Hitzesommer als Warnschuss

  25.01.2019 Wohlen

Projekt «Wasser 2035» soll in abgewandelter Form weiterentwickelt werden

Die Idee einer Ringleitung durch Bünz- und Reusstal finden alle gut. Doch kaum jemand will seine eigenen Anlagen abgeben. Jetzt wird ein überarbeitetes Konzept vorgelegt.

Chregi Hansen

Die durchgeführte Vernehmlassung bei den Gemeinden zeigt ein klares Bild. Praktisch alle können sich einen Beitritt zum Projekt «Wasser 2035» reit, gewisse Teile seiner Wasserversorgung in die neue Gesellschaft einzubringen. Oder wie es Ingenieur Martin Schibli am Infoabend für die Gemeinden beschreibt: «Unser Vorschlag überzeugt auf technischer Ebene. Das geplante Betriebskonzept findet aber keine Mehrheit.»

Die Gründe für die ablehnende Haltung sind verschieden. Zum einen müssten fast alle Gemeinden die Übertragung der Anlagen dem Souverän vorlegen. «Und viele sind überzeugt, dass die Einwohner dem nicht zustimmen», erklärt Peter Lehmann, und Initiator des Projekts. Andere Gemeinden bemängeln, dass die vorgeschlagene Lösung ihnen Nachteile bringt. «Wir sind überhaupt nicht gegen das Projekt. Aber in dieser Variante zahlen wir deutlich mehr, als wir bekommen, das ist nicht fair», sagt etwa Niederwils Gemeindeammann Walter Koch.

Nun soll das Konzept überarbeitet werden. An einer Ringleitung durch das Bünz- und Reusstal mit Anschluss an die reichen Grundwasservorkommen in Gebiet Lenzhard soll festgehalten werden. Das Betriebstuten müssen aber komplett überarbeitet werden, dazu braucht es separate Vereinbarungen mit allen beteiligten Gemeinden. Diese müssen sich jetzt entscheiden, ob sie den Weg weitergehen. Der Hitzesommer 2018 mit der damit verbundenen Wasserknappheit sollte allen eine Lehre sein. Die geplante Ringleitung würde die Versorgungssicherheit erhöhen. «Viele sind letztes Jahr an eine Grenze gestossen, jetzt ist es Zeit zu handeln», sagt darum Lehmann.


Bald schon Tessiner Klima?

«Wasser 2035»: Das Konzept für eine Ringleitung muss überarbeitet werden

Die Verantwortlichen müssen nochmals über die Bücher. Das vorgelegte Konzept vermag die Gemeinden nicht zu überzeugen. Eine neue Variante wird aber nur ausgearbeitet, wenn die Mehrheit der Partner mitmacht. Diese müssen sich bis April entscheiden.

Chregi Hansen

Das Ziel ist das gleiche: Mit einer Ringleitung durch das Bünz- und das Reusstal soll gesichert werden, dass alle Gemeinden in der Region auch in Zukunft genug Trinkwasser haben. Geändert hat der Weg zu diesem Ziel. Und vor allem auch der Zeitplan.

Im Idealfall könne die geplante Aktiengesellschaft «Wasser 2035» per 1. Januar 2019 gegründet werden, hiess es vor anderthalb Jahren noch. Davon ist keine Rede mehr. Mehr noch: Die Gemeinden müssen erst einmal über die Zukunft des Projekts entscheiden. Und falls es weitergeht, sind die Verantwortlichen gefordert, das bisherige Konzept komplett zu überarbeiten. «Die von uns vorgeschlagene Lösung wäre die einfachere Variante gewesen, jetzt gehen wir eben den komplizierten Weg», fasst es Peter Lehmann, Geschäftsleiter der IBW AG und Initiator des Projekts, zusammen.

Zweite Variante wird nicht billiger

Der einfache Weg, das wäre die Gründung einer neuen AG gewesen, in welche die Gemeinden diejenigen Leitungen und Anlagen einbringen, welche für die Ringleitung nötig sind. Dagegen gibt es aber politischen Widerstand. Zwar möchten alle beteiligten Partner beim Projekt mitmachen, die eigenen Anlagen übertragen will aber niemand. Ganz überraschend kommt diese Haltung nicht. «Uns war bewusst, dass dies ein Problem sein könnte. Trotzdem haben wir im ersten Anlauf diese Lösung bevorzugt, weil sie effizienter ist», erklärte Lehmann am Infoabend für die Gemeinden. Und eines machte er deutlich: Eine zweite Variante, bei der alle Anlagen beim bisherigen Besitzer verbleiben, ist zwar machbar, «aber das Wasser wird dadurch nicht billiger.»

Heisse und trockene Sommer sind wohl bald normal

Aufgeben will man das Projekt nicht. Erst recht nicht nach dem letztjährigen Sommer, in welchem etliche Gemeinden bei der Wasserversorgung an ihre Grenzen stiessen. Ingenieur Martin Schibli machte deutlich, dass solche Verhältnisse keine Ausnahme bleiben werden. «Wir müssen mit deutlich wärmeren Sommern rechnen», erklärte er. Laut Studien des Bundes wird das Mittelland schon Mitte dieses Jahrhunderts ein Klima wie heute das Tessin haben. Mit dem Abstellen von Brunnen und dem Aufruf zum Wassersparen ist es spätestens dann nicht mehr getan. «Wir sind im letzten Sommer mit einem blauen Auge davongekommen. Jetzt müssen wir handeln», so Schibli.

