«Wohin die Fantasie mich treibt»
28.11.2023 BremgartenFranky Weber vor der diesjährigen Samichlaussaison
Zum 26. Mal hat Bremgartens Tausendsassa und Oberchlaus Franky Weber heuer eine eigene Bremgarter Chlausgeschichte erfunden. Und dieses Jahr hat er den Schritt gewagt, den er schon lange im Hinterkopf hatte. Eine ...
Franky Weber vor der diesjährigen Samichlaussaison
Zum 26. Mal hat Bremgartens Tausendsassa und Oberchlaus Franky Weber heuer eine eigene Bremgarter Chlausgeschichte erfunden. Und dieses Jahr hat er den Schritt gewagt, den er schon lange im Hinterkopf hatte. Eine Auswahl seiner Geschichten gibt es nun in Buchform.
Marco Huwyler
«S’Goldige Buch – de Samichlaus verzellt» heisst das Werk, das seit rund einem Monat in sämtlichen Buchhandlungen der Schweiz zu kaufen ist. Pünktlich zur Saison hat der Samichlaus ein Dutzend seiner verblüffend schönen Alltagserlebnisse in Buchform publiziert. Der Bremgarter Samichlaus wohlgemerkt.
Zeichnerin als fehlendes Puzzle-Stück
Franky Weber, der seit 26 Jahren als Oberchlaus jedes Jahr eine neue Chlausgeschichte erfindet, macht eine Auswahl davon dank erfolgreichem Crowdfunding und viel Einsatz und Herzblut einer breiten Öffentlichkeit zum Nachlesen und Nacherzählen verfügbar.
Mit Melanie Weiss hat er endlich jene Illustratorin gefunden, die seine Figuren malerisch so in Szene zu setzen weiss, wie es ihm immer vorschwebte. Wenn alles nach Plan läuft, ist das Erstlingswerk des Bremgarter Chlausautors deshalb nur der Auftakt einer weihnachtlichen Bremgarter Erfolgsgeschichte. Genügend Erzählungen für einen zweiten Band wären auf jeden Fall bereits vorhanden. Genauso wie die Lust des Autors, sich weiterhin schriftstellerisch zur Freude der chlausbegeisterten Kinder des Landes zu betätigen. «Ich werde auf jeden Fall so lange Bremgarter Chlausgeschichten schreiben, solange dies gewünscht wird», sagt der Bremgarter Oberchlaus vor der diesjährigen Chlaussaison, die vom 2. bis zum 6. Dezember dauert und während derer Weber zum 32. Mal als Samichlaus durch die Gässli des Städli ziehen wird. Im Vorfeld hat er dieser Zeitung den Ursprung und die Geschichten hinter seinen Geschichten erzählt.
Franky Weber und die Geschichte hinter seinen Samichlaus-Geschichten
Mit «S’goldige Buech – De Samichlaus verzellt» ist dieses Jahr erstmals eine Auswahl der Bremgarter Chlausgeschichten von Franky Weber in Buchform erhältlich. An der Chlausfeier vom kommenden Samstag überreicht Bremgartens Oberchlaus sein Werk dem Stadtammann. Und sorgt mit seiner neusten Samichlaus-Erzählung sicherlich auch heuer wieder für zahlreiche leuchtende Kinderaugen.
