Vor ihnen ist nichts sicher
23.01.2024 Unterlunkhofen, KelleramtSaison für Saison überzeugt die Höllengilde mit ihren aufwendig gestalteten Fasnachtswagen
Sie sind immer für eine Überraschung gut: Die Fasnachts-Clique «Höllengilde» nimmt, ganz ursprünglich fasnächtlich, gerne mal ...
Saison für Saison überzeugt die Höllengilde mit ihren aufwendig gestalteten Fasnachtswagen
Sie sind immer für eine Überraschung gut: Die Fasnachts-Clique «Höllengilde» nimmt, ganz ursprünglich fasnächtlich, gerne mal aktuelle Diskussionen und Themen auf die Schippe. In diesem Jahr geht es dem Wolf an den Kragen. Ein Besuch beim Wagenbau.
Celeste Blanc
Demonstranten, die sich auf den Boden kleben, und Polizei- und Strassenarbeiter, die kein Pardon kennen: Wer sich auf die Strassen leimt, dem drohen Konsequenzen. Und so kratzt eine grosse Schaufel die Querulanten vom Boden und hievt sie mittels Kran direkt in den Schredder, wo aus ihnen Konfetti gemacht wird.
Es ist ein Sujet, das in Erinnerung bleibt. Und viele Menschen an der letztjährigen Fasnacht zum Schmunzeln brachte. «Vor uns ist nichts und niemand sicher», lacht Höllenmeister (Präsident) Kaspar Stöckli. Heuer hingegen sind es nicht die Klimademonstranten, die ihr Unwesen treiben und in aller Munde sind, sondern die Wölfe. Und damit den Schäfchen, sprich den naiven Schaulustigen am Strassenrand, auch ja nichts passiert, müssen die teuflischen Jäger in diesem Jahr während der Umzüge besonders wachsam sein.
Letzte Vorbereitungen laufen
Jeweils am ersten Samstag im Januar fängt die Clique mit dem Wagenbau an. Startet die Fasnacht wie in diesem Jahr früh, kann das schon mal Zeitdruck bedeuten. «Da gilt es einfach, vorwärtszumachen», zwinkert Stöckli. Vorwärtsmachen muss man auch an diesem Vormittag. Schliesslich stehen am kommenden Wochenende mit dem Kinderumzug in Dietikon (Samstag) und dem Jubiläumsumzug in Sarmenstorf (Sonntag) bereits die ersten Umzüge an. Die Arbeiten am Wagen laufen deshalb auf Hochtouren. Es ist laut in der Scheune der Familie Huber in Unterlunkhofen, in der die Höllengilde seit über 10 Jahren ihre Wagen bauen darf. Dabei wird gehämmert, genagelt und geschweisst, was das Zeug hält.
Unter den wachsamen Augen der zwei Wagenbau-Chefs André Stöckli und Adi Rütimann werden die letzten Feinschliffe am Hochsitz vorgenommen. Die Vorfreude ist spürbar, die Stimmung hervorragend. Eigentlich wie immer. «Bei uns gibt es nichts anderes», erklärt der Höllenmeister. «Wir ziehen uns auf, wir diskutieren. Das Miteinander, es ist ein wichtiger Teil der Gilde und wird bei uns grossgeschrieben.»
Seit 1989 treiben sich die teuflischen Narren in der fünften Jahreszeit offiziell herum. Dabei gehen die Aktivitäten um die damaligen Gründungsmitglieder rund um Kaspar Stöckli noch viel weiter zurück. «Damals bauten ein paar den Wagen, mitlaufen wollten aber diverse, die keinen Nagel in den Wagen geschlagen hatten», erinnert er sich zurück. Das ging mit der Zeit nicht mehr auf. «Um einen Fasnachtswagen fertigzustellen, dafür braucht es Manpower.» Deshalb ist seither die Mitgliederzahl auf 15 Personen festgesetzt. Und apropos Manpower – in der Höllengilde mitwirken dürfen trotz Gleichstellung nach wie vor ausschliesslich Männer. «Auch wenn es nicht mehr zeitgemäss ist, halten wir daran fest», so Stöckli. Auf die Frauenquote wird bewusst verzichtet. Der Höllenmeister zwinkert: «Dafür führen wir unsere Damen einmal im Jahr ganz gross aus.»
