Kantilehrer entlassen

  02.03.2021 Wohlen

Spätestens mit seiner Rede an der Coronakundgebung in Wohlen spitzte sich die Lage zu. Nun erhielt Kantilehrer Markus Häni die Kündigung. Entlassen von Kantirektor Matthias Angst. Er verstehe, so Häni, dass der Kantirektor in einer schwierigen Situation sei. Trotzdem findet er die Kündigung unverhältnismässig. Was sagt Kantirektor Matthias Angst dazu? «Eine Trennung hatte sich schon seit Längerem abgezeichnet.» Zudem erhofft er sich mehr Sorgfalt von einem Lehrer. --dm


«Nicht viel Spielraum für Diskussionen»

Markus Häni wird als Lehrer an der Kantonsschule Wohlen entlassen

Ordentliche Kündigung bei sofortiger Freistellung, Markus Häni ist seinen Job an der Kantonsschule Wohlen los. «Ich wusste, dass ich meine Stelle riskiere», sagt er vor seiner Rede an der Corona-Kundgebung am 20. Februar in Wohlen. Es bleibt die Frage, ob man einen Lehrer aufgrund seiner privaten Haltung entlassen darf.

Stefan Sprenger

Markus Häni steht an der Kasse im «Coop» in Wohlen. Die Kassiererin spricht ihn an. «Sind Sie nicht dieser Lehrer, von dem alle sprechen?» Ja, er ist es. Solche Begegnungen hatte der 56-Jährige in den letzten Tagen viele. «Die Rückmeldungen sind extrem positiv. Das berührt mich sehr», sagt Häni. Er weiss, dass er mit seiner Haltung polarisiert, dass Corona viele Themen beinhaltet, die an die Emotionen der Menschen gehen. «Aber ich habe meine Meinung und stehe dafür ein.»

Er sei ein bisschen zum «kleinen Star» geworden. Doch seine kritische Haltung gegenüber den Coronamassnahmen des Bundesrates kostete ihn nun seine Arbeitsstelle an der Kantonsschule Wohlen. Am letzten Donnerstag behandelte die Schulleiterkonferenz der Kanti Wohlen die Personalie Markus Häni. Gleich danach rief Rektor Matthias Angst ihn an und gab ihm den Entscheid bekannt. Einen Tag zuvor stand neben der Weiterbeschäftigung und der Freistellung auch die Option einer Beurlaubung bis Sommer unter gewissen Auflagen im Raum. Für Häni war klar, dass dies nicht infrage kommt. «Ich stehe ein für meine Meinung, deshalb muss ich diesen Entscheid akzeptieren.»

Im Gegensatz zu den Politikern sanfte Worte gewählt

Am Freitag hat er seine Sachen an der Kantonsschule Wohlen zusammengepackt und sich verabschiedet. Er hat keinen Groll gegen die Kanti oder den Rektor Matthias Angst. «Ich verstehe, dass er in einer schwierigen Situation ist. Er steht im Clinch.» Häni findet seine Kündigung trotzdem unverhältnismässig. Er macht auch gleich zwei Beispiele. Alt-Bundesrat Christoph Blocher bezeichnete Bundesrat Alain Berset als «Diktator», der Walliser Regierungspräsident Christophe Darbellay kommt sich in der Schweiz «vor wie in einer Bananenrepublik». Häni führt aus: «Angesichts solcher Aussagen sind meine Worte ja sanft gewählt.»

In seiner Rede vor rund 1500 Menschen an der Coronakundgebung in Wohlen mit dem Titel «Liebe und Angst» sagte er, die Schüler sollen ihre Masken ablegen, oder ermutigte die Menschen, sich zu umarmen. «Dass wir uns nicht umarmen dürfen, ist kein Gesetz, sondern eine Empfehlung des BAG. Die Maskenpflicht für Schüler ist nicht verhältnismässig und richtet mehr Schaden an, als dass sie nützt bei der Bekämpfung der Pandemie», erklärt Häni, dem besonders die Kinder am Herzen liegen. Was ihm angekreidet werden kann, ist der Fakt, dass er auf dem Flyer der Kundgebung als «Kantonsschullehrer» bezeichnet wurde. «Meine Rede hatte nichts mit meinem Job zu tun. Das war ein Missverständnis und es war unglücklich, dass die Berufsbezeichnung auf dem Flyer stand», räumt er ein.

Strafanzeige eingereicht

Markus Häni, der von einer Gruppe namens «Kanti Wohlen Antifa» auf Instagram als «braune Scheisse» betitelt wurde, hat diesbezüglich bei der Polizei in Muri Anzeige erstattet. «Solche Beleidigungen sind bedenklich.» Er selbst habe keine Grenzen überschritten, wie er sagt. «Ich habe nur meine Meinung gesagt.»

Ein Grund für die Kündigung ist die Thematik an sich. Corona und die Massnahmen lassen die Menschen emotional werden. Häni kassierte vor wenigen Monaten bereits eine Abmahnung wegen eines Verstosses gegen die Berufsstandregeln. Die Kanti kassierte vor und nach der Kundgebung und der Rede von Häni von vielen Seiten Kritik, dass sie ihn als Lehrer weiterhin beschäftigt. Und nun erntet sie auch Kritik, dass Häni entlassen wird. «Es ist ein Thema, das polarisiert. Das gilt auch für meine Rede und meine Person. Jeder meint, er hat recht. Und zwischendrin gibt es nicht viel Spielraum für Diskussionen», so Häni. Von seinen Schülern sei er immer geschätzt worden und er habe seinen Job immer gewissenhaft ausgeführt, wie er erklärt.

Er will weiterkämpfen

Markus Häni ist Lehrer aus Leidenschaft. Er will weiterhin im Beruf tätig sein. «Ich gebe gerne Schule. Ich habe ein Herz für Kinder und Jugendliche. Deshalb will ich weiterhin Lehrer sein.» An einer Coronakundgebung ist kein weiterer Auftritt geplant. Weiterkämpfen für seine Haltung wird er trotzdem.

Als Mitglied des «Aktionsbündnisses Aargau/Zürich» und als «Verfassungsfreund», wie er sich selber nennt, will er gegen eine drohende Impfpflicht ankämpfen. «Jeder, der will, soll sich impfen lassen. Alles andere geht zu weit. Wir dürfen doch selber entscheiden, ob wir uns impfen lassen wollen oder nicht.» Und man spürt erneut: Auch diese Thematik sorgt bei den Menschen für Emotionen.


Kompetenz beim Rektor

Was sagt überhaupt das verantwortliche Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) zur Kündigung des Kantilehrers Markus Häni? Das BKS verweist auf die Zuständigkeit. «Als Anstellungsbehörde fungiert bei den kantonalen Mittelschulen jeweils die Schulleitung, in diesem Fall also Rektor Matthias Angst. Damit liegen sämtliche Personalentscheide in seiner Kompetenz», sagt Simone Strub Larcher, Leiterin Kommunikation beim BKS. «Wie auch innerhalb der Verwaltung üblich erhalten die Vorgesetzten in Personalund Anstellungsfragen bei Bedarf Unterstützung durch den departementalen Personal- und /oder Rechtsdienst.» Laut Simone Strub Larcher bildet das Gesetz über die Anstellung von Lehrpersonen die rechtliche Grundlage. --dm


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