Zerschmettert alle Grundsätze»
Die Nordostschweizer können sich gar nicht mit dem Entscheid anfreunden. Täglich flattern E-Mails und Protestbriefe bei Stefan Strebel ein. Ein Beispiel ist Marc Zbinden, technischer Leiter vom Schwingerverband Hinterthurgau. Zbinden verlangt, dass der Entscheid zurückgenommen wird. «Der Entscheid zerschmettert eigentlich alle Grundsätze, die mit dem Schwingsport in Verbindung gebracht werden», wird er bei «Glarus24» zitiert. Er befürchtet, dass aufgrund des Entscheides Mittelschwinger, die jetzt ausgeschlossen sind und eigentlich das Rückgrat des Schwingsportes bilden, die Motivation verlieren. So würden nicht nur Schwinger, sondern auch zukünftige Funktionäre verloren gehen. Der Tenor aus der Ostschweiz ist klar: «Alle oder keiner.»
Die Reaktion überrascht nicht. Der Nordostschweizer Schwingerverband machte eine Umfrage unter den rund 300 Nachwuchsschwingern, Nichtkranzern, Kranzern und Eidgenossen aus allen sieben NOSV-Kantonalverbänden. Das Resultat: Über 70 Prozent sind der Meinung, dass erst wieder geschwungen werden soll bei den Jahrgängen 2000 und älter, wenn es für alle erlaubt ist. Heftig: 25 Prozent der Schwinger sehen es als Rücktrittsgrund, wenn nur die Spitzenschwinger an Wettkämpfen teilnehmen könnten.
Stefan Strebel steht auch in der Kritik. Er sagt: «Sie wollen, dass alle wieder schwingen dürfen. Das wollen wir ja auch. Aber das ist momentan nicht möglich.» Es habe einen Mehrheitsentscheid gegeben. Das Verhalten der Ostschweizer sei «nicht solidarisch und schadet unserem Sport», so Strebel.
Werden Plätze weitergegeben?
Eigentlich dürften 23 Schwinger des Nordost-Verbandes trainieren. Nur drei Athleten machen mit, der Rest boykottiert den Entscheid, respektive trainiert weiterhin nicht. Sie werden erst wieder ins Geschehen eingreifen, wenn alle trainieren dürfen. Dazu gehört auch der Eidgenosse Samuel Giger. «Wenn es geht, geben wir diese 23 Plätze an Schwinger weiter, die auch trainieren wollen», so Strebel.
Er werde «kämpfen wie ein Löwe», damit der Entscheid erhalten bleibt. «Es kann doch nicht sein, dass wir so einen Knatsch haben deswegen. Wenn die Nordostschweizer ihre Plätze nicht ausnützen wollen, dann geben wir sie weiter, so einfach ist das.» Die stufenweise Öffnung sollte eigentlich ein «Weg zurück in die Normalität sein». Doch in der Schwingerschweiz führt es zu einer Spaltung und einer Zweiklassengesellschaft. So scheint es jedenfalls. Momentan fehlt aber im Schwingen ohnehin die Perspektive, denn wann wieder Schwingfeste steigen dürfen, steht in den Coronasternen.
Guggibad ist abgesagt
Nun ist es definitiv: Der Guggibad-Schwinget vom Sonntag, 18. April, ist abgesagt. Der Schwingklub Freiamt prüft nun mehrere Optionen. Eine Möglichkeit wäre, im Frühling den Jungschwingertag durchzuführen und den Guggibad-Schwinget stattdessen im Spätsommer nachzuholen. An der Vorstandssitzung von gestern Donnerstagabend (nach Redaktionsschluss) wurden verschiedene Optionen diskutiert. «Es ist wichtig, dass wir etwas für die Schwinger machen», so SK-Freiamt-Präsident Andreas Ender. --spr