Das Jahr der Ernte
21.02.2020 SchwingenDer Freiämter Stefan Strebel wird bald der höchste Schweizer Schwinger sein
Er hatte einen Plan – und der ging auf. Stefan Strebel wird in drei Wochen zum eidgenösischen technischen Leiter gewählt und wird damit der höchste Schwinger der ...
Der Freiämter Stefan Strebel wird bald der höchste Schweizer Schwinger sein
Er hatte einen Plan – und der ging auf. Stefan Strebel wird in drei Wochen zum eidgenösischen technischen Leiter gewählt und wird damit der höchste Schwinger der Schweiz. Dies war bereits sein Ziel, als er 2005 vom Schwingsport zurücktrat.
Stefan Sprenger
Er ist eine Erscheinung. Auch wenn er sagt, er habe 15 kg abgenommen, hat Stefan Strebel noch ein «geschätztes Kampfgewicht von 100 kg». Aber kämpfen tut er im Sägemehl schon lange nicht mehr. 2005 trat er nach dem Guggibad-Schwinget ab. Nach fast 50 Kränzen, davon drei eidgenössichen, trat er damals mit jungen 28 Jahren von der Schwingerbühne ab. Schon damals – im Moment des Rücktritts – hatte der clevere und zielstrebige Strebel einen Plan. Beruflich, sportlich, privat. Und 2020 ist das Jahr der Ernte für ihn.
«Erfolg ist eine Treppe, keine Tür»
Er arbeitete auf sein Ziel hin, einmal der höchste Schwinger des Landes zu werden. Er absolvierte die «J+S»- Ausbildungen, trat der Fachkommission in Magglingen bei, war sechs Jahre Nachwuchschef, vier jahre technischer Leiter Junioren und neun Jahre technischer Leiter der Aktiven beim Nordwestschweizerischen Schwingerverband. «1000 Stunden Aufwand, ein Ziel», sagt der 42-Jährige. Sein Motto: «Erfolg ist eine Treppe, keine Türe.»
Unbeirrt ging er seinen Weg. Und hat dieses Ziel bald erreicht. Am 14. März an der Abgeordnetenversammlung des Eidgenössischen Schwingerverbandes in Pratteln wird er zum technischen Leiter gewählt. Dann will er seine starke Arbeit weiterziehen, als «Chef» bei den Schwingfesten auf nationaler Ebene der nächsten sechs Jahre. «Druck ist da», sagt der Villmerger, der heute in Hendschiken lebt. Er habe Ideen, die den Schwingsport verfeinern sollen. Beispielsweise will er die Einteilungen transparenter machen für Fans und Medien. Und er will die Kampfrichter mehr professionalisieren. «Es gibt viel zu tun», so Strebel, der auch beruflich neue Wege geht. Begonnen als Lehrling bei der Metzgerei Sax in Büttikon wird er in diesen Tagen Geschäftsführer eines 100-Millionen-Betriebs. Angesichts dieser zwei neuen und riesigen Aufgaben brauchte er eine Auszeit und reiste alleine in die Wüste. Er musste über einige Dinge nachdenken. Denn die Zukunft hält grosse Aufgaben für ihn bereit.
Gedanken auf Omars Rücken
Der Freiämter Stefan Strebel wird der höchste Schwinger der Schweiz
Stefan Strebel hat ereignisreiche Zeiten vor sich. Im Juli wird er Geschäftsführer der Traitafina AG in Lenzburg, im März der höchste Schwinger der Schweiz und nebenbei begleitet er seinen Sohn Mario auf dem Weg zum Profifussballer. Um Anlauf zu holen, ging er in die Wüste nach Ägypten.
Stefan Sprenger
Kamel Omar hatte schwer zu heben. 105 kg Stefan Strebel musste er durch die Wüste tragen. Gemäss Strebel – der 15 kg abgenommen hat – musste das Kamel viel trinken. Aber Omar geht es super. Ein Kamel kann bis zu zirka 450 Kilogramm tragen – die angemessene Traglast beträgt rund 150 Kilogramm. Dass Schwinger Strebel in der Wüste von Ägypten auf dem Rücken eines Kamels sitzt, hat seinen guten Grund. «Es hat gebrodelt in mir», sagt Strebel. Anfang Februar bucht er zehn Tage Ferien und sitzt vier Tage später schon im Flieger Richtung Hurghada. «Ich musste abschalten, nachdenken», so Strebel. Er ging alleine in den Urlaub, wie schon 2019.
Nachdenken musste er über seine bevorstehenden Aufgaben. Allen voran über sein neues Amt, das er ab 14. März innehaben wird. Er wird technischer Leiter des Eidgenössischen Schwingerverbandes. An der Abgeordnetenversammlung in Pratteln – wo das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest 2022 stattfindet – hat er keinen Gegenkandidaten. Die Wahl ist nur noch Formsache. Somit wird Strebel der erste Nordwestschweizer, der dieses Amt in den 24 Jahren, seit es diese «Stelle» gibt, besetzen wird.
