Wo niemand allein bleibt
10.12.2024 DottikonLoredana Gioia und Karin Bochicchio-Stutz luden wieder zum offenen Wohnzimmer in Dottikon
Nach einer längeren Pause verwandelten Loredana Gioia und Karin Bochicchio-Stutz das Fotostudio wieder einmal in ein gemütliches Café. Sie tun das einfach, weil sie ...
Loredana Gioia und Karin Bochicchio-Stutz luden wieder zum offenen Wohnzimmer in Dottikon
Nach einer längeren Pause verwandelten Loredana Gioia und Karin Bochicchio-Stutz das Fotostudio wieder einmal in ein gemütliches Café. Sie tun das einfach, weil sie Lust dazu haben. Und machen damit ganz vielen Menschen eine Freude.
Chregi Hansen
Kurz nach Mittag ist der grosse Raum am Bleichiweg fast bis auf den letzten Platz besetzt. «Wir haben dieses Mal extrem viele Gäste», strahlt Loredana Gioia. Sie empfängt die Besucher am Eingang und sucht einen passenden Tisch. «Unser Ziel ist, dass niemand allein sitzen muss. Wir kennen fast alle Gäste und wissen daher meist, wer zu wem passt», erklärt die Fotografin, die hier seit 20 Jahren ihr Studio hat. Die Menschen zusammenbringen und ihnen eine kleine Auszeit gönnen aus dem Alltags-Trott, das ist die Idee hinter dem Dottiker Wohnzimmer. Und die intensiven Diskussionen an den Nebentischen machen deutlich, dass das Konzept funktioniert.
Derweil serviert Karin Bochicchio-Stutz dem Journalisten einen Kaffee. «Ich hatte schon immer Lust, als Gastgeberin einen solchen Treffpunkt zu führen», erklärt sie. Doch das grosse berufliche, politische und gesellschaftliche Engagement lässt ihr nur begrenzt die Möglichkeit, sich ihren Traum zu erfüllen. So kam sie zusammen mit ihrer Freundin Loredana Gioia auf die Idee, deren Studio für einen Tag in eine offene Stube zu verwandeln. «Anfangs wollten wir das jeden Freitag machen. Aber wir mussten schnell feststellen, dass dies viel zu viel ist», erzählt die Initiantin lachend. Bevor sie wieder davoneilt, um noch weitere Gäste zu bedienen.
In der Corona-Zeit gestartet
Erstmals geöffnet haben die beiden «Das Wohnzimmer» im November 2020. Also mitten in der Pandemiezeit und unter Auflagen. Gerade in diesen Monaten fühlten sich viele einsam und freuten sich über einen solchen Treffpunkt. Seit dem gelungenen Start öffnen die beiden die Türen immer dann, wenn sie Zeit und Lust haben. An diesem Freitag ist das Café erstmals nach langer Zeit wieder offen. Entsprechend gross ist der Andrang, viele haben das gemütliche Ambiente vermisst. «Bei uns sind alle willkommen, von den Kindern bis zu den Senioren», erzählen die beiden in einer weiteren, kurzen Pause. So habe sich an diesem Morgen eine Gruppe Senioren zum Kaffee hier getroffen. «Sie waren das erste Mal bei uns und freuten sich, hier einen Ort zu finden, wo sie ganz gemütlich käfele und plaudern konnten», berichtet Karin Bochicchio. Denn solche Treffpunkte gebe es immer weniger in den Dörfern.
Über Mittag haben viele Berufstätige eine Suppe als kleine Stärkung genossen. Jetzt am Nachmittag ist die Gästeschar bunt gemischt, die Anwesenden geniessen einen feinen Kaffee oder ein leckeres Stück Torte oder anderes Gebäck. «Alles, was wir anbieten, haben wir selbst gebacken», erklärt Loredana Gioia stolz. Dass sich ein Besuch lohnt, das spricht sich herum. Sogar eine grössere Gruppe aus Waltenschwil hat sich eingefunden. «Wir sind eigentlich jedes Mal dabei, wenn offen ist. Es ist einfach sehr gemütlich hier», erzählen sie. «Wir haben einige, die immer kommen. Aber es gibt auch jedes Mal wieder neue Besucher», sagt Karin Bochicchio. Und die beiden Gastgeberinnen nehmen sich für alle Zeit für einen kleinen Schwatz.
Perfekter Ort
Nicht nur das Angebot auf den Tellern ist verführerisch, auch der Raum ist wunderbar eingerichtet. Es gibt mehrere lange Tische, an denen die Gäste sitzen können, aber auch kuschelige Lounges. «Es ist für mich auch eine Möglichkeit, mein Studio zu präsentieren. Denn dieser Raum kann auch für Events gebucht werden», erzählt Fotografin Gioia. Weil sich das Studio im Dottiker Industriegebiet befindet, störe man hier niemanden mit den Anlässen. «Der Raum eignet sich ideal für unsere Idee», findet auch Kollegin Bochicchio. Man dekoriere ihn jedes Mal wieder etwas neu. Wobei das Ziel immer gleich bleibt. Einen Ort zu schaffen, an dem sich möglichst viele Menschen wohl und daheim fühlen. Wie es in der guten Stube zu Hause auch der Fall ist.
Keine fixen Daten
Die beiden Frauen aus Dottikon übernehmen gerne die Rolle der Gastgeber. Auch wenn der Aufwand im Vorfeld nicht zu unterschätzen ist. Doch die vielen glücklichen Gesichter im Raum sind der verdiente Lohn für all die Mühen. Die Gäste wiederum freuen sich, dass das Wohnzimmer nach einem Jahr Pause endlich wieder offen ist. «Ja, diesmal war die Pause wirklich lang. Aber es kam so viel anderes dazwischen», sagt Karin Bochicchio. Und das Ganze soll Spass machen und nicht zu einem Muss werden. Darum können die beiden auch nicht sagen, wann ihr Wohnzimmer das nächste Mal geöffnet sei. «Am besten folgt man uns auf Facebook oder Instagram, da geben wir die Termine immer im Vorfeld bekannt», erklärt Loredana Gioia. Mehr Werbung braucht es nicht, wie der Grossandrang an diesem Freitag beweist.