Marco Huwyler
Franky Weber ist ein Städtli-Original und Tausendsassa. Auf unzähligen Bremgarter Pfaden hinterlässt er seine Spuren. Ob als Guggenmusiker, Speaker beim Christchindli-Märt, Marronimann am Markt der Vielfalt, Schauspieler, Zauberkünstler, Glöckner vom Spittelturm und vieles mehr. Am längsten und nachhaltigsten von allem jedoch ist wohl sein Engagement als Samichlaus. Seit mittlerweile 32 Jahren ist der Ur-Bremgarter mit langem weissem Bart, rotem Gewand, Mitra und Schmutzli im Städtli unterwegs. Längst nennt man ihn feierlich den «Oberchlaus». Und noch viel prägender: Zum 26. Mal in Folge schrieb er in jener Funktion heuer die offizielle Bremgarter Chlausgeschichte. Eine Geschichte, die auch heuer in den nächsten Tagen hundertfach in den Schul- und Wohnzimmern des Städtli erzählt werden wird. Nicht nur von Franky selbst, sondern von allen der 12 im Einsatz stehenden Chläuse. Eine wahrlich spezielle Bremgarter Besonderheit. Es gibt wohl kaum eine andere Gemeinde, die jedes Jahr ihre eigene neue Chlausgeschichte erhält. Verfasst vom Samichlaus höchstpersönlich.
Einmaliger Erzählstil
Dass dem so ist, hat sich mehr oder weniger aus Zufall entwickelt. Beziehungsweise ist es dem speziellen Erzählstil Webers geschuldet. Als der heute 48-Jährige nämlich als junger Bursche von der Jungwacht aus mit dem Chlausen begann, da konnte er sich partout nicht an das Original der vorgegebenen Geschichten halten. «Das bin einfach ich», lacht er heute im Rückblick. «Ich habe die Geschichte jeweils quergelesen und dann nach meinem Gutdünken nacherzählt.» Blumig, fantasievoll, mit einem starken Hang zum Ausschweifen und Dazudichten hatten die so erzählten Chlausgeschichten nicht selten nur noch wenig mit dem Original zu tun – was manche Kinder verwirrte. «Weil ihnen dieselbe Geschichte in der Schule oder zu Hause ganz anders erzählt worden war.»
Weil Franky aber seinen adaptiven Erzählstil nicht anpassen konnte und wollte («irgendwas auswendig zu lernen und nicht mehr auf die Besonderheiten der Kinder einzugehen, hätte mir den ganzen Spass genommen»), erfand er eben eines Jahres seine erste ganz eigene Chlausgeschichte. Und das kam bei der Zuhörerschaft so gut an, dass sie gleich von allen Bremgarter Chläusen übernommen wurde. Seither gehört die jährliche Franky-Geschichte zum Bremgarter Samichlaus wie der Sack und die Schmutzli.
Gefreut auf die Aufsätze
«Geschichten zu erfinden und sie zu Papier zu bringen, fällt mir nicht schwer», sagt Weber. Der Freigeist hat ein Talent dafür, das hat er schon früh gemerkt. «Ich habe mich immer riesig gefreut auf die Tage, an denen wir in der Schule Aufsätze schreiben durften», erzählt er. «Das ging sogar so weit, dass ich mit hohem Fieber an einem Aufsatz-Tag unbedingt zur Schule wollte und zurückgehalten werden musste.» Diese unbändige Lust am Schreiben ist bis heute geblieben, auch wenn Weber nicht immer viel Zeit dafür findet. «Es ist deshalb schön, dass ich immer darauf vertrauen kann, dass mir dann schon was in den Sinn kommt – auch unter Druck.» Wie seine kolumnistischen Beiträge als «Glöckner vom Spittelturm» (die monatlich in der «Städtli-Zytig» erscheinen) sind auch viele seiner Chlausgeschichten in den vergangenen drei Jahrzehnten auf den letzten Drücker entstanden. «Ich brauche nicht viel, nur einen kleinen Impuls. Ein Gefühl, ein Begriff oder eine Beobachtung. Dann fange ich an zu schreiben und lasse mich von der Fantasie treiben. Manchmal bin ich selbst davon überrascht, wo das hinführen kann», lacht Weber.
Wieso heisst der Grittibänz so?