«Ich bin ein guter Funktionär»
Es ist für ihn ein Traum, der in Erfüllung geht. Strebel ist dreifacher «Eidgenosse» und damit der beste Freiämter Schwinger aller Zeiten. Seit seinem Rücktritt im Jahr 2005 hat er zielstrebig auf dieses Ziel hingearbeitet, viele Funktionärstätigkeiten mit Bravour erfüllt und sich einen Namen gemacht. «Ich bin ein guter Funktionär», sagt er sebstbewusst. «Und ich möchte dem Schwingsport etwas zurückgeben, denn er hat mir viel gegeben.» Beispielsweise sein grosses Selbstvertrauen und seine vorbildliche Selbstreflexion. Strebel erklärt: «Mit acht Jahren habe ich mit dem Schwingen begonnen. Bei jedem verlorenen Kampf putzt man den Rücken des Gegners ab. Entweder man zerbricht daran, oder man wächst.» Er ist gewachsen – und jetzt, nach neun Jahren technischer Leiter der Aktiven des Nordwestschweizerischen Verbandes, ist er reif, das Oberhaupt des Landesverbandes zu werden.
Seine Pläne mit dem Schwingen
«Dranbleiben» müsse er. Denn: «Druck ist vorhanden». Er will den Job nicht einfach erledigen, er will ihn sackstark machen. Seine Pläne als höchster Schwinger der Schweiz? «Regelanpassungen», meint Strebel. Er habe neue Ideen, das wird ihn viel Zeit kosten. Natürlich braucht er immer den Support bei den Abgeordnetenversammlungen, denn Schwingen ist keine Diktatur. Er möchte auch einen «Relaunch» bei den Kampfrichtern durchführen, und es professioneller machen. Zudem will er die Einteilungen bei den Schwingfesten transparenter machen für Medien und Fans. «Die Leute sollen erleben, wie das läuft», so Strebel.
Auch über seine berufliche Laufbahn machte er sich auf Omars Rücken viele Gedanken. Denn auch dort hat er einen grossen Wurf vor sich. Angefangen als Lehrling bei der Metzgerei Sax in Büttikon, machte er danach eine Lehre als Kaufmann bei der Traitafina in Lenzburg, blieb danach neun Jahre im Lebensmittelhersteller-Betrieb, bevor er in die weite Arbeitswelt auszog.
Bald Boss von 250 Mitarbeitern
Jetzt, rund 30 Jahre später, übernimmt er Anfang Juli das Geschäft vom 80-Jährigen Gründer Hermann Bader. Strebel wird Geschäftsführer dieses 100-Millionen-Betriebs mit 250 Mitarbeitern. Auch dies ist ein Traum, der in Erfüllung geht. Und auch hier sagt Strebel, der zuvor Geschäftsführer der Braunwalder AG in Wohlen war: «Dranbleiben, die Konkurrenz schläft nicht.»
Auf Omars Rücken dachte er auch über seine Familie nach. «Alles gut», sagt Strebel, verheiratet mit Frau Fabienne Strebel (früher Bee), einer waschechten Wohlerin. Zudem hat er zwei Kinder. Tochter Larissa und Sohn Mario. Jener 13-Jährige ist seit Jahren Captain der Juniorenauswahl der Grasshoppers und auf dem Weg zum Profifussballer. «Da gibt es viele Entscheidungen zu fällen», meint Strebel. Beispielsweise, wo er zur Schule geht. «Die Bezirksschule wird er in Dottikon machen, alles andere wäre sonst zu viel.» Auch da gilt für ihn: dranbleiben.
Vorfreude auf Höhepunkte – auch auf Beinwil
Dies gibt er auch allen Freiämter Schwingern mit auf den Weg, allen voran Joel Strebel und Andreas Döbeli, den beiden Kranzgewinnern vom Eidgenössichen in Zug. Nach 2004 und Stefan Strebel waren es diese beiden Schwinger, die für das Freiamt erstmals wieder einen Kranz holen konnten. «Sie sind jetzt die Gejagten. Ihre Gegner werden scharf sein, einen Eidgenossen zu bezwingen. Strebel und Döbeli müssen in jedem Kampf bereit sein.» Etwas, was er selbst auch erfahren hat. «Es ist nicht so einfach, damit umzugehen.»
Der Villmerger Strebel, der im Vorstand des 77er-Jahrgangs der «Güüggi-Buebe» in Villmergen ist, feiert am 8. März seinen 43. Geburtstag und wird nur Tage später zum höchsten Schwinger der Schweiz. Er freut sich auf das Jahr 2020 mit vielen Höhepunkten. Beispielsweise dem Aargauer «Kantonalen» in Beinwil/Freiamt. Er wird dort zwar «nur» Ehrengast sein, jedoch «freut mich dieser Anlass in meiner Heimat extrem». Oder das Eidgenössische Jubiläums-Schwingfest Ende August in Appenzell, wo die 120 besten Schwinger der Schweiz gegeneinander antreten. Dann darf er alleine den 1. Gang zusammenstellen – wie an allen Festen auf nationaler Ebene. 15 000 Zuschauer werden da sein. «Es wird mein erster grosser Anlass als technischer Leiter des Eidgenössischen Schwingerverbands», so Strebel. Weitere folgen in seinen sechs Jahren Amtszeit – darunter das «Unspunnen-Schwinget», das «Kilchberg-Schwinget» und das «Eidgenössische» 2022 in Pratteln als absolutes Highlight.
Auf Omars Rücken hat sich Stefan Strebel Gedanken gemacht, abgeschaltet und raufgeschaltet – denn die nächste Zeit wird spannend. Seine Nutzlast in den nächsten Jahren wird jene von Kamel Omar wohl übertreffen. Braungebrannt und total erholt sagt Strebel: «Ich bin bereit.»