«Auch die kleinen Dinge zählen»
13.11.2020 RudolfstettenUrs Schuhmacher ist seit 25 Jahren im Gemeindehaus tätig
Er habe die Aufgabe als Gemeindeschreiber so rasch nie gesucht, sagt Urs Schuhmacher. Weil sein Vorgänger aber wegen Krankheit lange auslel, musste er als sein Stellvertreter in die Bresche ...
Urs Schuhmacher ist seit 25 Jahren im Gemeindehaus tätig
Er habe die Aufgabe als Gemeindeschreiber so rasch nie gesucht, sagt Urs Schuhmacher. Weil sein Vorgänger aber wegen Krankheit lange auslel, musste er als sein Stellvertreter in die Bresche springen.
Erika Obrist
«Jeder Tag bringt neue Herausforderungen mit sich», nennt Urs Schuhmacher den Grund für seine inzwischen 25-jährige Tätigkeit auf der Gemeindeverwaltung in Rudolfstetten-Friedlisberg. «Kein Tag ist wie der andere – und es sind schöne und dankbare Angelegenheiten, die meinen Tagesablauf bestimmen», fährt er weiter. Am meisten freut ihn, wenn er den Leuten, die ein Anliegen haben, weiterhelfen kann. Sicher gebe es auch traurige Momente, gerade beim Bestattungswesen. Doch auch hier erhalte er positive Rückmeldungen. «Die kleinen Dinge zählen auch», weiss Schuhmacher. «Fast mehr als die grossen, bei denen öffentlich geklatscht, aber auch laut kritisiert werden darf.»
Geduld, Hartnäckigkeit, Fairness
Vor 25 Jahren ist Urs Schuhmacher als stellvertretender Gemeindeschreiber nach Rudolfstetten-Friedlisberg gekommen. Die Ausbildung hat der heute 45-Jährige in Lengnau absolviert. Es waren zu Beginn unruhige Zeiten in Rudolfstetten-Friedlisberg. «Bei meiner Anstellung als Stellvertreter 1995 fragte mich der damalige Bezirksamtmann Max Kündig bei der Inpflichtnahme, wie lange ich gedenke, hier tätig zu sein.» Weil der damalige Gemeindeschreiber krankheitshalber lange ausfiel, musste der junge Schuhmacher einspringen und dessen Arbeiten übernehmen. «Ich hatte schon vorher während eines Jahres die Kanzlei zusammen mit Karin Opresnik (heute Hoffmann) geführt.» Offenbar haben die beiden ihre Aufgaben sehr gut erledigt; jedenfalls machte der Gemeinderat Urs Schuhmacher im Jahr 1999 zum Gemeindeschreiber. «Ich habe diese Aufgabe nicht so rasch gesucht, obwohl sie in der Zwischenzeit zur Berufung geworden ist.» Er führt seine Aufgaben heute noch mit Leidenschaft und grossem Dienstleistungsverständnis aus.
Geduld, Zurückhaltung, Hartnäckigkeit, Fairness und ab und zu eine Prise Humor brauche es als Gemeindeschreiber. «Und nicht immer auf die Uhr schauen», nennt Schuhmacher eine weitere Eigenschaft, die er mitbringt. Im Gegenzug müsse die Familie auf einiges verzichten. Seine Frau sage hin und wieder, er sei nicht nur mit ihr, sondern auch mit der Gemeinde verheiratet. «Ich bin dankbar, dass meine Familie meine Auffassung vom Ausfüllen meines Berufs mitträgt.» Zu dieser Familie, die in Oberwil-Lieli daheim ist, gehören neben seiner Frau auch vier Kinder im Alter von der ersten Primarklasse bis zum ersten Lehrjahr.
Lösungsvorschläge ausschaffen
Ein Wechsel in eine grössere Gemeinde oder in die Privatwirtschaft habe sich nie ergeben. «Die Gedanken, etwas anderes zu machen, waren jeweils rasch verflogen, da ich hier stets vor neue Herausforderungen gestellt wurde und auch Freiheiten hatte.» So habe er beispielsweise seine Offizierslauf bahn bis zum Oberstleutnant absolvieren und auch einen längeren unbezahlten Urlaub nehmen können. Zudem sei er nicht immer an Bürostuhl und Gemeindehaus gebunden. «Ich bin froh, dass ich ab und zu hinaus kann.» Mit Ingenieuren Projekte vor Ort besprechen, Augenscheine vornehmen und Einspracheverhandlungen führen, Lösungen suchen.
Dem Gemeinderat Lösungsmöglichkeiten auch bei komplexen Geschäften zum Wohle der Bevölkerung vorschlagen, nennt er als eine seiner Hauptbeschäftigungen. «Entscheiden muss aber der Gemeinderat.» Er selber sieht sich nicht als sechster Gemeinderat am Tisch. «Die Beratung ist wichtig, denn die Gemeinderäte sind Milizpolitiker mit unterschiedlicher Berufs- und Lebenserfahrung und dürfen eine kompetente Beratung voraussetzen.» Das Operative, die Umsetzung der Gemeinderatsentscheide, sei Sache der Verwaltung.
Schnell sollte es gehen
Als Geschäftsleiter der Verwaltung müsse man Menschen mögen – und von ihnen nie verlangen, was man selber nicht könne. «Ich muss das vorleben, was ich von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlange.» Weiter müsse er Vertrauen in sein sehr gutes Team haben, dass es einen guten Job mache. Bei Unsicherheiten könnten die Mitarbeitenden jederzeit zu ihm kommen. «Dann suchen wir gemeinsam die beste Lösung.»
Das Verhältnis der Bevölkerung zur Verwaltung habe sich nicht gross verändert in den letzten 25 Jahren. Schon immer hätten die Arbeiten schnell erledigt und die Wünsche rasch erfüllt werden sollen. «Aber das Umfeld, vor allem die Technik, hat sich geändert.» Statt Briefe zu schreiben, verschicke man heute E-Mails. Nicht immer würden diese nochmals durchgelesen vor dem Senden, was sich im Tonfall manchmal ablesen lasse. Überhaupt: Das persönliche Gespräch würde manches einfacher machen. «Man sagt dann nicht immer das, was man auf elektronischem Wege schreiben würde», führt Schuhmacher aus.
Bürokratie hat nicht abgenommen
Heute sprechen nicht mehr so viele Leute persönlich im Gemeindehaus vor; die Digitalisierung hat es möglich gemacht. «Mit der Digitalisierung hat die Bürokratie nicht abgenommen.» Und wie wird es in zehn Jahren sein? «Für alle Belange, die ein persönliches Gespräch erfordern, werden die Leute noch ins Gemeindehaus kommen», blickt Schuhmacher voraus. Im Sozial- und Bestattungswesen werde dies hauptsächlich sein.
Und wo wird er selber in zehn Jahren arbeiten? «Das kann ich nicht sagen.» In Rudolfstetten-Friedlisberg vielleicht. «Solange ich mit Freude und Herzblut am Arbeitsplatz tätig sein darf, mache ich mir darüber keine Gedanken.»

