Sieg für die Jugend
27.11.2018 VillmergenDie Villmerger Stimmbürger stimmten deutlich für den Ausbau der Sportanlage Badmatte
Mit diesem klaren Ja hätte niemand gerechnet. Von den 315 anwesenden Stimmberechtigten sagten 236 Ja und 65 Nein zum Verpflichtungskredit von 4 916 500 ...
Die Villmerger Stimmbürger stimmten deutlich für den Ausbau der Sportanlage Badmatte
Mit diesem klaren Ja hätte niemand gerechnet. Von den 315 anwesenden Stimmberechtigten sagten 236 Ja und 65 Nein zum Verpflichtungskredit von 4 916 500 Franken. Somit wird die Sportanlage Badmatte saniert und ausgebaut.
Sabrina Salm
«Gut 5 Millionen Franken für die Sportanlage Badmatte ist zu viel Geld.» «Zu wenige Villmerger Bürger sind im hiesigen Fussballverein aktiv.» «Ein Kunstrasen ist sowieso zu viel des Guten.» Solche Aussagen sind von den Gegnern des Projekts Sanierung und Ausbau der Sportanlage Badmatte im Vorfeld der Einwohnergemeindeversammlung zu hören. Auch nach der Annahme denken noch viele Villmerger so darüber. Und ihre Gedanken sind nicht ganz abwegig.
Die Gemeinde ist finanziell gesehen nicht auf Rosen gebettet (siehe Artikel unten) und nicht für alle Bürger hat die Investition einen Vorteil, denn sie «brauchen» einen modernen Fussballplatz nicht. Trotzdem hat die grosse Mehrheit der Stimmberechtigten den Entscheid gefällt, dass die Heimat des FCV erneuert wird.
Kunstrasen bringt viele Vorteile
Denn Fakt ist, der Fussballclub Villmergen braucht mehr Platz. 334 Aktivmitglieder, davon 211 Junioren und Juniorinnen zählt der Fussballclub Villmergen. Mit den Trainern und Funktionären zählt der Verein insgesamt 373 Mitglieder. Ein anständiger Trainings- und Spielbetrieb ist mit einer solch grossen Anzahl in der heutigen Badmatte schwer unterzubringen. Hinzu kommt, dass die heutigen Plätze definitiv sanierungsbedürftig sind. Die Infrastruktur ist in die Jahre gekommen. Der Hauptplatz wurde 1933 erstellt und der Nebenplatz vor 40 Jahren. Mit dem Ja des Stimmvolks wird der Hauptplatz nun saniert. Sowohl eine Drainageleitung wird gemacht als auch eine neue Beleuchtung. Das Projekt beinhaltet auch ein neues Garderoben- und Technikgebäude mit sechs Garderoben, Toiletten, Material- und Archivraum. Ein Kunstrasenplatz wird neu erstellt, der einen Trainings- und Spielbetrieb für alle das ganze Jahr über garantiert. Dazu kommen der Neubau eines einfachen Trainings- und Spielfelds, eine neue Strassenführung Badmatte sowie 104 Parkplätze, die auch von Badigästen benutzt werden können. «Ein Kunstrasen hat viele Vorteile», sagt auch der zuständige Gemeinderat Renato Sanvido. Einen Vorteil sieht er darin, dass die Turnhallen entlastet werden. Es sei ein umfassendes Projekt, weiss Renato Sanvido. «Doch wenn wir die Sanierung anpacken, dann richtig.»
Solidaritätsgedanke zählt
Am Freitagabend durfte man mit viel Diskussion betreffend das Begehren rechnen. So liessen auch die Voten gegen das Projekt und insbesondere die Bedenken wegen der grossen Investitionssumme und deren Wirkung auf das Budget nicht lange auf sich warten. «Mich stört, dass uns nur ein Vorschlag gemacht wird», so eine Stimme. «Für nur eine Sportart sollen wir so viel Geld ausgeben?» Dennoch blieben lange Diskussionen aus. Ein Villmerger brachte es mit seinen Worten auf den Punkt: «Auch für mich war das Projekt anfangs abgeschrieben. So viel Geld für eine Sportanlage – das kann nicht sein», sagte der Bürger, der anfangs «Nein» stimmen wollte. «Doch bei genauerer Betrachtung habe ich meine Meinung geändert.» Er habe nichts mit dem FC zu tun. Doch er sei ein Vereinsmensch und schätze die Bemühungen des Fussballclubs im Jugendbereich. «Und es ist doch so, manchmal profitiert man selber und manchmal andere.» Es wäre ein schlechtes Signal, welches bei einer Ablehnung an die Jugend gesendet würde. «Wir würden den Jungen sagen, sie seien es uns nicht wert.» Deshalb appellierte er an den Solidaritätsgedanken.
