Ungünstiger Zeitpunkt
12.05.2020 RottenschwilInfo- und Aufsichtsdienst registriert deutlich mehr Besucher in den Schutzgebieten
Die Leute zieht es zu Zeiten des Lockdowns in die Natur. Das bemerkt auch der Informationsund Aufsichtsdienst der Stiftung Reusstal, der im Auftrag des Kantons in den Naturschutzgebieten ...
Info- und Aufsichtsdienst registriert deutlich mehr Besucher in den Schutzgebieten
Die Leute zieht es zu Zeiten des Lockdowns in die Natur. Das bemerkt auch der Informationsund Aufsichtsdienst der Stiftung Reusstal, der im Auftrag des Kantons in den Naturschutzgebieten zwischen Bremgarten und Mühlau die Einhaltung der Regeln kontrolliert. Besonders die Verstösse von Velofahrern haben zugenommen.
Roger Wetli
Was tun, wenn keine Sportveranstaltungen stattfinden, Verwandtschaftsbesuche untersagt sind und Museen geschlossen haben? Man geniesst die Natur in seiner Gegend. «Es ist schön, dass es die Leute nach draussen zieht», freut sich Niklaus Peyer, Leiter des Informations- und Aufsichtsdienstes der Stiftung Reusstal. «Leider kommt dabei unser Gebiet an seine Kapazitätsgrenze. Der Lockdown startete zu einem für die Natur ungünstigen Zeitpunkt. Nämlich dann, als die Vögel zu brüten begannen und darum besonders viel Ruhe brauchen.»
Velofahrer im Fahrverbot
Mit seinem Team sorgt er dafür, dass die Besucher die Naturschutzregeln einhalten. Damit sollen die teils sehr seltenen Arten überleben und die Leute gleichzeitig die Natur geniessen können. «Dieses Miteinander ist möglich», ist Peyer überzeugt. Positiv zu werten sei, dass viele Menschen mit dem Fahrrad die Gebiete an der Reuss zwischen Bremgarten und Mühlau entdecken. «Diese Besuchergruppe hat in den letzten Wochen stark zugenommen. Leider ignoriert ein Teil der Velofahrer dabei die allgemeinen Fahrverbote. Hier stellen wir eine deutliche Zunahme der Verstösse fest», so Peyer. Sein Team würde jeweils auf das Fehlverhalten mündlich aufmerksam machen, büssen sei aber nicht in der Kompetenz des Info- und Aufsichtsdienstes. «Bessert es nicht, werden wir eine Polizeipatrouille heranziehen, die sofort einkassieren kann.»
Trotz der Zunahme der Besucher waren bisher die Parkplätze an den verschiedenen Brückenköpfen nie restlos überfüllt gewesen. «Es hatte immer noch Platz», weiss Peyer. «Die Autofahrer sind sehr diszipliniert. Es wird kaum wild parkiert.» Die Sperrung von Parkplätzen wie über Ostern am Hallwilersee, am Türlersee und auf der Albispasshöhe sei hier kaum zu spüren gewesen. «Trotzdem prüften wir die Situation laufend und hätten eingegriffen, wenn es nötig gewesen wäre.» Die Arbeit seines Dienstes beschränke sich auf die naturschutzrelevanten Störungen. «Die Abstandsregel gehört nicht dazu, weshalb wir Gruppen auch nicht darauf ansprechen.»
Hund jagte Wildtiere
Der Info- und Aufsichtsdienst kämpft bei seiner Arbeit oft gegen uneinsichtige Hundehalter, die ihre Tiere nicht an der Leine halten. «Erstaunlich für mich ist, dass in diesem Bereich die Verstösse nicht zugenommen haben. Und dies obwohl wir feststellen, dass viele Leute das Gebiet zum allerersten Mal besuchen», so Peyer. Wobei ein einziger nicht angeleinter Hund bereits grossen Schaden anrichten kann.
Info- und Aufsichtsdienstler Bruno Furrer beobachtete einen Hund, der ohne sichtbaren Halter in einem Schutzgebiet umhersprang, sämtlichen Vögel nachstellte und danach noch Rehe jagte. «Als ich die Besitzerin fand, half sie mir, ihren Hund einzufangen. Sie war neu hier und kannte die Gefahr, die von ihrem Hund ausgeht, nicht.» Niklaus Peyer betont, dass durch solche Aktionen ganze Vogelbruten aufgegeben werden können. Das sei bei den hier vorkommenden, in der Schweiz sehr seltenen Arten besonders gravierend.
Barrieren aus Düften
Ebenfalls grosse Störungen verursachen Leute, die in den für Menschen gesperrten Naturschutzgebieten picknicken oder sich sonnen. «Selbst wenn sie sich dabei ganz ruhig verhalten, stellen sie für die Tiere eine permanente Gefahr dar, weshalb sie diesen Abschnitt länger meiden. Zudem hinterlassen die Menschen so Duftspuren, die noch mehrere Tage eine Barriere für die Arten darstellen», stellt Niklaus Peyer klar. Er appelliert deshalb an die Besucher, unbedingt vorgängig die angebrachten Tafeln mit den Regeln zu studieren und diese einzuhalten.
Niklaus Peyer erwartet trotz Lockerung der Pandemiemassnahmen eine konstant hohe Besucherzahl. «Solange die Grenzen nicht komplett offen sind, werden viele Leute unsere Gebiete besuchen. Gerade unter der Woche sind die Zahlen stark gestiegen. Zurzeit prüfen wir mit dem Kanton, ob wir unsere Patrouillen verstärken können. Dies auch im Hinblick auf die Sommerferien.»
Unerwünschte Musik auf Booten
Ebenfalls gespannt ist er, wie sich die Situation bei den Bootsfahrten auf der Reuss entwickelt. «Es ist zwar nur verboten, in die Flachwasserzonen des Flachsees zu fahren. Wenn auf der Reuss aber alle fünf Meter ein Boot kommt und aus diesen noch laute Musik dröhnt, stresst das die Tiere in den Gebieten um die Reuss zusätzlich und entspricht nicht dem Nebeneinander von Schutz der Natur und Erholung der Menschen.» Ein weiteres Problem würden hier auch die Abfallberge bilden, die von den Böötlern hinterlassen werden. Peyer wünscht sich deshalb von den Gummibootfahrern, dass sie ihren Abfall mitnehmen und auf Musik verzichten und dafür die Klangkulisse dieser einmaligen Umgebung geniessen.
Im Vergleich zum Hallwilersee laufe aber im Reusstal noch alles in einem guten Rahmen. «Die Leute sind grossmehrheitlich freundlich und zuvorkommend. Ausserdem verteilen sie sich gut. Wir sind auf gutem Weg», ist er optimistisch.