Handeln heisst, die Vision «Wasser 2035» in ein reales Projekt zu verwandeln. Dass die Ringleitung technisch machbar ist, daran zweifelt niemand. Und mehrheitlich ist man für eine Umsetzung, auch wenn es teilweise noch Skepsis darüber gibt, ob dies wirklich nötig ist. «Natürlich können Bünz- und Reusstal ihre Probleme jeweils selber lösen. Aber damit lässt sich nicht sparen. Und nur die Ringleitung bringt wirklich eine Versorgungssicherheit», ist Lehmann überzeugt. Er hofft darum, dass die Gemeinden bereit sind, das Projekt weiterzuverfolgen und die notwendigen Gelder zu sprechen. Für die Phase 3 sind das minimal 1.20 und maximal 2.40 Franken pro Einwohner.

Weniger Investitionen, höhere Beschaffungskosten

In dieser Phase 3 müssen die Statuten der künftigen AG und die entsprechenden Verträge mit den Partnern überarbeitet werden. Es braucht ein neues Finanzkonzept und einen neuen Kostenteiler, dazu kommen Vereinbarungen mit allen externen Wasserwerken. «Die neue AG muss durch den Wegfall der Eigentumsvariante weniger Investitionen tätigen, dafür werden die Beschaffungskosten teurer», erklärt Schibli. Auch das Betriebskonzept muss neu erarbeitet werden; da die Anlagen im Besitz der Gemeinden bleiben, muss die künftige Nutzung vertraglich geregelt werden. Viel Papierkram also, der auf die Verantwortlichen wartet. Und die entsprechenden Unterlagen müssen dann auch wieder in die Vernehmlassung geschickt werden. Ziel ist es, dass bis Juni 2020 ein definitiver Entscheid gefällt wird.

Bevölkerungszahl wächst schneller als erwartet

Inzwischen haben sich noch zwei weitere Probleme offenbart. Zum einen scheint es, dass die Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung falsch sind. Die Bevölkerung der «Wasser 2035»-Gemeinden ist in fünf Jahren um 10 Prozent gewachsen. Vermutlich werden also viel mehr Personen Wasser benötigen als angenommen. «Die Zahl, die wir für 2035 errechnet haben, könnte schon bald erreicht werden», sagt Ingenieur Martin Schibli. Bei der Überarbeitung des Konzepts will man darum mit neueren Zahlen arbeiten.

Die Pläne sehen zudem vor, dass künftig mehr Wasser im Pumpwerk Hard II im Gebiet Lenzhard gefördert werden soll. Allerdings sind die Freiämter Gemeinden nicht die einzigen, deren Bedarf gestiegen ist. «So einfach, wie wir uns das vorgestellt haben, geht es nicht», muss Ingenieur Schibli eingestehen. Zwar reicht das Grundwasser in diesem Gebiet durchaus, aber aufgrund von Schutzzonen kann im Hard nicht einfach beliebig viel Wasser gefördert werden.

Jetzt zeigt sich, dass mindestens zwei neue Grundwasserpumpwerke nötig sind, was auch einen aufwendigen Leitungsbau nach sich zieht. Auch hier ist eine anspruchsvolle Organisation nötig, da neben «Wasser 2035» vermutlich fünf weitere Partner beteiligt sein werden. «Die Wasserbeschaffung aus dem Raum Suret/ Länzert kostet je nach gewählter Variante 3,75 bis 4,1 Millionen Franken mehr als angenommen», so Schibli. «Wasser gibt es eben auch hier nicht gratis.»

Zumindest etwas Positives haben die Untersuchungen aber gezeigt. Im Hard II kann genug Wasser gefördert werden, damit die Planungsziele für das Jahr 2035 eingehalten werden. So bleibt noch etwas Zeit, um die übrigen Probleme zu lösen. Jetzt sind vorerst die Gemeinden am Zug, sie müssen bis April entscheiden, ob sie dabei bleiben. «Wir hoffen natürlich, dass wir auch den nächsten Schritt gemeinsam machen können», sagt Peter Lehmann zum Schluss. Ein möglicher Gründungstermin der neuen AG ist an diesem Infoanlass hingegen kein Thema mehr.


Die Vision «Wasser 2035»

Die auf Initiative der IB Wohlen AG entstandene und Anfang 2016 der Öffentlichkeit vorgestellte Vorstudie zur Vision «Wasser 2035» hat gezeigt, dass heute gehandelt werden muss, um die Versorgung mit Trinkwasser in der Region Bünzund Reusstal langfristig sicherzustellen. Die Vision «Wasser 2035» sieht eine Ringleitung vom Grundwasserpumpwerk Hard II bei Niederlenz durch das Bünz- und das Reusstal vor. Dieser Ring erhöht die Versorgungssicherheit, weil etwa bei einem Ausfall einer der beiden Transportleitungen das Bünz- und das Reusstal dennoch weiterhin vom jeweils anderen Tal her mit Wasser versorgt werden könnten. Die bestehenden Wassergewinnungsanlagen der Gemeinden würden für den Verbund genutzt und punktuell ausgebaut.

Bildquelle: http://www.pixelio.de / Daniel Stricker


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