Mit dem klaren Ja (236 Ja- zu 65 Nein-Stimmen) haben die Villmerger diesen Gedanken auch aufgenommen und Solidarität gezeigt.
Grosse Erleichterung
Fast 80 Prozent der anwesenden Stimmbürger genehmigten das Ausbau- und Sanierungsprojekt Badmatte. Mit diesem deutlichen Resultat hätte Renato Sanvido nicht gerechnet. «Ich bin sehr erleichtert», gesteht er nach der Versammlung. «Ich freue mich für die Vereinsleute und die Jugend.» Erleichterung und Freude herrscht auch bei den Verantwortlichen des FC Villmergen. «Wir sind einfach nur dankbar für das Vertrauen der Bevölkerung», sagt Mike Haussener, FCV-Präsident ad interim. Das Ja bedeute nun eine gesunde und stabile Zukunft für den Verein und die Jugendförderung.
Wird kein Referendum ergriffen, sollen die Bauarbeiten im April 2019 mit dem Neubau des Kunstrasenspielfelds und der Garderoben- und Technikgebäude beginnen. Im August 2019 wäre dann die Sanierung des Hauptplatzes dran. Bereits im Dezember 2019 soll die Sportanlage ganz fertig sein.
APROPOS
Es schien, als wollte die Technik die abtretende Gemeinderätin Barbara Bucher ärgern. Immer dann, wenn sie ihre Antworten ausführen wollte, geriet das Mikrofon ins Stocken, sprich wurde der Ton gekappt. Nach mehrmaligem Vorkommen liess sich ein Fluchen zum Schluss ihrer politischen Karriere deshalb nicht vermeiden. Natürlich hat just in diesem Moment der Ton wieder funktioniert.
Als dann die Technik auch anderen Rednern einen Streich spielte und das Mikrofon immer wieder aussetzte, war eine kleine Erleichterung bei Bucher nicht zu übersehen. «So viele Leute mit so vielen Handys – da scheint die Technik überfordert zu sein», hiess es vom Hauswartsteam. Der Funk werde durch die Handystrahlen zu stark gestört. Also «Alle Mann Smartphone ausschalten» hiess es.
Für Barbara Bucher war es die letzte Gemeindeversammlung als Gemeinderätin. Auf ihren Wunsch hin hielt sie ihre Verabschiedung selber. «Ich habe meine Ratskollegen darum gebeten, auf eine offizielle Verabschiedung zu verzichten», erklärte sie. Barbara Bucher war die erste Frau im Villmerger Gemeinderat überhaupt. Seit 2012 gehörte sie dem Gremium an und hatte unter anderem die Finanzen unter sich.
«Es war mir immer wichtig, dass Sie sich ein Bild machen konnten, wie es um die Gemeinde steht», sagt Barbara Bucher. Die Zeit als Gemeinderätin sei für sie interessant, lehrreich und herausfordernd gewesen. Für das ihr entgegengebrachte Vertrauen sei sie dem Stimmvolk sehr dankbar, meinte Barbara Bucher mit Tränen in den Augen. Sie habe bei ihrem Amtseintritt versprochen, immer ihr Bestes zu geben. «Ich hoffe, Sie waren zufrieden mit mir.» Der grosse Applaus zeigte der sichtlich gerührten Bucher, dass die Villmerger das waren.
