Teenager leiten Stadtverwaltung
21.06.2024 BremgartenGeneration Z übernimmt
Lernende leiten eine Woche lang die Stadtverwaltung
Wer vom 8. bis 12. Juli in Bremgarten ein offizielles Anliegen hat, der wird von Teenagern empfangen. Ein Pilotprojekt, von dem viele Seiten profitieren sollen. ...
Generation Z übernimmt
Lernende leiten eine Woche lang die Stadtverwaltung
Wer vom 8. bis 12. Juli in Bremgarten ein offizielles Anliegen hat, der wird von Teenagern empfangen. Ein Pilotprojekt, von dem viele Seiten profitieren sollen.
Marco Huwyler
«Ziit för d Generation Z – Lernende führen ein Stadtbüro» heisst das Projekt, das im Bremgarter Rathaus während der ersten Sommerferienwoche umgesetzt wird. Dabei erteilen die vier KV-Lernenden, die momentan in verschiedenen Bereichen der städtischen Verwaltung ihre Ausbildung geniessen, Auskünfte zu Anliegen aller Art und bearbeiten verschiedenste Anfragen – am Telefon, per Mail oder persönlich am Schalter.
Auch ein Testlauf für die Stadt
Die vier Teenager der Stadtverwaltung haben sich auf ihre Woche voller Verantwortung über ein halbes Jahr lang vorbereitet und fühlen sich dementsprechend bestens gerüstet. «Wir wollen den Leuten zeigen, was wir können und hier gelernt haben, und möchten einen guten Eindruck hinterlassen», sagt Fabio Buggiani, der in diesen Tagen seine Lehre auf der Verwaltung abschliesst – und damit als «Erfahrener» beim Lernendenprojekt vorangehen will.
Er und seine drei Kolleginnen und Kollegen gehen zuversichtlich in die Woche und ermuntern die Menschen, die Dienste der Gemeinde auch oder gerade in jener Zeit zu nutzen. «Wir geben unser Bestes, damit die Leute den gewohnten Service erhalten und es auch nicht länger geht als normalerweise», betonen sie.
Während die vier Lernenden vom Projekt im Hinblick auf ihre berufliche Zukunft profitieren und in der Praxis lernen, was es heisst, hinzustehen und Verantwortung zu übernehmen, erhofft sich auch die Stadt einen Mehrwert vom Stadtbüroprojekt. Es könnte ein Testlauf sein für eine Idee, mit der der Stadtrat schon länger liebäugelt.
Bremgarten geht mit einem Projekt neue Wege
Vom 8. bis 12. Juli übernehmen die vier Lernenden der Stadt Verantwortung über sämtliche Anfragen. Seit Monaten bereiten sie sich darauf vor. Mit dem Projekt will die Stadt auch eine neue Grundidee testen.
Marco Huwyler
Fabio Buggiani hat ein gutes Gefühl. In diesen Tagen hat er seine schriftlichen Prüfungen absolviert. Seine Lehre steht vor dem Abschluss. «Man weiss nie. Aber ich hoffe schon, dass ich bestanden habe», lächelt der 18-Jährige bescheiden. Seit bald drei Jahren arbeitet er auf der Stadtverwaltung. Dort ist Buggiani einer von momentan vier KV-Lernenden. Und gemeinsam mit seinen drei Gspänli Elias Ming, Olivia Schönbächler und Rilana De Odorico hat er sich in den vergangenen Monaten noch auf etwas anderes vorbereitet als die Abschlussprüfung. Etwas, das zwar keine Noten gibt, aber gewiss nicht minder herausfordernd ist. Denn die Bremgarter Lernenden leiten vom 8. bis 12. Juli in Eigenregie die Verwaltung der Stadt Bremgarten. Sämtliche Telefone, Schalterbesuche oder schriftlichen Anfragen werden eine Woche lang von den Teenagern entgegengenommen, bearbeitet oder weitergeleitet.
Vier unterschiedliche Abteilungen
«Ziit för d Generation Z – Lernende führen ein Stadtbüro», nennt sich das Projekt. Und die jungen Bremgarter haben sich akribisch darauf vorbereitet. Seit neun Monaten treffen sie sich regelmässig zu Sitzungen – untereinander oder mit Vorgesetzten. Stadtintern haben sie ihr Projekt vorgestellt und präsentiert. Etwa vor dem versammelten Gesamtstadtrat. Und das, was sie dort zum Besten gaben, kam offenbar gut an bei der Obrigkeit. «Sie haben uns viel Glück gewünscht und gesagt, dass sie dann selbst einmal ausprobieren, wie man in dieser Woche bedient wird», lächelt Olivia Schönbächler. Die 17-Jährige ist im zweiten Lehrjahr bei der Stadt. Und hat dabei bereits in vier städtischen Abteilungen mitgearbeitet.
