Warum darf die IKEA?
14.11.2023 Grosser Rat, BremgartenWerden die Grossen bevorteilt?
Karin Koch Wick hat im Interesse von Bremgartens Altstadtgeschäften erneut einen Vorstoss in Aarau eingereicht. Darin möchte sie vom Regierungsrat die Frage beantwortet haben, weshalb es der IKEA in Spreitenbach im Zuge deren ...
Werden die Grossen bevorteilt?
Karin Koch Wick hat im Interesse von Bremgartens Altstadtgeschäften erneut einen Vorstoss in Aarau eingereicht. Darin möchte sie vom Regierungsrat die Frage beantwortet haben, weshalb es der IKEA in Spreitenbach im Zuge deren 50-Jahr-Jubiläums erlaubt worden war, an einem Sonntag zu öffnen, während selbiges den Bremgarter Altstadtgeschäften während des Marktes der Vielfalt kategorisch untersagt worden ist. --huy
Vorstoss von Karin Koch Wick im Namen von Bremgartens Altstadtgeschäften
Das Hickhack rund um die nicht erteilten Bewilligungen für die Bremgarter Altstadtgeschäfte am Synesisonntag geht in die nächste Runde. Grossrätin Karin Koch Wick möchte vom Regierungsrat wissen, weshalb für den schwedischen Möbelriesen möglich ist, was den Kleinen im Städtli untersagt wird.
Marco Huwyler
«Gesuche für Sonntagsverkäufe an anderen Daten (als im Advent, Anm. d. Red.) werden nicht bewilligt», hiess es im Schreiben des kantonalen Arbeitsinspektorats lapidar. In wenigen Zeilen mit einer grundsätzlichen Endgültigkeit, wurde diesen Sommer das gut begründete Gesuch der Bremgarter Altstadtgeschäfte abgekanzelt. Sie hatten beim Kanton um eine Sondergenehmigung ersucht, um während des Marktes der Vielfalt am Synesisonntag geöffnet haben zu dürfen – mit Verweis auf die Besonderheit der Bremgarter Tradition und dem Fakt, dass solcherlei während Jahrzehnten bewilligt worden war, bis dann ein neuer Inspektor die Bewilligungspraxis neu auslegte und den Geschäften 2022 die Öffnung zum ersten Mal untersagt hatte.
Zum zweiten Mal mussten dieses Jahr also die Türen der Geschäfte in Bremgartens Altstadt am vierten Sonntag des Oktobers geschlossen bleiben. Einziger Trost: die Motion, die Grossrätin Karin Koch Wick (die Mitte) gemeinsam mit ihrem Bremgarter Kollegen Stefan Dietrich (SP) im Namen der Altstadtgeschäfte in Aarau aufgegleist hatte, ist auf gutem Weg. Die angestrebte Gesetzesänderung, die in besonderen Fällen den Gemeinden einen zusätzlichen Sonntagsverkauf ermöglichen soll, ist aufgegleist. Dann eben in den sauren Apfel beissen und warten, bis die Gesetzesänderung ausgearbeitet ist und die neuen Regeln greifen, dachten sich die betroffenen Lädeler in der Altstadt.
Werden die Grossen bevorteilt?
Verwundert rieben sie sich dann aber die Augen, als unmittelbar nach dem Markt der Vielfalt in der Region grossflächig mit einem Sonntagsverkauf geworben wurde. Die IKEA Spreitenbach feierte ihr 50-jähriges Bestehen in der Schweiz mit offenen Türen am 29. Oktober. Nur eine Woche nach dem Synesisonntag durfte der Möbelriese anscheinend, was den Bremgartern kategorisch untersagt wird. Notabene obwohl das Jubiläum IKEAs noch nicht mal auf jenen Sonntag fiel. Der 50. Jahrestag der Spreitenbacher Filiale war eigentlich bereits am Mittwoch, 6. September.
Vier Fragen
Für Karin Koch Wick alles äusserst stossend. Die Bremgarter Grossrätin möchte es daher genau wissen und reichte vergangene Woche eine Interpellation an den Regierungsrat ein. Gemeinsam mit Mitunterzeichnern aus sämtlichen Parteien möchte sie vom Gremium wissen, weshalb es zur offensichtlich ungleichen Behandlung gekommen sei. «Die Situation ist aufgrund der abschlägigen Erörterungen der Industrie- und Gewerbeaufsicht gegenüber den Geschäften von Bremgarten nicht erklärbar», heisst es im eingereichten Vorstoss, der insbesondere auch von Grossräten aus anderen Aargauer Altstädten unterstützt und mit grossem Interesse verfolgt wird. Koch Wick bittet den Regierungsrat darin um Abklärungen und die Beantwortung der folgenden vier Fragen:
1. Teilt der Regierungsrat die Meinung, dass alle Verkaufsgeschäfte im Kanton Aargau, unabhängig von ihrer Grösse, gleich behandelt werden müssen?
2. Wurde für die Gemeinde Spreitenbach und/oder die IKEA für Sonntag, 29. Oktober, eine Ausnahmebewilligung für Sonntagsarbeit erteilt?
3. Falls eine Bewilligung erteilt wurde: Mit welcher juristischen Begründung?
4. Teilt der Regierungsrat die Meinung, dass eine allfällige Erteilung der Bewilligung für Sonntag, 29. Oktober, der Begründung im abschlägigen Entscheid an Bremgarten widerspricht, wonach Gesuche für Sonntagsverkäufe an anderen Daten als den für die Adventszeit definierten nicht bewilligt würden?
Wurde bei Bremgarten falsch begründet?
Die kantonale Behörde stellt sich einstweilen auf den Standpunkt, dass das Vorgehen in Spreitenbach rechtens gewesen sei und das Arbeitsgesetz das Erteilen von entsprechenden Ausnahmen bei Jubiläen erlauben würde. Für Karin Koch Wick ist dies ein Widerspruch: «Der Kanton hat seinen ablehnenden Entscheid in Bremgarten damit begründet, dass ausserhalb der beiden Sonntage im Dezember generell keine Bewilligungen möglich seien. Keine Bewilligung heisst für mich Null und nicht gewisse einzelne, unter gewissen Voraussetzungen, dann doch.» Wenn an Jubiläen wirklich Öffnungen möglich seien, dann habe das Amt im Umkehrschluss den Ablehnungsentscheid gegenüber den Bremgarter Geschäften nicht richtig begründet. «Für mich heisst das auch, dass man hier in Bremgarten ebenso einen gesetzlich gestützten Weg für eine Ausnahme finden würde.» Zumal es völlig unverständlich wäre, weshalb ein Jubiläum eines einzelnen Geschäfts gegenüber jahrzehntelangen Traditionen in Altstädten Vorrang haben sollte. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass im Falle eines Möbelriesen ungleich viel mehr Angestellte betroffen sind als die Vereinzelten in den Bremgarter Altstadtgeschäften, die überdies freiwillig sehr gerne während des Marktes der Vielfalt arbeiten würden.
Kuscht man also beim Erteilen von Bewilligungen ganz einfach vor der Wirtschaftsmacht eines grossen Steuerzahlers, während die Bedürfnisse der Kleinen als nichtig abgetan werden? Auf die Antworten des Regierungsrats auf den Vorstoss aus Bremgarten darf man in der Tat gespannt sein.