Päckli packen statt Tore schiessen
14.02.2020 WohlenSpieler des FC Aarau und der Zivilschutz bei «2-mal Weihnachten» dabei
Seit vielen Jahren finden das Sortieren und Verpacken der Waren in der Bleichi Wohlen statt. Dieses Jahr gab es gleich zwei Neuerungen: Erstens übernahm der Zivilschutz ...
Spieler des FC Aarau und der Zivilschutz bei «2-mal Weihnachten» dabei
Seit vielen Jahren finden das Sortieren und Verpacken der Waren in der Bleichi Wohlen statt. Dieses Jahr gab es gleich zwei Neuerungen: Erstens übernahm der Zivilschutz den Transport. Und zweitens packten neben den freiwilligen Helfern auch Profisportler mit an.
Chregi Hansen
Am Mittwochnachmittag trat der FC Aarau in einem Testspiel gegen die verstärkte U21-Equipe des FC Basel an und siegte dort mit 4:2. Nur wenige Stunden zuvor waren mehrere Akteure des Vereins auf ganz andere Art gefordert. In der Wohler Bleichi unterstützten sechs Spieler die Aktion «2-mal Weihnachten».
Schon letztes Jahr machte der FCA mit bei einer Kampagne für das Aargauer Rote Kreuz, welche auf den grossen Wert der Freiwilligenarbeit hinwies. Nun folgte also der Tatbeweis. Fast 10 Tonnen Nahrungsmittel und Hygieneartikel wurden in Wohlen sortiert, abgepackt und zum Transport bereitgestellt. Und trotz des Spiels am Nachmittag halfen die Profifussballer tatkräftig mit. «Wir sind heute extrem schnell unterwegs», stellt darum auch Anette Grossenbacher, die Leiterin der Rotkreuz-Regionalstelle Freiamt, fest.
Anpacken trotz Geburtstag
Die Stimmung ist bestens an diesem Morgen. Während die bewährten freiwilligen Helfer des Roten Kreuzes für einmal nur Anweisungen geben, übernehmen die Sportler die eigentliche Packarbeit. Unter ihnen auch der Wohler Marco Thaler. «Es ist schön, mal wieder in der Heimat im Einsatz zu sein», sagt er. Die Arbeit mache Spass und sei eine Abwechslung. «Sonst hätten wir jetzt Training», fügt er lachend an. Der Wohler Fussballer macht seine Aufgabe gut, wie der freiwillige Helfer Peter Fugi Füglistaller lobend feststellt, der an diesem Vormittag zusammen mit Thaler ein Team bildet.
Die Spieler hätten sich alle freiwillig gemeldet für den Einsatz, betont Thaler, man wolle damit ein Zeichen setzen. Schliesslich proftieren auch die Fussballer von viel Freiwilligenarbeit. Trotz der momentanen Negativ-Serie in der Meisterschaft bleibt er optimistisch. «Es braucht einfach mal ein Erfolgserlebnis, dann läuft es wieder», ist er überzeugt. Und schnappt sich einen weiteren leeren Karton und eine Packliste, während nebenan seine Teamkollegen Mats Hammerich gratulieren, der an diesem Tag seinen 22. Geburtstag feiern kann und trotzdem an der Aktion mitmacht. Auch er findet Spass daran. «Wir werden hier bestens instruiert», lobt er die Helferinnen und Helfer des SRK. Und feiern kann er später immer noch.
Mehr als 60 000 Pakete
Dass das Rote Kreuz bei dieser Aktion zusätzliche Unterstützung erhält, ist nichts Neues. In den letzten Jahren waren es meist Teilnehmer eines Volunteering-Programms einer Bank. Diesmal also Fussballprofis. «Die Zusammenarbeit mit den Sportlern ist völlig unkompliziert», freut sich Grossenbacher. Am Tag zuvor hatten die freiwilligen Helfer selber schon einen Grossteil der Vorarbeit geleistet und sortiert, jetzt galt es, die angelieferten Waren nach einer genauen Liste in Kartons zu verpacken und für den Abtransport bereitzustellen. Die Pakete gehen an soziale Institutionen, Gemeinden und Soziale Dienste, welche dann die Feinverteilung übernehmen. Unter dem Strich profitieren allein im Aargau mehr als 4000 armutsbetroffene Personen und Familien von der Aktion.
