Zeit des Wandels
27.02.2024 Mutschellen, KircheLeiter der Veränderung
Michael Jablonowski ist oberster Angestellter
Seit August 2022 leitet Michael Jablonowski den Pastoralraum der Katholischen Kirche am Mutschellen. Seine neue Position geht einher mit einem grossen Wandel in diesem ...
Leiter der Veränderung
Michael Jablonowski ist oberster Angestellter
Seit August 2022 leitet Michael Jablonowski den Pastoralraum der Katholischen Kirche am Mutschellen. Seine neue Position geht einher mit einem grossen Wandel in diesem Pastoralraum.
2022 kündeten gleich drei Angestellte des Pastoralraums der Katholischen Kirche am Mutschellen. Aufgrund von Personalmangel wurden diese Stellen nicht gleichwertig neu besetzt. Das führte dazu, dass sich der Pastoralraum anders aufstellen musste und muss. Zum Nachfolger von Robert Weinbuch wurde Michael Jablonowski, der sich bisher in Bergdietikon um die Seelsorge und um die Katechese im ganzen Pastoralraum kümmerte. Der Pastoralraumleiter fühlt sich in seiner neuen Rolle sehr wohl. «Ich möchte Raum für Neues schaffen», erklärt er. «Das ist nach all den Skandalen der Katholischen Kirche auch nötig.» Eines der neuen Angebote erlebt am kommenden Donnerstag seinen Startschuss. «Mit dem Projekt ‹Graswurzel› möchten wir innerhalb unseres Pastoralraums Leute mit ähnlichen Interessen zusammenführen und sich autonom organisieren lassen. Das Ziel ist, unsere Kirche als Gemeinschaft von Gemeinschaften zu etablieren.» --rwi
Michael Jablonowski leitet seit 1,5 Jahren den Pastoralraum der Katholischen Kirche
Ende Juli 2022 zog der Pastoralraumleiter Robert Weinbuch zusammen mit seiner Ehefrau und Pfarreiseelsorgerin Barbara Weinbuch in die Ostschweiz. Die Leitung der Katholischen Kirche am Mutschellen übernahm Michael Jablonowski. Seither wurde unter ihm ein Wandel eingeleitet.
Roger Wetli
«Mit dem Stellenwechsel hat sich bei mir der Fokus von der Detailbetrachtung auf die Katecheseverantwortung im Pastoralraum und der Seelsorge in Bergdietikon auf einen Blick auf den ganzen Pastoralraum mit all seinen Orten und Bereichen gewandelt. Das war ein starker mentaler Wechsel», blickt der neue Pastoralraumleiter Michael Jablonowski zurück. «Ich finde diese neue Perspektive nach wie vor sehr spannend.» Wenn er spricht, spürt man sehr stark, wie ihn die neue Aufgabe begeistert. Der Pastoralraumleiter strahlt dabei eine Mischung aus zufriedener Ruhe und dem Drang aus, «seine» Kirche in ein neues Zeitalter zu führen.
Gezwungen, die Aktivitäten zu überdenken
Die Katholische Kirche am Mutschellen kennt der neue Pastoralraumleiter schon seit bald 20 Jahren. Nach seiner Einführung als Seelsorger im deutschen Bistum Aachen ist der Patchworkvater von fünf heute teilweise erwachsenen Kindern in die Schweiz gekommen. Seit 2005 wirkt Jablonowski auf dem Mutschellen. Bis zu seinem Wechsel zum Pastoralraumleiter kümmerte er sich um die Seelsorge in Bergdietikon sowie die Katechese im Pastoralraum. Die Entwicklung der Pfarreien auf dem Mutschellen zum heutigen Pastoralraum am Mutschellen hat er aktiv mitgestaltet. Noch heute wohnt Michael Jablonowski in Bergdietikon.
Der Abgang des Pastoralraumleiters Robert Weinbuch und seiner Frau Barbara führte zusammen mit einer weiteren Kündigung zu einem Strategiewechsel im Pastoralraum. «Wir haben seither weniger Seelsorger. Also waren wir gezwungen, unsere Aktivitäten zu überdenken», erklärt Michael Jablonowski. «Und genau dieser Prozess des Wandels fasziniert mich noch heute.» Um den Strategiewechsel im Sinne der Gläubigen durchzuführen, seien Pfarreiforen gebildet worden. In diesem Rahmen wurde zum Beispiel beschlossen, in den einzelnen Dörfern nur noch alle zwei Wochen statt wöchentlich einen Gottesdienst durchzuführen. Nur an hohen christlichen Feiertagen wie Ostern und Weihnachten würden die Gottesdienste im ähnlichen Rahmen wie früher stattfinden. «Aber auch da müssen wir schauen, wie wir zeitlich gestaffelt alle Orte abdecken können. Zum Glück waren die Traditionen der Gottesdienste bereits zuvor nicht überall gleich», so der neue Pastoralraumleiter.
