Zum Schmetterling werden
23.05.2025 Niederwil, Region Unterfreiamt, EnergieDer SolarButterfly kam auf seiner Rundreise auch nach Niederwil
Seit 2022 ist das grösste solar betriebene Fahrzeug der Welt unterwegs auf einer Weltreise und will Lösungen gegen den Klimawandel vorstellen. Bevor es an die Weltklimakonferenz in Brasilien geht, ...
Der SolarButterfly kam auf seiner Rundreise auch nach Niederwil
Seit 2022 ist das grösste solar betriebene Fahrzeug der Welt unterwegs auf einer Weltreise und will Lösungen gegen den Klimawandel vorstellen. Bevor es an die Weltklimakonferenz in Brasilien geht, tourt der Schmetterling jetzt durch die Schweiz.
Chregi Hansen
Das Gespann mit dem Tesla als Zugfahrzeug und dem langen Wohnwagen mit aufklappbaren Flügeln und dem Schmetterlingskopf fällt auf. Egal, wo es parkiert ist. Ob in Indien, in Südafrika oder wie diese Woche in Niederwil. Schon vor Schulbeginn drängen sich hier die Kinder um den Wohnwagen und versuchen einen Blick ins Innere zu erhaschen.
Seit Anfang Mai ist der SolarButterfly, also der solarbetriebene Schmetterling, in der Schweiz unterwegs. Zuvor war er in Südafrika. «Wir haben inzwischen mehr als 80 000 Kilometer zurückgelegt und haben dabei 43 Länder besucht», erklärt Louis Palmer den Schulklassen in Niederwil. Der Luzerner ist der Kopf hinter dem Projekt. Schon vor 17 Jahren fuhr der Solarpionier als erster Mensch mit einem solarbetriebenen Auto um die Erde. Diesmal überlässt er das Fahren anderen, widmet sich im Hintergrund dem Projekt, hält Vorträge und gibt Interviews.
Leben auf engsten Verhältnissen
Neu zum Team gestossen ist Dana Schüpfer. Die Luzerner Videojournalistin, die seit einiger Zeit in Bremgarten lebt, wird bei der kommenden Reise durch Südafrika dabei sein und unterstützt Louis Palmer aktuell bei seinen Auftritten in der Schweiz. Sie ist gespannt, wie das Leben im Wohnwagen sein wird. Während die Küche und der Arbeitsbereich doch etwas Platz bieten, ist das Schlafzimmer sehr, sehr eng. «Vielleicht packen wir noch ein Zelt mit ein», sagt Schüpfer und schmunzelt. Und Fahren will sie mit dem langen Anhänger auch nicht, das überlässt sie anderen. «Ich bin vor allem für die Social-Media-Aktivitäten zuständig und für den Kontakt mit der Bevölkerung», erklärt sie.
Danach erklärt sie den Niederwiler Schülern die Idee hinter dem Projekt. Und warum der Anhänger die Form eines Schmetterlings hat. «Aktuell sind wir Menschen eher ein Raupe. Wir fressen alles, was wir auf dem Boden finden: Kohle, Erdöl, Gas. Es wird Zeit, dass wir uns in einen Schmetterling verwandeln und frei und unabhängig sind», sagt sie. Es gebe schon heute viele Techniken und Ideen, wie man der Umwelt Sorge tragen kann.
Klimawandel bedroht auch die Tierwelt
20 mögliche Lösungen, die für das Klima gut sind, werden in einem Heft aufgeführt, welches alle Kinder und Jugendlichen in Niederwil erhalten. Dazu gibt es viele wichtige Infos zu den Themen fossile Treibstoffe, den Treibhauseffekt oder die Folgen des Klimawandels. Auf dem Wohnwagen selbst sind auch ganz viele Tiere abgebildet. «Es sind alles Tiere, die durch den Klimawandel bedroht sind», erklärt Schüpfer.
Während die eine Gruppe einem Vortrag von Solarpionier Palmer zuhört, absolvieren die anderen einen Parcours und beantworten verschiedene Quizfragen zum Thema. Wie kann man beim Kochen am meisten Energie sparen? Welcher Teil des Frühstücks stösst am meisten CO2 aus? Oder an wie viel Stunden pro Tag steht ein Auto einfach still rum? «Mit dem SolarButterfly wollen wir auch Umwelterziehung betreiben. Denn jeder Einzelne hat die Wahl, selbst Teil des Problems zu sein – oder Teil der Lösung», sagt Projektleiter Palmer. Informieren und Sensibilisieren, das ist sein Ziel. Und der mobile Schmetterling hilft dabei.
Gebaut aus rezyklierten PET-Flaschen aus dem Meer
Der Wohnwagen mit seinen grossen Solarflügeln ist ein weltweit einmaliges Konzept, erfunden von Louis Palmer und entwickelt von der Hochschule Luzern. Ein komplett autarkes Tiny House, dessen 40 Quadratmeter Solarzellen sich auf Knopfdruck ausbreiten lassen. Zusammen mit weiteren auf dem Boden ausgelegten Solarpanelen werden die Batterien des Elektroautos geladen, das den Solar-Butterfly täglich bis zu 200 Kilometer weit zieht – durch Wüsten, Dschungel und Gebirge. «Bei diesem schlechten Wetter reicht es natürlich nicht so weit», gibt Dana Schüpfer zu. Denn beim Besuch in Niederwil zeigt sich der Himmel bedeckt.
Gebaut ist es möglichst leicht, darum wurde auf Kunststoff gesetzt. «Allerdings auf rezyklierte PET-Flaschen aus dem Ozean», wie die Journalistin betont. Der SolarButterfly ist in fast allen Belangen vorbildlich. Nur die Tatsache, dass das Zugfahrzeug ein Tesla ist, kommt in der aktuellen politischen Lage nicht überall gut an. «Aber es war beim Start des Projekts eben das leistungsfähigste Elektroauto», erklärt Schüpfer. Unter Umständen tausche man es aber für die Reise nach Südamerika noch aus.
«Wir finden es toll, dass das Projekt zu uns nach Niederwil kommt», sagt Schulleiter Simon Landwehr. Man nehme den Besuch zum Anlass, das Thema vertieft im Unterricht zu behandeln. Das sei wichtig, handelt es sich doch um die Generation, welche besonders gefordert ist durch den Klimawandel. «Es ist schön, dass die Gemeinde den Halt hier möglich macht», sagt denn auch Landwehr.
Weitere Haltestellen im Freiamt
In vier Jahren soll der SolarButterfly mit der Kraft der Sonne rund um die Erde fahren, dabei 1000 Lösungen gegen den Klimawandel vorstellen sowie halt machen in 1000 Schulen. Seit 2022 fährt und fährt das Gespann. Langsam nähert sich die Reise dem Ende. Den Schlusspunkt soll im November die Weltklimakonferenz in Brasilien bilden. Derzeit aber ist der Schmetterling noch in der Schweiz unterwegs. Er landet dabei nicht nur in Niederwil, sondern besucht weitere Freiämter Schulen. So am 3. Juni Besenbüren, am 13. Juni Auw, am 17. Juni Mühlau und am 23. Juni Bremgarten und Widen. Und vielleicht ist an diesen Tagen das Wetter besser und kann sich das Fahrzeug rascher laden als diese Woche in Niederwil.