Die Chlausgeschichten von Franky Weber sind aus der Perspektive des Samichlaus geschrieben, der aus seinen Alltagserlebnissen erzählt, die er mit seinem Schmutzli, dem Eseli und vielen weiteren Gefährten im Wald erlebt. Oftmals stehen dabei auch Begriffe und Besonderheiten im Kontext des Weihnachtsgeschehens im Vordergrund, zu denen der Samichlaus eine originelle Entstehungsgeschichte zu erzählen weiss. So erklärte Weber den staunenden Kindern im Verlaufe der Jahre etwa bereits, weshalb der «Grittibänz» so heisst, ob der «Läbchueche» wirklich «läbt» und weshalb in jedem «Spanisch Nüssli» ein Ebenbild des Samichlaus mit Bart zu finden ist. Meist spielen Tiere in seinen Geschichten eine Rolle, die mit dem Samichlaus in den Dialog treten und auf verblüffende, witzige und rührende Art und Weise Licht ins Dunkel hinter so manches Menschheits- und Weihnachtsgeheimnis bringen.
Grosses Glück mit der Zeichnerin
Die Idee, die gesammelten Bremgarter Chlausgeschichten dereinst in Buchform herauszubringen, schwirrt schon seit Jahren in Franky Webers Kopf herum. Schliesslich wollte er eigentlich immer Schriftsteller werden. Und angesichts der Beliebtheit, der sich die speziellen Erzählungen in der Samichlauszeit seit Jahren erfreuen, haben den 48-Jährigen schon viele Menschen und Weggefährten zu diesem Schritt ermuntert. «Für mich war immer klar: Ein Chlausbuchprojekt – ja gerne! Aber zuerst brauche ich die geeignete Zeichnerin dafür.» Denn Weber macht sich keine Illusionen. «Ein Kinderbuch lebt zuallererst von den Illustrationen.» Sie würden letztendlich den Ausschlag dazu geben, ob jemand (ohne den Hintergrund zu kennen) ein Exemplar kauft oder nicht. «Deshalb musste der Zeichnungsstil mich wirklich ansprechen und zu meinen Geschichten passen. Ich hatte hohe Ansprüche und immer ein ziemlich klares Bild davon im Kopf», sagt der Autor. Viele Illustratoren sind den Bremgarter Oberchlaus – im Wissen um dessen Buchidee – in den vergangenen Jahren von sich aus angegangen. Immer hiess es als Antwort: «Nein, danke, passt nicht ganz.» Bis Weber dann eines Tages per Zufall auf Social Media den Zeichnungsstil entdeckte, den er sich für seine Geschichten ausgemalt hatte. «Eine Kollegin trug auf Facebook eine Tragtasche mit einem aufgemalten Füchsli, das mich sofort verzauberte», lächelt Weber. Feuer und Flamme versuchte er gleich den Schöpfer des gemalten Tierchens ausfindig zu machen. «Mit wenig Hoffnung – schliesslich hätte es auch ein x-fach kopiertes Bildnis unbekannten chinesischen Ursprungs oder so sein können.» Doch der Bremgarter hatte Glück. Bei der Zeichnerin handelte es sich mit Melanie Weiss um eine Bekannte der Kollegin mit der Tragtasche. Und so fanden die beiden zusammen.
Frisch drauflosgemalt
Freilich nicht ohne anfängliche Skepsis vonseiten der Zeichnerin. «Zuerst hat sie kategorisch abgewunken», lacht Weber. Dennoch schickte ihr der Samichlauserzähler ein paar seiner Geschichten – auf dass sie es sich nochmals überlegen solle. Und zurück kamen: Zeichnungen.
Melanie Weiss war von den Geschichten Webers offensichtlich ihrerseits inspiriert worden. Frei malte sie darauf los, was ihr zu den Chlausschilderungen des Bremgarters in den Sinn kam. Und so entstand organisch auch die Auswahl jener 12 Geschichten, die nun in einem Buch verewigt wurden. «Es ist also nicht meine Auswahl, sondern diejenige von Weiss. Sie hat intuitiv zu jenen Geschichten gemalt, zu denen ihr auf Anhieb ein schönes Motiv in den Sinn kam», lächelt Weber. Dann, nach 12 Zeichnungen zu 12 Geschichten, beschlossen die beiden, einstweilen einen Marschhalt einzulegen. «Ein Dutzend Geschichten sollte erstmal reichen für ein Buch», sagt Weber.
