Marco Huwyler, Redaktor.
Männer und Frauen, die gerne in den Nationalrat gewählt werden möchten, sind in diesen Tagen allgegenwärtig. Ein Schritt vor die Tür und schon strahlen sie einem entgegen. Von Säulen, ...
Marco Huwyler, Redaktor.
Männer und Frauen, die gerne in den Nationalrat gewählt werden möchten, sind in diesen Tagen allgegenwärtig. Ein Schritt vor die Tür und schon strahlen sie einem entgegen. Von Säulen, Laternen, Fassaden, Feldern, Balkonen und Gärten aus schenken sie uns unübersehbar ihr schönstes Lächeln. Nun liegt es in der Natur der Sache, dass sich die einschlägigen Lausbuben und -mädchen einer Generation auch heuer wieder einen Spass daraus machen, mittels Filzstift und anderen Hilfsmitteln dafür zu sorgen, dass dieses Lächeln oftmals etwas weniger makellos daherkommt. Zahnlücken, Augenklappen, Pickel, Teufelshörnchen – die Möglichkeiten sind mannigfaltig. Wobei sie bei manchen der Plakat-Handanleger leider oftmals auch in Zerstörungswut ausarten. Einem in der Region bestens bekannten Politiker platzte ob derlei jüngst der Kragen, sodass er den Vandalen in gewohnt Aufmerksamkeit heischender Manier den Kampf ansagte. 2000 Franken will er zur Belohnung aussetzen, «um die linksgrünen Chaoten» zu stoppen. Sie scheinen also überaus wichtig zu sein, diese Wahlplakate – nicht nur für ihn. Wahl für Wahl werden Abertausende von Arbeitsstunden und Schweizer Franken investiert.
Ich frage mich dann jeweils, ob sie nicht massiv überbewertet sind. Wen ich wähle, mache ich doch nicht von einem im Vorbeigehen erhaschten Blick auf ein Gesicht abhängig, von dem ich in diesen Sekundenbruchteilen höchstens noch die Parteizugehörigkeit wahrnehme. Zumindest hoffe ich das. Denn andernfalls wäre dies doch der Gipfel der Oberflächlichkeit. Wofür eine Person steht, was sie auszeichnet und wofür sie sich einsetzt, sollte uns als Entscheidungsgrundlage dienen. Und nicht der Sympathiegehalt eines möglichst oft gesehenen Lächelns – garniert mit ein paar markigen Schlagworten. Angesichts der Wichtigkeit, die Parteien und Kandidaten dem Instrument aber nach wie vor beimessen, müssen wohl irgendwelche Abklärungen und Studien ergeben haben, dass unser Wahlverhalten sehr wohl von solchen flüchtigen Eindrücken abhängt. Dessen sollte man sich auch bewusst sein, wenn man die Wahlunterlagen ausfüllt – und sich nochmals überlegen, weshalb man eigentlich wem seine Stimme geben möchte. Wenn dies künftig etwas weniger von den blitzblanken Zähnen auf den Plakaten unseres Nachhausewegs abhängt, müssen gewisse Exponenten vielleicht künftig auch nicht mehr Kopfgeld in Wild-West-Manier ausloben.