Tipps für junge Generationen
28.08.2018 WohlenFeier der 90-Jährigen im Wohn- und Pflegezentrum Bifang: Geschichten der Jubilare
44 Jubilare feiern dieses Jahr in Wohlen ihren 90. Geburtstag. Aus diesem Grund luden der Musikverein Wohlen und das Wohn- und Pflegezentrum Bifang die Jubilare zu sich ein. 21 ...
Feier der 90-Jährigen im Wohn- und Pflegezentrum Bifang: Geschichten der Jubilare
44 Jubilare feiern dieses Jahr in Wohlen ihren 90. Geburtstag. Aus diesem Grund luden der Musikverein Wohlen und das Wohn- und Pflegezentrum Bifang die Jubilare zu sich ein. 21 folgten der Einladung. Viele blicken auf ein bewegtes Leben zurück.
Joel Gattlen
Alle Lichter sind verdunkelt. Keiner macht einen Mucks. Draussen donnern amerikanische Bomberverbände über die Köpfe der ortsansässigen Bauern. Mitten unter ihnen auch die kleine Elfriede Jüttner. Plötzlich rattert ein Flak der Nazitruppen. Ein Motor beginnt zu heulen und eines der Flugzeuge rast auf den Erdboden zu, wo es schliesslich aufprallt und in einem riesigen Feuerball in tausend Stücke zerbirst. Dann kehrt wieder Ruhe ein.
Mit dem Besen Bomberwrackteile zusammengekehrt
Am nächsten Morgen wird das Ausmass der Zerstörung erkennbar. Der Flieger hatte einen benachbarten Bauernhof getroffen. Die Bauern und ihre Kinder werden mit Besen und Schaufeln ausgestattet. «Wir haben die Trümmerteile des Bombers zusammengekehrt, damit die Kühe und das Kleinvieh nicht die Metallsplitter beim Grasen mitfressen», erinnert sich Jüttner.
Die rüstige Rentnerin hat in ihrem Leben bereits vieles erlebt. Viel Freude, aber auch viel Leid. Dennoch zeigt sich Jüttner voller Lebenslust, sodass sich auch die meisten 20-Jährigen an der 90-Jährigen ein Vorbild nehmen können. Aufgewachsen ist Jüttner auf einem kleinen Bauernhof in Hinter-Neuendorf in Schleswig-Holstein in Deutschland. Als junge Frau begleitet sie die Tochter eines Kriegskameraden ihres Vaters in die Schweiz, wo es sie nach Wohlen verschlägt und sie gemeinsam mit ihrer Freundin eine Stelle annimmt. «Meine Eltern waren zuerst komplett dagegen, stimmten dann aber doch noch zu», erinnert sich Jüttner, die selbstständig in Wohlen lebt und noch sehr gut Auto fährt.
Im Café Widmer gab es den einzigen Fernseher in Wohlen
In Wohlen lernte sie Manfred kennen, der ebenfalls aus Norddeutschland stammte. Dieser kontrollierte während der Fasnacht die Eintrittskarten am Eingang des Hotel-Restaurants Sternen. «Wir tauschten Blicke, tanzten zusammen und verabredeten uns im Café Widmer», erinnert sich Jüttner. «Von da an war dies unser Stammcafé. Regelmässig kamen hier auch die deutschen Einwanderer zusammen und das Café verfügte über den ersten und einzigen Fernseher in ganz Wohlen, was dem Café viele zusätzliche Besucher bescherte. Das war ein wirklich gutes Geschäftsmodell», lacht Jüttner.
Lederwarengeschäft Oberli wird noch heute vermisst
65 Jahre war das Paar verheiratet. «Wir hatten eine schöne Ehe.» Aus dieser ging Töchterchen Renate hervor. Das Erfolgsrezept für eine gute Ehe sei, dass man sich immer aktiv miteinander austausche. «Maulen und schweigen bringt nichts. Wichtig ist, dass man Probleme anspricht, Kompromisse schliesst und auch einmal nachgeben kann. Natürlich haben wir uns auch das eine oder andere Mal gestritten. Am Schluss haben wir immer wieder Frieden geschlossen.»
40 Jahre betrieb Jubilarin Emmi Oberli gemeinsam mit ihrem Ehemann Ernst ein Lederwarengeschäft an der Zentralstrasse 10 in Wohlen. «Er war gelernter Tapeziermeister und ich Tapeziernäherin. Wir betrieben unser Geschäft mit viel Leidenschaft. So gab es auch das eine oder andere Mal Krieg zwischen uns», erinnert sich Oberli. Dafür sei das Wochenende jeweils umso entspannender gewesen. «Von Samstag bis Montag waren mein Ernst und ich jeweils ein Herz und eine Seele», schwärmt Oberli. 58 Jahre war sie mit ihrem Ernst verheiratet. Heute lebt sie im Casa Güpf in Wohlen.
Auch Jubilarin Johanna Wohler erinnert sich gut an das Geschäft der Oberlis: «Die angebotenen Produkte waren zwar teurer als die von der Konkurrenz. Doch die Qualität suchte ihresgleichen. Noch heute trauern viele Alteingesessenen dem Lederwarengeschäft der Oberlis nach.»
Stimmungsvolle Feier
Die Feier der 90-Jährigen wird von den Jubilaren sehr geschätzt. Zur Feier des Tages wurde jedem Jubilar ein Blumenstrauss durch die Mitglieder des Musikvereins überreicht. Als Vertreter der Gemeinde war Gemeinderat Paul Huwiler vor Ort, der eine Rede zu Ehren der Jubilare hielt. Glückwünsche gab es von Marianne Piffaretti, Präsidentin des Trägervereins des Wohn- und Pflegezentrums Bifang, sowie von Geschäftsleiter Marcel Lanz.