Ein Nullsummenspiel
Ein halbes Jahr hat Franky Weber danach per Crowdfunding die Summe zusammenbekommen, die er brauchte, um im Eigenverlag eine Stückzahl von 2000 Büchern auf den Markt zu bringen. «Ich bin den Menschen und Organisationen sehr dankbar, die mich auf diesem Weg unterstützt haben.» Seit rund einem Monat ist das Werk «S’goldige Buech – de Samichlaus verzellt» nun im Verkauf. 250 Exemplare wurden bislang erworben. Gewinn machen Franky Weber und Melanie Weiss mit dem Projekt keinen. «Es ist ein Nullsummenspiel, wenn es gut läuft», sagt Weber. Doch das Finanzielle ist selbstredend auch nicht sein Antrieb. «Ich freue mich einfach, wenn meine Geschichten möglichst vielerorts von Chläusen, Eltern, Grosseltern, Lehrern, Göttis, und Gottis erzählt werden und möglichst viele Kinder daran Freude haben», sagt der Bremgarter Oberchlaus. Deshalb soll das nun erschienene Werk auch nur der Anfang sein. «Schliesslich habe ich abzüglich der nun erschienenen 12 Geschichten noch 15 weitere im Vorrat» – inklusive der diesjährigen Chlausgeschichte und derjenigen fürs nächste Jahr («Die habe ich in meiner Euphorie nämlich auch bereits geschrieben»).
Geduldig auf den Erfolg warten
1500 Exemplare muss Franky Weber verkaufen, damit er sich sicher genug fühlt, finanziell und organisatorisch auch das nächste Buchprojekt stemmen zu können. Der Bremgarter ist optimistisch. «Es gibt nicht so viele Samichlausbücher. Und der Samichlaus kommt jedes Jahr. Das Thema vergeht nicht», weiss Weber. «Die Zeit und die Mund-zu-Mund-Propaganda werden deshalb für mich arbeiten.»
Das ist indes noch alles Zukunftsmusik. Nun steht erstmal die diesjährige Chlaussaison auf dem Programm. Am 2. Dezember um 17.15 Uhr gibt Oberchlaus Franky Weber in der Stadtkirche eine Geschichte aus seinem «Goldigen Buch» zum Besten und überreicht sein neues Werk feierlich der Kirche. Danach ziehen die Bremgarter Nikoläuse und Schmutzli durch die Stadt bis zum Schellenhausplatz, wo der Stadtammann ebenfalls ein Bremgarter Chlausbuch erhält. In den folgenden Tagen wird die neue Geschichte aus der Feder von Franky Weber von 12 Samichläusen und 41 Schmutzli in den Haushalten der Kinder Bremgartens erzählt. «Es ist wiedermal Chlaussaison», frohlockt der Oberchlaus lächelnd. «Die Zeit des Erzählens, Fantasierens und Staunens.»
Weitere Informationen zum Buch unter: www.desamichlausverzellt.ch und zur Bremgarter Chlausaktion unter www.chlausaktion.ch.
Zur Person
Franky Weber ist 48-jährig, selbstständiger medizinischer Masseur, lebt seit frühester Kindheit in Bremgarten und ist Ortsbürger. Unter anderem ist er als Kolumnist «Glöckner vom Spittelturm» bekannt. Neben seinem Einsatz als Oberchlaus für die Chlausaktion engagiert er sich an weiteren zahlreichen Fronten. Unter anderem als Vorstandsmitglied von Bremgarten Tourismus (BT) sowie der Schodoler Gesellschaft, Speaker beim Christchindli-Märt und Schauspieler beim Kellertheater. --huy