«Das ist eine Besonderheit und Herausforderung unserer Lehre», sagt sie. Im Halbjahresturnus rotieren die Lernenden zwischen den Abteilungen Steuern, Finanzen und Controlling, Stadtkanzlei, Einwohnerdienste und Repol. «Es ist nicht einfach, dann jeweils wieder fast bei null zu beginnen. Schliesslich unterscheiden sich die anfallenden Arbeiten mitunter stark», bestätigt auch Buggiani. Doch am Ende der drei Jahre steht eine abwechslungsreiche Ausbildung, während der unterschiedliche Erfahrungen gemacht wurden und viele verschiedene Kompetenzen erworben werden konnten. Anfang Juli gilt es nun, diese in einer Woche alle zusammen abzurufen.
Hilfe nur, wenns nötig ist
Die vier Lernenden richten ihr «Stadtbüro» beim Schalter der Abteilung Steuern ein. Und sind dort Anlaufstelle für vier städtische Abteilungen. Lediglich die Repol wurde im Projekt ausgeklammert, da man dort auch mit sehr Heiklem konfrontiert sein kann. Der Schalter der Einwohnerdienste ist in besagter Woche geschlossen. Mit Pfeilen und per Infoscreen werden die Besucher zu den Lernenden weitergeleitet. Welche vom Stadtbüro aus ihr Bestes geben, um die mannigfaltigen Aufgaben und Anfragen zur Zufriedenheit aller Bürgerinnen und Bürger aufzunehmen, zu bearbeiten oder weiterzuleiten. Ausgerüstet mit Checklisten, Anleitungen und dem Rucksack bereits gemachter Erfahrungen ihrer Lehre, helfen sie sich primär gegenseitig. Nur wenn alle Stricke reissen oder die Anfrage wirklich kompliziert wird, sollen die Vorgesetzten eingreifen und hinzugezogen werden. Alltägliches dagegen sollen die Lernenden in Eigenregie meistern.
Bremgarten als Vorreiter
Für die städtischen Mitarbeitenden hat dies einen angenehmen Entlastungseffekt. Doch dies ist selbstredend nicht das Ziel. Falls das Pilotprojekt heuer gut läuft, können sich die Verantwortlichen rund um Stadtschreiber-Stv. Maja Schelbert, die das Ganze initiierte, gut vorstellen, dass es zum fixen jährlichen Teil der Lehre bei der Stadtverwaltung wird. Und diese damit noch attraktiver macht. Denn so eine Woche in Verantwortung der Anfragen einer 8800-Einwohner-Gemeinde macht sich gut im CV – und als Lebenserfahrung. Bremgarten zeigt sich dabei wieder einmal als innovativer Vorreiter. Denn die Idee, den Lernenden den «Laden» eine Weile zu übergeben, kennt man zwar aus dem Detailhandel, doch eine Gemeinde hat das Konzept weitum noch nie gewagt.
Dereinst ein fixes Stadtbüro?
Das Projekt mit den Lernenden dient den Verantwortlichen zudem als Testlauf für eine Idee, die im Rathaus schon länger verfolgt wird. Analog zu anderen Zentrumsgemeinden wie Baden überlegt man sich, ein Stadtbüro zu schaffen, das den Bürgern als Anlaufstelle für Anliegen aller Art dient – bevor diese dann bei Bedarf an die weiteren Stellen vermittelt werden. «Wir haben im Vorfeld des Leuefäschts – als der Pop-up-Store im Stierli-Haus der Stadt als Festbüro diente – gemerkt, dass dies bei den Leuten gut ankam», sagt Maja Schelbert. Die zentrale Anlaufstelle mit niederschwelligem Zugang abseits vom Rathaus habe zu einem befruchtenden Austausch von Stadtmitarbeitern mit der Bevölkerung geführt. Der Stadtrat kann sich deshalb vorstellen, eine solche «Aussenstelle» als Stadtbüro dereinst fix zu betreiben. «Ein einfacher Stützpunkt für Fragen und Anliegen aller Art, um noch näher bei den Menschen zu sein», beschreibt Schelbert die Idee dahinter. Mit dem Stadtbüro der Lernenden sieht man nun ein erstes Mal, wie sich eine einzige Anlaufstelle für vier Abteilungen in der Praxis bewährt.
Eine Visitenkarte sein
Für die Teenager der Stadt dagegen ist die Woche auch ganz abgesehen von derlei Überlegungen eine aussergewöhnliche Erfahrung. «Ich freue mich darauf», sagt Buggiani. «Unser Projekt gibt mir ein gutes Gefühl. Auch eine Bestätigung dafür, dass wir und alle Kundinnen und Kunden nun sehen, was wir können und gelernt haben.» Nervös sind Buggiani und Schönbächler nicht. «Noch nicht», lacht die 17-Jährige. «Das kann ja noch kommen.» Vor allem hoffen die beiden, dass sie einen guten Job machen. «Freundlich und kompetent wollen wir rüberkommen», sagen sie. «Und dabei eine gute Visitenkarte gegen aussen abgeben.» Für die Stadt. Aber auch für ihre «Generation Z», über die man allerhand hört und liest. Und die sich in Bremgarten in ihrem besten Licht präsentieren will.