Verbannt ins Zuckerland
16.08.2023 BremgartenMit «Bonbonbastisch» feierte der Zirkus Arabas Premiere in Mellingen
Am Samstag lud der Arabas Cirque Jeunesse zu seiner Premiere in Mellingen ein. Die Aufführung war ein Leckerbissen für Auge und Ohr, für den virtuell süssen Gaumenschmaus ...
Mit «Bonbonbastisch» feierte der Zirkus Arabas Premiere in Mellingen
Am Samstag lud der Arabas Cirque Jeunesse zu seiner Premiere in Mellingen ein. Die Aufführung war ein Leckerbissen für Auge und Ohr, für den virtuell süssen Gaumenschmaus sorgte das peppige Motto «Bonbonbastisch».
«Der Mittwochdurchlauf war noch chaotisch, aber die Generalprobe stimmt uns zuversichtlich», meinte die Co-Direktorin Nina Hegnauer vor der Premiere, an der als Blickfang unter dem Dach des Vorzelts überdimensionale Bonbons und «Schleckstängel» prangten, effektvoll wie die Nana-Figur von Niki de Saint Phalle im Zürcher HB. Dies war Einstimmung auf das Motto «Bonbonbastisch»: Nach einer Führung in der Süssigkeitenfabrik bleiben drei Kinder versehentlich in der Halle zurück. Die Nacht bricht herein, und die Süssigkeiten – verzaubert von Feen – erwachen zum Leben. Eine Nachtschicht der besonderen Art beginnt für die eingeschlossenen Kinder. Bereits im Verbindungsgang zur Manege strahlten den Zuschauern mit Zuckerringen gerahmte Porträts der jungen Zirkusstars entgegen. Ein Beispiel, das zeigt, mit welcher Liebe zum Detail beim Arabas Zirkus gemacht wird.
Der Lohn für Knochenarbeit
Das Erwachen der Süssigkeiten zum Leben ist wahrlich eine vitale, dynamische Sache. Verschiedenste traditionelle Disziplinen wie Jonglage, Schwungseil, Trapez, Diabolo, Räder und Tuch werden ergänzt durch neuere wie Strapaten (Bänder) und Roue Cyr (Mono-Rhönrad). Das tönt alles sehr technisch und man erahnt, wie viel hartes Training – angeleitet durch die Zirkusdirektion Nina Hegnauer und Joël Demierre – die Jugendlichen seit den Frühlingsferien absolviert haben. Früher hat man als Trainer Profis beigezogen. Dieses Jahr war das nicht mehr nötig, weil sämtliche Coaches aus Bisherigen rekrutiert werden konnten, wie Nina Hegnauer stolz berichtete.
Teilweise professionell – abgesehen von einzelnen Längen – wirkten die Nummern, abwechslungsreich und begeisternd. Doch der Arabas gab sich nicht mit einer blossen Abfolge von Einzeldarbietungen zufrieden. Ein moderner Zirkus kommt kaum daran vorbei, einen roten Faden zu spinnen. Geschickt verknüpft waren diese Einzelshows nämlich durch theatralische Einlagen, in denen das Konzept «Bonbonbastisch» unterhaltsam illustriert wurde, was den nötigen Umbauten Zeit und Raum verschaffte. Für den Kitt zwischen den Nummern und die passende Ambiance während den Auftritten sorgte auch das fabelhafte Zirkusorchester um den Frontman Patrick Honegger, der zusammen mit Brigitte Brun Singer auch Gesamtregie führte. Stücke wie «Skyfall» oder Coldplays «Viva la vida» wurden arrangiert für die altersdurchmischte Band, die stets diskret präsent blieb und einfach zu dem Live-Erlebnis eines guten Zirkus gehört. Ebenso wie das überzeugend umgesetzte Lichtdesign von Quirin Gratwohl.
Eine Armada von Helfern und Helferinnen
Ein Blick in das Programmheft verrät sofort, wie viel helfendes Personal im wahrsten Sinne des Wortes sich für den Zirkus mobilisieren liess. Viele Eltern und Ehemalige waren in verschiedenster Weise hinter den Kulissen aktiv, zuständig für Verpflegung, Maske und Frisuren sowie Requisiten und Bühnenbild. Kostüme wie britische Rainbow Lollys (Regenbogen-Schleckstängel) waren neben schwarzen Lakritzen oder Zuckerwatten in der Manege zu bestaunen. Besonders gelungen war die Tuchnummer, wo sechs Artistinnen sich als Erdbeerzuckerstangen gekonnt in hängenden rotweissen Tüchern tummelten – eine optisch und akrobatisch ausgefeilte Show.
Zahnpolizei greift ein
Damit der Zuckerfimmel aber nicht völlig überbordete, erschienen als blitzsaubere Zähne verkleidete Figuren in der Manege, welche einem kariösen Zahn zunächst mittels Lupe, Zahnbürste und dann mit einem Zahnarztwerkzeug – dargestellt durch den Schlauch eines Rückenstaubsaugers – bedrohlich zu Leibe rückten. Eine vergnügliche Parodie auf (verpasste) Dentalhygiene, die dem Theatralischen im Zirkus einen würdigen Platz einräumte.
Keep smiling! – wie die Profis
Das wohl prägendste Element der Vorstellung war die reife Auftrittskompetenz der jungen Zirkusleute. Selbst wenn mal ein Missgeschick passierte – man blieb meist bei der Sache, bewahrte den Fokus und vor allem den Kontakt mit dem Publikum, indem man lächelte, strahlte, mit Körperspannung seine Rolle unentwegt behauptete. So sprang der Funke immer wieder wie ein Bann über auf die Zuschauer rund um die Manege. Mit einem langen, begeisterten Applaus würdigte das Publikum diese Leistung, die auch trainiert sein will und nicht von ungefähr kommt.
Die Zirkusdirektion bedankte sich abschliessend bei den Ehemaligen, den Sponsoren und Gönnerinnen für die Unterstützung. Ein grosser Dank ging an Rico Herzig von der HEVO AG, die auch dieses Jahr wieder Gastrecht auf der Zirkuswiese gewährte. Zu guter Letzt überreichte die Zirkustruppe allen Eltern einen Lolly und beschenkte auch die Direktion mit persönlichen Girlanden. Der Zirkus Arabas spielt noch 12Vorstellungen bis am 10. September. Prädikat: Sehr empfehlenswert. --as