Wölfe sind im Freiamt zum Abschuss frei
Nebst der aufwendigen Dekoration zeichnen auch technisch raffinierte Spielereien die Wagen aus. Diese liegen in der Verantwortung von Thomas Stutz, dem technischen Bauchef der Gilde. «Er ist ein unglaubliches Allerweltstalent», meint Stöckli. Und seine Erfindungen sind gefragt. Etwa, als der Verein vor Jahren als Kavallerie unterwegs war, entwickelte Stutz eigens dafür Blechrösser, die sich durch das Auf- und Abwippen des Reiters fortbewegen. Eine Konstruktion, mit der man nicht nur einen Ausritt am Volksfest «Uselüte» in Zürich machen durfte, sondern deren Pläne auch von der Firma, von der die Metallfedern stammten, übernommen wurden. «Er tüftelt gern. Dabei ist immer wieder beeindruckend, was er alles zusammenstellt.»
An diesem Vormittag ist Stutz in seiner eigenen Werkstatt. Hier konstruiert er gemeinsam mit seinem Onkel Alfons Stutz eine Jagdflinte, die mit Luftdruck funktioniert und deren Munition aus Tennisbällen besteht. Die Jagdflinte ist unabdingbar für die diesjährige Fasnacht: Schliesslich haben die Wölfe keine Scham mehr und der Jäger braucht ein Gewehr – und anders als durch das Bundesverwaltungsgericht in Val d’Hérens im Wallis entschieden, sind diese an der Freiämter Fasnacht zum Abschuss frei.
Wichtiger Bestandteil sind die Zuschauer
Angelehnt an die SVP-Initiative, die schwarzen Schafe aus der Schweiz zu werfen, mit dem Auf-den-Arm-Nehmen des Werbespots von Fischer-Bettwaren mit einer eigenen Waschmaschine oder eben als aufsehenerregende Schweizer Schwarzgeld-Kavallerie: In ihrer Kreativität weiss die Gilde immer wieder zu überzeugen. Innerhalb des Vereins werden die Ideen jeweils an der vereinseigenen «Landgmeind» präsentiert. Die Präsentation beinhaltet auch das Konzept für den Wagenbau. Abgestimmt wird jeweils so lange, bis ein Sujet zum Sieger erkoren wird. Dabei hätten nebst dem Wolf auch die anderen Themen wie der Gotthard-Tunnel oder die Stromknappheit einen überzeugenden Wagen ergeben. Ob nun politisch oder nicht – für die Gilde ist vor allem eins wichtig: das Einbeziehen der Menschen, die am Fasnachtsumzug am Strassenrand stehen. «Das muss bei einem Wagen einfach dazugehören. Es ist ein Highlight für uns, wenn man im Nachgang an den Umzug hört: «Wieso habt ihr mich nicht auf den Wagen genommen?» Es sind die positiven Rückmeldungen, die eine Genugtuung seien. «Und für die sich auch die aufwendigsten Arbeiten am Wagen lohnen.»
Nicht nur an der Fasnacht aktiv
Die Höllengilde prägt aber nicht nur während der Fasnacht, sondern auch unter dem Jahr das Dorfleben in Unterlunkhofen mit. Und nach der Fasnacht hat der Verein jeweils nur eine kurze Pause, bis er wieder in Aktion tritt, so etwa beim Papiersammeln, beim Aushelfen an Anlässen oder bei der Organisation des nächsten Anlasses, konkret des «Frühlingsfests», das in diesem Jahr am 20. April stattfinden wird.
Fasnacht im Kelleramt
Die Fasnacht im Kelleramt ist mit der Kinderfasnacht und der Näbelgeischter-Nacht in Jonen am vergangenen Wochenende gestartet. Am Donnerstag, 8. Februar, findet ab 11 Uhr die von der Guggenmusik Näbelgeischter organisierte Dorffasnacht auf dem Dorfplatz in Jonen statt. Am Dienstag, 13. Februar, folgt in Oberlunkhofen ab 17 Uhr im Restaurant zum Bauernhof unter dem Motto «Eieiei – was für en Chalberei» die «Uslumpete».
Am darauffolgenden Wochenende zieht die Fasnacht in Unterlunkhofen ein: Am Freitag, 16. Februar, wird nachmittags in Unterlunkhofen an der Kinderfasnacht sowie abends am Knackerball im Schulhaus gefeiert. Am Samstag, 17. Februar, öffnet der Schüürball seine Türen, mit dem die hiesige Fasnacht ihren grossen Abschluss findet.