«In der Bevölkerung ist die Aktion sehr gut verankert, die Spenden bewegen sich seit Jahren auf einem hohen Niveau», betont auch Sonja Geissmann, die Leiterin Kommunikation & Fundraising beim Aargauer Roten Kreuz. Bei der 23. Auflage der Aktion «2-mal Weihnachten» wurden schweizweit insgesamt 61 170 Spendenpakete, davon 59 400 Geschenkpakete und 1770 Online-Pakete, gespendet. Damit kann die Aktion an den Erfolg des Vorjahres (total 60 000 Pakete) anknüpfen.
Sinnvolle Weiterbildung für Zivilschutz
Erstmals übernahmen den Transport der Pakete nicht die freiwilligen Fahrer des Roten Kreuzes, sondern der Zivilschutz. «Es ist nicht so, dass wir nicht genügend Helfer hätten», erklärt Anette Grossenbacher, «aber die bisher dafür eingesetzten Fahrzeuge werden eigentlich für den Personentransport benötigt.» Zudem sind die Kisten teilweise sehr schwer, das Beladen, Abladen und Verteilen körperlich anstrengend. Für den Zivilschutz ist es hingegen eine wunderbare Einsatzmöglichkeit. «Wir nutzen das als Weiterbildung für unsere Fahrer», erklärt Ewald Müller, der Kommandant der Zivilschutzorganisation Wartburg.
Mit elf Mann ist seine ZSO am Donnerstag im Aargau unterwegs. «Ein solch sinnvoller Auftrag wird von allen Zivilschützlern sehr gerne und mit viel Herzblut erledigt», betont der Kommandant. Die Partnerschaft zwischen SRK und ZSO wird darum auch in den nächsten Jahren fortgesetzt. «Davon profitieren beide Seiten», sind Grossenbacher und Müller überzeugt. Ob der FC Aarau wieder Spieler delegiert, ist noch nicht bekannt. Marco Thaler hingegen wird man sicher bald wieder in Wohlen antreffen. «Wenn es geht, werde ich mir die Spiele meines alten Vereins sicher ansehen», verspricht er.
Aktion «2-mal Weihnachten»
Bereits zum 23. Mal rief die Aktion dazu auf, vom 24. Dezember 2019 bis 11. Januar 2020 Pakete für armutsbetroffene Menschen in der Schweiz und in Osteuropa zu spenden. Unter dem Motto «Gemeinsam verpacken wir Glück» sammelten die vier Trägerorganisationen Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK), SRG SSR, Schweizerische Post und Coop lang haltbare Lebensmittel, Körperhygieneartikel und Online-Pakete.
Die Lebensmittel und Körperhygieneartikel aus den 59 400 Geschenkpaketen werden Armutsbetroffenen in der Schweiz verteilt. Mit dem Betrag aus den Spenden der 1770 Online-Pakete kauft das SRK im Ausland vor Ort Waren ein und verteilt diese direkt vor Ort. Dies erlaubt es, auf Lastwagentransporte quer durch Europa zu verzichten. Folgende Länder werden berücksichtigt: Bosnien und Herzegowina, Moldawien und Kirgistan.
In der Schweiz leben über 8 Prozent der Bevölkerung in Armut. Sie müssen mit weniger als 2300 Franken pro Monat auskommen. Ihnen hilft «2-mal Weihnachten». Die Gründe, warum jemand in die Armut abrutscht sind vielfältig: Arbeitslosigkeit in höherem Alter, Scheidung, Krankheit oder Unfall, Working Poor etc.
Das Aargauer Rote Kreuz fragt soziale Einrichtungen und Gemeinden im Vorfeld an, welche Spendenartikel und in welcher Menge sie für wie viele armutsbetroffene Menschen in ihrer Einrichtung/Gemeinde benötigen. 46 Institutionen und Gemeinden haben in diesem Jahr eine Warenwunschliste abgegeben. Bei der diesjährigen Aktion kann das SRK Kanton Aargau insgesamt 9,5 Tonnen Lebensmittel und Körperhygieneartikel verteilen, davon profitieren rund 4000 armutsbetroffene Familien und Einzelpersonen im Kanton Aargau. --red