«Genossen wirklich schöne Zeiten»
19.06.2020 KelleramtWirtin Helena Ebert-Schönbächler übergibt den Tavernen-Chäller
Seit Ende März ist es für Wirtin Helena Ebert-Schönbächler klar, dass sie den Tresen übergeben wird. Durch Corona sah sie sich gezwungen, den Tavernen-Chäller ...
Wirtin Helena Ebert-Schönbächler übergibt den Tavernen-Chäller
Seit Ende März ist es für Wirtin Helena Ebert-Schönbächler klar, dass sie den Tresen übergeben wird. Durch Corona sah sie sich gezwungen, den Tavernen-Chäller trotz Lockerungen der Massnahmen nicht mehr zu öffnen. Sie blickt auf viele gute Bekanntschaften und schöne Momente zurück.
Celeste Blanc
Die grossen, schweren Tische und hölzernen Stühle stehen fein säuberlich aufgestellt in der kleinen Lokalität, während das Sonnenlicht durch die hohen Fenster strahlt. Dennoch wirkt die Taverne leer. «Der Grund dafür ist sicherlich, dass die liebevolle Dekoration meiner Frau fehlt», so Ernesto Ebert, der sie seit der Übernahme des Tavernen-Chällers vor gut sechseinhalb Jahren tatkräftig unterstützt. Bereits seit der Corona-bedingten Schliessung im März fehlt die Dekoration, die stets zur unverkennbaren Heimeligkeit des Lokals beitrug. Bis Ende Juni ist Helena Ebert-Schönbächler noch Wirtin, danach übergibt sie neu an Isabelle Häusler. Ein weinendes und ein lachendes Auge begleiten dabei ihre Entscheidung: «Vor allem die Gesellschaft unserer tollen Gäste wird mir fehlen.»
Wirten im Blut
Helena Ebert-Schönbächler hat das Wirten im Blut. Bereits ihre Eltern waren in der Gastronomie tätig und führten das legendäre Restaurant Löwen im Dorf, das in der Region und darüber hinaus einen herausragenden Ruf genoss. Sicherlich ein Grund, weshalb sie sich im Gastgewerbe schon immer wohlfühlte und sie es trotz kaufmännischer Ausbildung wieder da hinzog. «Mit dem Tavernen-Chäller habe ich schon länger geliebäugelt», gesteht sie lachend. Als sie das Inserat für die Wirtestelle sah, wusste sie: jetzt oder nie. «In dieser Zeit änderte sich für uns beide der berufliche Weg», erzählt Ernesto Ebert. Da er pensioniert wurde, konnte er seiner Frau bei diesem grossen Schritt zur Hand gehen. So wurde Ebert-Schönbächler Anfang 2014 zur neuen Wirtin, wobei sie nebst dem Betreiben des Tavernen-Chällers auch für die Hauswartung des ganzen Gebäudes zuständig war.
Alte und neue Gäste
In all dieser Zeit habe sich einiges verändert. «Es bestand stets eine enge Verbindung zur Kirche. Nach jedem Gottesdienst am Mittwoch schauten die Kirchgänger noch für einen Kafi und einen Schwatz vorbei», erzählt das Ehepaar. Jetzt finde der Gottesdienst höchstens noch alle zwei Wochen statt und auch die Zahl der Kirchgänger sei zurückgegangen. «Doch es ist nicht nur negativ, wenn sich etwas ändert», weiss die Wirtin. So sind nebst den vielen treuen Stammgästen auch stets neue Gäste aus dem Dorf oder der Umgebung dazugestossen. «Aufgefallen ist vor allem, dass neu viele Pärchen nachmittags unser Lokal aufsuchten. Mit ihnen habe ich viele gemütliche Stunden verbracht», erinnert sich Helena Ebert-Schönbächler.
Schöne Momente überwiegen
Wenn das Ehepaar an die Zeit im Tavernen-Chäller zurückdenkt, kommen die beiden ins Schwärmen. «Wir haben wirklich schöne Zeiten genossen, sei es mit den Gästen oder den Bewohnern im Haus», lacht die Wirtin. Einer der schönsten Momente für die beiden war stets der alljährliche Grillabend vor dem Auffahrtswochenende. «Da haben wir bei schönem Wetter vor dem Haus zusätzliche Tische aufgestellt, wo wir zusammen mit den Gästen bei feinen Grilladen gemütlich verweilten», so Ernesto Ebert. Ein weiteres Highlight, das das Ehepaar sicherlich missen wird, ist der jährlich stattfindende Suppentag. Auch an diesem Tag war die Taverne gut besucht. «Auch hier mussten wir stets weitere Tische im Gang aufstellen, damit es für alle Platz hatte», schmunzelt Ernesto Ebert. Am Suppentag wird im Dorf an verschiedenen Standorten Suppe für einen guten Zweck ausgeschenkt. «Doch bei uns war der einzige Ort, an welchem auch bedient wurde», erzählen die beiden. Die schönen Momente überwiegen für das Ehepaar. Rückblickend gestehen sie aber ein, dass es auch Momente gab, die nicht so einfach waren. «Beispielsweise, wenn ein Gast zu viel Sitzleder bewies», zwinkert die Wirtin. Das sei aber nur halb so wild gewesen. «So etwas gehört zum Job dazu», weiss sie. Für die beiden unvergesslich bleibt aber sicherlich, als das Lokal vor ein paar Jahren unter Wasser stand. «Es hatte die ganze Nacht wie aus Kübeln geschüttet und uns die Taverne überschwemmt», so Ernesto Ebert. Bis morgens um 4.30 Uhr verbrachten er und seine Frau damit, das Wasser aus dem Lokal zu entfernen. «Und um 9 Uhr begrüsste ich dann die ersten Gäste, als wäre nichts gewesen», erzählt er und seine Frau fügt an: «Jetzt können wir darüber lachen, doch damals hatten wir wochenlang mit den Schäden zu tun.»
Kein Abschied für immer
Aufgrund der Coronasituation hat sich Helena Ebert-Schönbächler entschieden, die Taverne nicht mehr zu öffnen. «Einerseits hätten wir die Taverne nur noch für knapp drei Wochen öffnen können. Andererseits ist die Lokalität so klein, dass es schwierig gewesen wäre, die Schutzmassnahmen umzusetzen», erklärt sie. Trotz überlegter Entscheidung schmerzt das Herz beim Gedanken, keine «Ustrinkete» mehr veranstalten zu können. Lange hatte sie daran geplant – bis Corona ihre Pläne durchkreuzte. «Am Anfang hat uns das Mühe bereitet», gibt das Ehepaar zu, «doch jetzt passt es so, wie es ist. Wir haben die Situation akzeptiert.» Und obwohl es Helena Ebert-Schönbächler noch nicht ganz fassen kann, dass die Taverne unter ihr nicht mehr öffnen wird, ist es sicherlich kein Abschied auf immer. Für das Ehepaar ist klar, dass es der Taverne auch unter neuer Führung den einen oder anderen Besuch abstatten wird. «Wir wohnen ja gleich um die Ecke und trotz Pensionierung werden wir weiterhin auf der ‹Loitsch› sein», lacht sie.