Die Motivation ist zurück
30.03.2021 WohlenDas Rallye-Team «Judo goes Orient» plant einen neuen Anlauf für seine Reise
Drei Tonnen Hilfsmaterial für zwei Waisenhäuser in Bulgarien und Rumänien haben die sechs Judokas gesammelt. Nachdem die Rallye letztes Jahr abgesagt wurde, hoffen sie ...
Das Rallye-Team «Judo goes Orient» plant einen neuen Anlauf für seine Reise
Drei Tonnen Hilfsmaterial für zwei Waisenhäuser in Bulgarien und Rumänien haben die sechs Judokas gesammelt. Nachdem die Rallye letztes Jahr abgesagt wurde, hoffen sie nun, dass die Reise dieses Jahr stattfinden kann. Falls nicht, wollen sie auf eigene Faust fahren.
Chregi Hansen
Der Countdown läuft. In 39 Tagen soll das Abenteuer losgehen. Falls alles klappt. Also eventuell. Vielleicht mit viel Glück. Oder auch nicht. Derzeit ist alles in der Schwebe. «Wir planen, wie wenn der Start am 8. Mai erfolgt. Aber wir sind nicht naiv. Natürlich ist uns allen klar, dass es alles andere als gut aussieht», sagt Teamkapitän Andreas Schmid.
Sein Team ist wahrlich nicht zu beneiden. Im Frühling 2019 haben sich die Wohler Judokas zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte für die Europa-Orient-Rallye angemeldet. Wie schon bei der ersten Teilnahme im Jahr 2016 wollten sie nicht nur Spass haben und Abenteuer erleben, sondern dabei auch viel Gutes tun. Ein Jahr lang haben sie Hilfsgüter gesammelt, welche sie auf dem Weg verteilen wollten. Drei Tonnen kamen dabei zusammen. Doch dann folgte Corona. Und die Absage der Rallye 2020.
Schwierige Phasen überwunden
Darum wollten die sechs Sportler in den Sommerferien 2020 die Waren auf eigene Faust nach Osteuropa bringen – doch die Reisebeschränkungen machten auch diesen Plan zunichte. Das ganze Projekt musste um ein Jahr verschoben werden. Und damit war «Judo goes Orient» plötzlich mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. «Es war keine einfache Zeit», schaut Schmid zurück. «Es gab durchaus Phasen, in denen die Begeisterung für das Projekt etwas gelitten hat. In denen es im Team zu Spannungen kam.» Doch diese Phasen seien überwunden. «Wir sind alle wieder topmotiviert», sagt Schmid.
Das bestätigen die anderen Teammitglieder. «Unser oberstes Ziel ist es, die Hilfsgüter nach Bulgarien und Rumänien zu bringen. Das sind wir den Kindern und auch den vielen Spendern schuldig», sagt Joél Berger. Längst hat man die Vorbereitungsarbeiten wieder in Angriff genommen. Und hat mehrere Szenarien entwickelt.
Das einfachste wäre, die Low-Budget-Rallye mit karitativem Charakter findet tatsächlich statt. Start wäre am 8. Mai. Noch geben sich die Organisatoren optimistisch. «Weil zum jetzigen Zeitpunkt wirklich niemand weiss, was bis Mai geschieht, wird dies alles zu dem werden, was die verrückteste Rallye vom Grundgedanken her ist – ein absolutes Abenteuer», schreiben die Organisatoren auf ihrer Homepage. Und: «Die Rallye hat schon oft spontan umplanen müssen und recht erfolgreich auf spontane Veränderungen, sei es aufgrund von Politik, Krieg oder Ländersperrungen, reagiert. Wir sind halt keine Kaffeefahrt.» Klar ist nur eines: Der Start würde nicht mehr gemeinsam erfolgen, sondern jedes Team startet von seinem Wohnort aus. Die Judokas also in Wohlen.