Sabrina Salm
Die Beschlüsse
Von insgesamt 4086 Stimmberechtigten waren 315 anwesend. Dabei wurde über folgende Anträge abgestimmt: – 1. Genehmigung des Protokolls der Einwohnergemeindeversammlung vom 6. Juni 2018; – 2. Der Verpflichtungskredit von 950 000 Franken für die Erweiterung des Friedhofs (Urnengräber und Urnenwand) wurde genehmigt; – 3. Dem Verpflichtungskredit von 4 916 500 Franken für die Sanierung und den Ausbau der Sportanlage Badmatte wurde zugestimmt; – 4. Die Gesamtrevision des Reglements über die Gebühren im Bauwesen (Baugebührenreglement) wurde genehmigt; – 5. Zustimmung der Gesamtrevision der Satzungen des Regionalplanungsverbands Unteres Bünztal; – 6. Dem Budget 2019 mit einem Steuerfuss von 102 Prozent wurde zugestimmt.
Alle gefassten Beschlüsse unterstehen dem fakultativen Referendum.
Gemeinde ist finanziell nicht auf Rosen gebettet
Diskussionen zum Budget 2019
Der grosse Aufmarsch an der «Gmeind» war sicherlich dem Verpflichtungskredit von 4,9 Millionen Franken für die Badmatte zu verdanken. Doch das Villmerger Stimmvolk hatte noch über andere Vorlagen zu befinden.
Die Bestattungswünsche haben sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert. Dies hat zur Folge, dass die Flächen für die Grabarten auf dem Friedhof angepasst und erweitert werden müssen. Auf dem terrassierten Gelände anschliessend an die bestehenden Gemeinschaftsgräber sollen drei Ebenen geschaffen werden, die untereinander durch Treppen verbunden und seitlich über Wege auch barrierefrei zu erreichen sind. In einer ersten Etappe werden nur die erste und die dritte Ebene ausgebaut, die zweite dient als Reserve. Dafür hat der Gemeinderat einen Kredit von 950 000 Franken den Stimmberechtigten zur Abstimmung vorgelegt. Der Antrag wurde ebenso diskussionslos genehmigt wie die Revision des Reglements über die Gebühren im Bauwesen und die neuen Satzungen des Repla Unteres Bünztal.
Knappe schwarze Null
«Die finanzielle Lage bleibt weiterhin angespannt», so Barbara Bucher beim Vorstellen des Budgets. «Prekär ist die Situation aber nicht.» Wieder kann die Gemeinde eine knappe schwarze Null schreiben. Aus der betrieblichen Tätigkeit der Gemeinde Villmergen resultiert ein negatives Ergebnis von 1 343 280 Franken. Nach Berücksichtigung des Resultats aus der Finanzierung ergibt sich ein operativer Verlust von 1 226 330 Franken. Dank der Entnahme aus der Aufwertungsreserve liegt das Gesamtergebnis der Einwohnergemeinde ohne Werke bei 13 560 Franken (Aufwandüberschuss). Bei der Aufgaben- und Finanzplanung, mit einem Planungshorizont von zehn Jahren, beläuft sich der Investitionsbedarf auf rund 26 Millionen Franken, 3 Millionen allein im Jahr 2019.
Spannende Entwicklung
Für den Moment ist eine Steuererhöhung, trotz der Annahme der Sanierung und des Ausbaus der Sportanlage Badmatte, nicht nötig. «Was die Zukunft bringt, können wir aber nicht voraussehen.» Eine weitere Erhöhung sei nicht auszuschliessen. Doch auch dem Budget 2019, basierend auf einem unveränderten Steuerfuss von 102 Prozent, wurde grossmehrheitlich zugestimmt. Obwohl es kritische Stimmen zum Finanzhaushalt der Gemeinde gab. «Ich bin nicht davon überzeugt, dass sorgfältig mit unseren Finanzen umgegangen wird», meinte etwa ein besorgter Bürger. Ein anderer fand die Finanzstrategie, mit pro Jahr bis zu einer Million Verschuldung, besorgniserregend. Für das Jahr 2019 möchte der Gemeinderat eine vorausschauende Analyse über die Erfolgsrechnung erstellen. «Wir versprechen uns davon, dass wir das Optimierungspotenzial besser erkennen», sagt Gemeindeammann Ueli Lütolf. Ausserdem sei der Gemeinderat immer darum bemüht zu sparen. Die Entwicklung der Villmerger Finanzen bleibt auch in Zukunft spannend und herausfordernd, dessen sind sich alle bewusst. --sab