Auswege aus der Glaubwürdigkeitskrise
Er findet es schwierig, das vorherige mit dem aktuellen System zu vergleichen. Grundsätzlich werde Bewährtes hinterfragt und bei Bedarf noch gestärkt. «Gleichzeitig möchten wir auch Raum für Neues schaffen», erklärt Michael Jablonowski. «Das ist aktuell auch nötig. Denn nach all den Skandalen der letzten Jahre befindet sich unsere Kirche in einer Glaubwürdigkeitskrise.»
Gleichzeitig stellt er fest, dass auch heutzutage viele Menschen auf der Suche nach Sinn und Werten sind. «Offenbar finden sie die Antworten dazu nicht in unserer Kirche. Das ist aber nicht ein Problem der Menschen, sondern der Kirche», ist der Pastoralraumleiter selbstkritisch. «Mit den vielen Kindsmissbräuchen hat die Kirche ihre eigenen Werte mit Füssen getreten. Dass solche Vorfälle passierten, ist genug schlimm. Noch schwerer wiegt aber, dass man versuchte, sie zu vertuschen.» Michael Jablonowski möchte deshalb zusammen mit der Katholischen Kirche am Mutschellen neue Wege gehen. Das Pastoralteam entwickelte dazu die Vision «Graswurzel». Diese zeigt auf, wie man Machtkonzentrationen vermeiden kann. «In unserem Pastoralraum gehen die Wünsche und Bedürfnisse der Gläubigen an unsere Kirche teilweise stark auseinander. Mit ‹Graswurzel› sollen Menschen mit gleichen Interessen zusammenfinden, in Begleitung durch den Pastoralraum neue Gemeinschaften bilden und sich selbst organisieren», erklärt er. «Wir möchten damit die Kirche als Gemeinschaft von Gemeinschaften leben.»
Am Donnerstag, 29. Februar, findet dazu ein Startanlass statt. Neben einer allgemeinen Einladung im Pfarrblatt wurden an 101 ausgewählte Gläubige Einladungen verschickt mit jeweils vier unadressierten Einladungen, die sie weitergeben können. «An diesem Anlass soll nicht nur geredet werden, sondern konkret etwas Neues entstehen», schaut Michael Jablonowski voraus. «Ziel ist es, dass die Interessensgruppen an diesem Anlass bereits den ersten Termin für die weiteren Treffen abmachen.»
Der Pastoralraumleiter ist sehr offen dafür, was jetzt neu entsteht. «Es kann aber auch Bestehendes weiterentwickelt werden», strahlt er. Seine Begeisterung und sein Herzblut sind dabei ansteckend. Er freut sich, dass mit «Graswuzel» ein neues Denken in den Pastoralraum kommt. «Und genau das macht meine Arbeit so spannend: Gemeinsam weiterzukommen.» Als Mitglied der Dominikanischen Gemeinschaft Zürich sieht er sich selbst als Prediger. «Eine Predigt findet aber nicht nur in den zehn Minuten in der Kirche statt, sondern immer. Ich liebe generell die Vielfalt meiner Aufgaben. Es wird nie langweilig.»
Nicht auf die Menschen warten, sondern auf sie zugehen
Jablonowski möchte in seiner Tätigkeit mobil bleiben und nach Möglichkeit einmal pro Woche in allen Pfarreien der Katholischen Kirche am Mutschellen auftauchen. «An einem Ort zu sein und auf die Leute zu warten, ist nicht mehr zeitgemäss», weiss er. «Wir müssen auf die Leute aktiv zugehen.»
Als Beispiel dazu nennt er die Hasenbergkapelle. «Es ist der Ort in unserem Pastoralraum, bei dem die meiste individuelle Spiritualität stattfindet. Darum besuchen ein bis zwei Seelsorger an einem Sonntag pro Monat diese Kapelle, um jeweils um 14 Uhr einen fünf- bis achtminütigen spirituellen Input zu geben. Danach stehen sie gerne für persönliche Gespräche bereit.» Micheal Jablonowski stellt dafür seinen VW-Bus zur Verfügung. «Wird es sehr persönlich, findet man darin einen geschützten Gesprächsrahmen. Wir sind dort also direkt bei den Menschen. Und da sollte die Kirche generell sein», ist er überzeugt.