Plan B und C sind bereit
Dass das verrückte Rennen aber tatsächlich stattfinden kann, daran glauben nur wenige. «Es haben sich viel weniger Teams angemeldet als sonst. Und die meisten sind skeptisch, dass die Rallye durchgeführt wird», erklärt Lukas Küchler. Die Wohler lassen sich davon nicht anstecken und tun alles, damit sie fahren können. Und dafür haben sie einen Plan B entwickelt, um notfalls auf eigene Faust nach Osteuropa zu fahren und wenigstens die Waren abzuliefern. «Wir sind am Abklären, wo welche Regelungen gelten, wo wir uns testen können, was für den Grenzübertritt verlangt wird», erklärt Schmid. Die Hürden sind enorm, doch die sechs Männer sind bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen. «Wir haben alle Urlaub in dieser Zeit und sind auch alle bereit, nach der Rückkehr in die Quarantäne zu gehen», so der Kapitän.
Doch die Überlegungen gehen schon weiter – schliesslich steht auch der Plan B wegen der ausserordentlichen Lage auf wackligen Beinen. Und darum gibt es bereits einen Plan C. «Notfalls fahren wir zu einem späteren Zeitpunkt», sagt Schmid. So hat man vorsorglich im Juli nochmals zwei Wochen eingeplant und hofft, dass sich die Lage bis dann wieder beruhigt hat. Und wenn nicht? Dann kommt Plan D zum Einsatz. Wie der aussieht, wisse man im Detail noch nicht. Aber eines ist klar: Die gesammelten Hilfsgüter sollen nicht in den Lieferwagen vergammeln, sondern ihr Ziel erreichen. «Die beiden Heime sind auf diese Güter angewiesen. Sie sind durch Corona in einer besonders schwierigen Lage», weiss Berger.
Und darum arbeitet das Team wieder mit Hochdruck daran, die Reise anzutreten. Die in Mellingen eingestellten Lieferwagen werden wieder auf dem Strassenverkehrsamt eingelöst, die drei Autos wurden nochmals durchgecheckt und teilweise gar verbessert, alle Waren nochmals kontrolliert, ob sie die Lagerung unbeschadet überstanden haben. Die sechs Teilnehmer haben Konfitüre hergestellt und Guetsli gebacken und beides in der Weihnachtszeit verkauft, das so eingenommene Geld gespendet. «Und die Verschiebung hatte sogar etwas Gutes. Es kamen noch mehr Spenden zusammen», sieht Küchler den positiven Aspekt. Nur weitere Waren konnten sie nicht entgegennehmen – die drei Anhänger sind jetzt schon voll beladen.
Weitere Verschiebung um ein Jahr wäre schwierig
Inzwischen hat das Projekt nach längerer Pause wieder Fahrt aufgenommen. «Wir sind voll motiviert mitten in den letzten Vorbereitungen», erzählt Teamkapitän Andreas Schmid. Auch die Oase an der Farnbühlstrasse wird wieder auf Vordermann gebracht, hier soll im Sommer ein Dankesfest stattfinden für alle Sponsoren und Helfer. Eine Art Abschiedsfest zum Ende des Projekts. Und was, wenn die Reise bis dahin noch nicht möglich war? Darüber machen sich die sechs Judokas bewusst noch keine Gedanken, wollen vorerst optimistisch bleiben.
Die Reise einfach nochmals um ein Jahr zu verschieben, das sei schwierig. «Viele von uns haben andere Pläne», sagt Schmid. Falls alle Stricke reissen, würde man vermutlich nach einem Unternehmen suchen, welches die Waren abliefere. Aber im Prinzip würde man gerne selber vorfahren bei den beiden Kinderheimen. «Wir haben so viel investiert, es muss einfach klappen», sagt Schmid zum Schluss. Der Wille und die Motivation sind wieder da. Alles andere liegt nicht in ihrer Hand.
Mehr Infos zur Rallye, zum Team und zu den unterstützten Kinderheimen unter judogoesorient.ch.