Gegensteuer gegeben
22.05.2020 KelleramtDer Rottenschwiler «Swiss Beef»-Präsident Franz Hagenbuch kämpft gegen tiefe Rindleischpreise
Mit Start der Coronakrise sank die Rindieisch-Nachfrage stark. Franz Hagenbuch war mit seinem Verband «Swiss Beef» sehr ...
Der Rottenschwiler «Swiss Beef»-Präsident Franz Hagenbuch kämpft gegen tiefe Rindleischpreise
Mit Start der Coronakrise sank die Rindieisch-Nachfrage stark. Franz Hagenbuch war mit seinem Verband «Swiss Beef» sehr gefordert.
Roger Wetli
Rindfeisch wird öfters im Restaurant als zu Hause konsumiert. Deshalb traf die Schliessung der Gastronomie die Rindfeischproduzenten und -verarbeiter besonders heftig. Die Preise felen in den Boden.
Franz Hagenbuch aus Rottenschwil vertritt als «Swiss Beef»-Präsident die Interessen der Landwirte, die einen Schwerpunkt auf die Rindermast setzen. «Es war eine intensive Zeit», blickt er zurück. «Zum Glück zeigten die getroffenen Massnahmen bald Wirkung.» Zuerst wurden grössere Mengen des verarbeiteten Fleisches eingefroren. Zudem konnte der Import reduziert werden. «Das Verbot des Einkaufstourismus im Ausland half uns ebenfalls», betont Hagenbuch. Ein weiterer Schub gab die Bekanntgabe des Bundesrates, dass die Restaurants wieder öffnen dürfen.
Die Preise für Rindieisch sind jetzt wieder stabil. Gespannt ist Franz Hagenbuch, welche Auswirkungen die steigende Arbeitslosigkeit und die verbreitete Kurzarbeit haben wird. «Rindfeisch ist im Vergleich zu anderen teurer», weiss er. «Ich hoffe, dass sich die Konsumenten trotzdem noch Rind leisten werden.»
Die Krise habe gezeigt, dass sein Produkt eines sei, das man lagern und bei Bedarf verkaufen könne. «Wir tragen damit zur Versorgungssicherheit von Lebensmitteln der Schweiz bei.»
Stark gefordert
«Swiss Beef»-Präsident Franz Hagenbuch erlebte den Preiszerfall des Rindfleisches
Die Coronapandemie forderte auch bei den Fleischproduzenten ihre Opfer. Die Fleischpreise brachen bald nach dem Lockdown ein. «Swiss Beef»-Präsident Franz Hagenbuch aus Rottenschwil erklärt, wie sie wieder erfolgreich Gegensteuer geben konnten.
Roger Wetli
Dramatisches spielte sich Mitte März ab: Das Bedürfnis nach Rind- und Kalbfleisch sank mit dem Lockdown plötzlich sehr stark. Entsprechend sanken auch die Preise. Für die Produzenten eine Katastrophe. «Grund dafür war die Schliessung der Gastronomie», weiss «Swiss Beef»-Präsident Franz Hagenbuch aus Rottenschwil.
Sein Verein vertritt die Interessen von rund 500 Betrieben, die einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Produktion von Rindern setzt. Er selber mästet rund 200 Tiere auf seinem Hof in Werd. «Verglichen mit zu Hause wird in der Gastronomie viel mehr Rindfleisch gegessen. Dies auch im Verhältnis zu Poulet- und Schweine-Erzeugnissen», erklärt er. Grund dafür sei die Zubereitung. «Diese ist bei Rindfleisch anspruchsvoller und dauert länger. Deshalb trauen sich Private weniger, damit zu kochen.»
Alle im gleichen Boot
Hagenbuch erlebte intensive Wochen. «Ich war stark gefordert, habe sehr viele Telefongespräche geführt. Teilweise war ich die Hälfte des Tages nur am Telefon», erklärt er. Franz Hagenbuch führte Gespräche mit Berufskollegen, Verwertern und Händlern. Die Stimmung sei sehr konstruktiv gewesen. «Schliesslich war niemand für diese Krise verantwortlich. Alle sassen im gleichen Boot.»
In einer ersten Phase mussten die Verarbeitung und der Verkauf des Rindfleisches umgestellt werden. «Es waren mehr Wurstwaren gefragt. Zudem bezieht die Gastronomie grösste Fleischstücke als Private. Auch da musste entsprechend reagiert werden», so Hagenbuch.
Importe reduziert
Um den Preiszerfall zu stoppen, wurden weitere Massnahmen beschlossen. «Wir froren mehr Fleisch ein als sonst. Das Verfahren ist uns bekannt, da die Kälber oft zu einer ähnlichen Jahreszeit schlachtreif werden, der Markt aber einen konstanteren Bedarf hat.» Zudem wurde der Import von Rindfleisch stark reduziert. Zu normalen Zeiten macht dieser rund einen Fünftel des Gesamtvolumens aus. «Geholfen haben auch die geschlossenen Grenzen und die Unterbindung des Einkaufstourismus im nahen Ausland», so Hagenbuch. «Die Leute sind dadurch gezwungen, ihre Lebensmittel in der Schweiz einzukaufen.» Der letzte Punkt, der zur Preiserholung führte, war die Ankündigung der Wiedereröffnung der Restaurants. «Die Gastronomie hat wieder Bedarf nach Rindfleisch. Wenn auch aktuell noch nicht im gleichen Ausmass wie vor der Pandemie», weiss Hagenbuch.
Während der ganzen Zeit seien die Gespräche mit allen Beteiligten gut gewesen. «Die Abnehmer zeigten sich kulant. So musste man zum Beispiel bei zu schweren Tieren keine Strafe zahlen», ist der Präsident von «Swiss Beef» froh. Grossverteilern steht er aufgrund ihrer grossen Marktmacht grundsätzlich kritisch gegenüber. «In dieser Krise haben sie Hand geboten und sich in jeder Hinsicht vorbildlich verhalten», lobt der «Swiss Beef»- Präsident.
Kalbfleisch unter Druck
Nach drei Wochen konnte die Einlagerung von Rindfleisch wieder gestoppt werden. Die Situation habe sich entspannt. Anders beim Kalbfleisch. «Dieses Produkt war bereits vorher unter Druck. Diese Tendenz hat sich noch akzentuiert. Erste Betriebe mussten mit der Produktion aufhören. Den Betrag, den wir nicht mehr für die Einlagerung von Rindfleisch benötigten, gaben wir den Kälbermästern weiter.»
Gras zu Fleisch umwandeln
Die Rindfleischproduzenten seien wieder im Normalbetrieb. «Spannend wird jetzt sein, wie sich durch die verbreitete Kurzarbeit und vermehrte Arbeitslosigkeit die Kaufkraft entwickeln wird. Und welche Auswirkungen das auf den Konsum von Rindfleisch hat», blickt er voraus. «Es ist ein eher teures Produkt», weiss er.
Die Krise habe gezeigt, dass die Landwirtschaft systemrelevant sei. «Fleisch ist ein Notvorrat, den man dank dem Einfrieren importunabhängig nach und nach verkaufen kann.» Hagenbuch weist darauf hin, dass nur rund 30 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Landesfläche überhaupt ackerfähig ist. «Auf dem Rest wächst Gras, das zuerst über einen Tiermagen in eine für den Menschen nutzbare Nahrungsform umgewandelt werden muss.» Franz Hagenbuch wünscht sich deshalb eine Versachlichung der Diskussion über den Fleischkonsum, dies auch im Zusammenhang mit den Umweltproblemen.