Das «Rössli» in einer anderen Zeit
24.08.2018 VillmergenAm Freitag, 31. August, feiert die Theatergesellschaft Villmergen die Premiere des «Kammerdieners»
Der Ansturm auf die neuste Produktion der Theatergesellschaft Villmergen ist gross. Eine Woche vor der Premiere durfte diese Zeitung bei einer Probe ...
Am Freitag, 31. August, feiert die Theatergesellschaft Villmergen die Premiere des «Kammerdieners»
Der Ansturm auf die neuste Produktion der Theatergesellschaft Villmergen ist gross. Eine Woche vor der Premiere durfte diese Zeitung bei einer Probe dabei sein.
Chantal Gisler
Und plötzlich schneit es in einem der Fenster vom «Rössli». Der russische Zar und seine Frau stehen im Fenster, singen ein Lied, während Kammerdiener «Lunzi» ihnen Tee aus einem goldenen Teeservice serviert. Seit Monaten probt die Theatergesellschaft Villmergen für ihre neuste Produktion «Der Kammerdiener». Am Freitag, 31. August, ist Premiere. Mehrmals unter der Woche, aber auch am Wochenende proben die Schauspieler und Amateurschauspieler. Doch nicht nur geprobt wird hier, die Theatergesellschaft darf den Saal auch umgestalten. Denn nach der letzten Aufführung wird der altehrwürdige Gasthof abgebrochen. «Wir haben ein zusätzliches Fenster in die Wand neben der Bühne eingefräst», verrät Regisseur Paul Steinmann.
Das Stück basiert auf dem Buch von Lorenz Stäger, der die reale Geschichte von Josef Leontius Koch erzählt. «Lunzi», wie ihn damals alle nannten, wurde 1854 in Villmergen geboren und bereiste später als Kammerdiener die Welt. Ob London, Havanna oder Moskau, «Lunzi» konnte nichts von seinen Reisen abhalten. Doch er kam immer wieder zurück nach Villmergen und brachte so die grosse weite Welt ins Dorf. Genau dieses Erlebnis will die Theatergesellschaft auch dem Publikum bieten. So kam auch die Idee mit dem «Schnee» im Fenster auf, die das kalte Russland darstellen soll.
Um den Zuschauer herumspielen
Während der Probe fühlt man sich in ein anderes Jahrhundert versetzt. Die Frauen, die den oberen Mittelstand spielen, tragen pompöse bodenlange Kleider und haben aufwendig geflochtene Frisuren. Das «Rössli» wird in eine andere Zeit versetzt. Einzigartig ist auch, dass das Theater um den Zuschauer herumspielt. Bei den Zuschauerbänken handelt es sich um Tische, die mitten im Saal stehen. Als Zuschauer schaut man nicht nur nach vorne an die Bühne, die Schauspieler kommen an die Tische, spielen in den Fenstern oder im hinteren Teil des Saals. Sie zeigen beispielsweise auf einer Weltkarte, an welchem Ort sich «Lunzi» gerade befindet. «Dabei muss der Zuschauer von Szene zu Szene geführt werden, da nicht alles an einem Ort passiert», erklärt Steinmann. Geführt wird beispielsweise durch die Blicke der Schauspieler oder Handbewegungen, die zeigen, an welchem Ort im Saal die nächste Handlung stattfindet.
Eine eigentliche Bühne gibt es daher nicht, sie wurde mit Fensterattrappen bestückt. «Es sind etwa 60 Szenen, die auf rund 30 verschiedenen Schauplätzen in mehreren Jahrzehnten stattfinden», erklärt der Regisseur. «Im Roman kann man schreiben, dass er in Villmergen abgereist ist und in Havanna ankommt. Im Theater müssen wir diesen Wechsel szenisch zeigen.» Dies beispielsweise durch eine animierte Zugsfahrt. «Wir haben einen sehr leistungsstarken Beamer und einen Animateur in unseren Reihen, der sich damit auskennt und die Szenen mit Bildern und Animationen unterstützt», erklärt Steinmann. Dabei muss geschaut werden, dass Animation und Ton aufeinander abgestimmt sind. «Auch das muss geprobt werden.» Mehr will er dazu aber nicht verraten, «es soll schliesslich ein Erlebnis und eine Überraschung für die Zuschauer sein».



