Bereit für die vierte Revolution
13.12.2019 WohlenDie Camille Bauer Metrawatt AG feierte ihren 75. Geburtstag
Sie war früher einmal die grösste Arbeitgeberin in Wohlen. Und hat viele stürmische Zeiten überstanden. Auch aktuell steht das Unternehmen vor grossen Herausforderungen. «Aber wir werden ...
Die Camille Bauer Metrawatt AG feierte ihren 75. Geburtstag
Sie war früher einmal die grösste Arbeitgeberin in Wohlen. Und hat viele stürmische Zeiten überstanden. Auch aktuell steht das Unternehmen vor grossen Herausforderungen. «Aber wir werden diese meistern», ist Verwaltungsratspräsident Hans-Peter Opitz überzeugt.
Chregi Hansen
Mit einem Blick in die Vergangenheit, in die Gegenwart und in die Zukunft beging die Camille Bauer ihr Jubiläum und lud dazu alle Mitarbeiter und den gesamten Verwaltungsrat ein. Umrahmt von passenden Melodien des Familienorchesters Bürger fanden die verschiedenen Redner die passenden Worte zur Entwicklung des Unternehmens. Und so manche Information dürfte auch für langjährige Angestellte neu gewesen sein.
50 Lehrlinge und eine eigene Blaskapelle
Für die Rückschau hatten die Verantwortlichen die ideale Person gefunden. Der mittlerweile pensionierte Hanspeter Meyer hatte mehr als 50 Jahre in der Firma gearbeitet. Er erinnert sich noch gut, wie er 1965 die Lehre begann. Damals beschäftigte die Camille Bauer mehr als 400 Mitarbeiter und war mit 50 Lehrlingen eine der grössten und besten Ausbildungsstätten im Kanton. Das Firmengebäude am Trottenweg platzte aus allen Nähten. «In den benachbarten Häusern wurden Wohnungen gemietet, um dort Labors einzurichten, und im Aesch wurden zwei Werkstätten gemietet», erinnert sich Meyer.
Er betont den grossen Zusammenhalt im Betrieb. «Es gab eine eigene Feuerwehr, eine eigene Blaskapelle und ein eigenes Fussballteam», berichtete er. Es folgte der Umzug in den früheren Firmensitz der Georges Meyer & Co. AG beim Bahnhof. Hier fanden alle Abteilungen endlich unter einem Dach Platz. Die Produkte aus Wohlen waren damals gefragt, auf die beliebten Registriermaschinen mussten Kunden schon mal zwei Monate warten, weil so viele Bestellungen vorlagen.
Engagierte Mitarbeiter als Grundlage des Erfolges
«Der Vorteil eines solch grossen Betriebes war es, dass man sich intern immer wieder neuen Herausforderungen stellen konnte», so Meyer weiter. Er schätzte das gute Arbeitsklima und die vielen spannenden Aufgaben. Und auch wenn es viele stürmische Zeiten und Krisen gab, «den Lohn habe ich in diesen 50 Jahren immer pünktlich erhalten.»
Heute ist das Unternehmen viel kleiner. Vom einst grossen Firmengelände wird nur noch ein kleiner Teil genutzt, die Mitarbeiterzahl liegt derzeit bei rund 80 Personen. «Wir haben in den letzten Jahren viel Neues eingeführt», erklärte der heutige Produktionsleiter Marco Hochstrasser. Die Basis des Erfolges seien neben schlanken und gut funktionierende Prozessen motivierte und engagierte Mitarbeiter. Letzteres sei im Betrieb täglich spürbar. Die grösste Herausforderung sei im Moment die Balance zwischen den Mitarbeiterkapazitäten und der Auslastung.
Das Unternehmen müsse sich ständig modernisieren. «Dabei müssen wir nicht alles umsetzen, was es gibt, sondern immer schauen, was zu uns passt», betonte Hochstrasser. Dies besonders in Hinblick auf die Industrie 4.0, der umfassenden Digitalisierung der industriellen Produktion. «Wir stehen vor einer spannenden Zeit und tun alles, um den Produktionsstandort Wohlen zu erhalten», so Hochstrasser.
Markt bietet viele Chancen
Einen Ausblick in die Zukunft der Firma wagte Geschäftsführer Max Ulrich. «Wenn wir wissen wollen, was auf uns wartet, müssen wir die Experten fragen. In unserem Fall sind das die Kunden. Wir müssen wissen, was sie von uns verlangen», begann er seine Ausführungen. Die ganze Elektrizitätswirtschaft stehe heute im Umbruch und es eröffnen sich viele neue Fragen bezüglich des Transports, der Verteilung und der Verfügbarkeit von Strom. «In diesen Veränderungen liegen Chancen für uns, wenn wir die passenden Produkte anbieten können», betonte der Geschäftsführer.
Und genau an der Entwicklung solch neuer Produkte ist die Camille Bauer derzeit. «Was wir produzieren, bleibt für den Kunden unsichtbar, ist aber für ihn wertvoll», so Ulrich. Ziel sei es, jeweils massgeschneiderte Lösungen anzubieten. «Die Gehäuse, in der wir unsere Technik verbauen, sind in vielen Fällen das Gleiche. Das Innenleben ist aber völlig anders.» Dabei sieht er die Zukunft durchaus positiv. «Das Thema Strom ist aktuell geworden, man spricht davon. Wir haben das nötige Know-how und die Produkte dazu.»
Beitrag leisten zur 4. industriellen Revolution
Extra aus Deutschland angereist war Hans-Peter Opitz, Vorsitzender der Geschäftsführung und Verwaltungsratspräsident der Gossen Metrawatt, der Muttergesellschaft der Camille Bauer. Er erinnerte daran, dass Firmengründer Camille Bauer schon früh den richtigen Riecher hatte und bereits 1900 eine erste Handelsfirma gründete für Elektrogeräte. «Dabei wurde die Glühbirne erst 1881 erfunden und der Strom konnte erst 1891 über längere Distanzen transportiert werden», erklärte er. Schon diese erste Firma beschäftigte zeitweise 100 Mitarbeiter.
1944 erfolgte die Gründung der heutigen Camille Bauer in Wohlen – weil kriegsbedingt keine Produkte mehr aus Deutschland bezogen werden konnten, wurde auf eigene Produktion gesetzt. Camille Bauer habe ihren Betrieb während der zweiten industriellen Revolution aufgebaut, heute stehe man vor der 4. industriellen Revolution. Und auch hier könne die Camille Bauer einen grossen Beitrag leisten.
«Der Kunde will, dass immer Strom aus der Steckdose fliesst, wenn er ihn braucht. Aber für das Stromnetz ist jede Steckdose eine Störung», sagte Opitz. Mit ihren innovativen Produkten im Bereich elektrotechnischer Prozesse könne das Unternehmen zur Netzqualität beitragen. «Der Kunde will nicht wissen, wie es funktioniert. Er will nur, dass es funktioniert. Es reicht, wenn wir wissen, was drinsteckt», so der Verwaltungsratspräsident. Und dabei gelte nach wie vor: Produkte «Made in Switzerland» seien ein Gütesiegel. «In diesem Sinne wird das deutsche Mutterhaus euch weiter unterstützen», versprach er.



