Sieg auf mehreren Ebenen
14.10.2025 Sport, Fussball1. Liga classic: FC Solothurn – FC Wohlen 0:1 (0:0)
Der FC Wohlen gewinnt in Solothurn mit 1:0. Den Erfolg muss man den Freiämtern umso höher anrechnen, da sie fast eine Stunde lang in Unterzahl spielen. Mit diesem Sieg rückt der FCW näher an die ...
1. Liga classic: FC Solothurn – FC Wohlen 0:1 (0:0)
Der FC Wohlen gewinnt in Solothurn mit 1:0. Den Erfolg muss man den Freiämtern umso höher anrechnen, da sie fast eine Stunde lang in Unterzahl spielen. Mit diesem Sieg rückt der FCW näher an die Tabellenspitze heran.
Josip Lasic
Nach dem Abpfiff des Spiels gegen Solothurn explodiert die Bank des FC Wohlen vor Freude, als hätte das Team einen grossen Titel gewonnen. Dabei war es «nur» ein 1:0 in einem Meisterschaftsspiel gegen Solothurn. Dass dieser Sieg der Mannschaft so viel bedeutet, hat Gründe. Einer davon: Wohlen spielte ab der 35. Minute in Unterzahl. So ein Tor zu erzielen oder gar einen Punkt zu erkämpfen, wäre schon ein Erfolg gewesen. Das Spiel zu gewinnen, besonders da es zum Zeitpunkt der Roten Karte noch 0:0 stand, war eine beeindruckende Leistung des FCW. Dabei hatten die Wohler bis zum Platzverweis gegen Noah Jappert kaum Zugriff aufs Spiel. Im Vergleich zu den letzten Partien, in denen die Freiämter spielerisch überzeugten, blieben sie diesmal blass. Die einzigen Torchancen hatte Solothurn. Wohlen verdankt es mehrfach Torwart Nico Ammann, dass sie nicht in Rückstand geraten. «Die Gelb-Rote Karte war ein Spiegelbild unserer Startphase», sagt Wohlen-Trainer Piu. «Wir waren nicht konzentriert, spielten keinen guten Fussball und standen zu weit von den Gegnern weg. Nur dank Nico blieben wir im Spiel.»
Verwarnung für falschen Spieler
Die Rote Karte resultierte aus einer kuriosen Situation. In der 35. Minute riss Noah Jappert einen Solothurner Stürmer zu Boden. Seine Aktion war nachvollziehbar, da der Gegner sonst allein auf das Tor zugestürmt wäre. Das Problem: Jappert war bereits verwarnt. Die erste Gelbe Karte erhielt er nach einem Zweikampf zwischen Captain Alban Pnishi und einem Solothurner Spieler. Die Aktion konnte als Foul von Pnishi gewertet werden. Allerdings hätte die Gelbe Karte auch an den Captain gehen müssen. Jappert stand nur daneben. Der junge Abwehrspieler ist verwirrt. «Die zweite Gelbe Karte ist legitim. Aber ich weiss nicht, was ich bei der ersten getan habe. Ich hatte auch ein wenig Körperkontakt, aber der Zweikampf fand zwischen Alban und dem Solothurner statt.»
Beim FC Wohlen wurden Erinnerungen an die letzte Saison wach. Auch damals gab es auswärts in Solothurn eine kuriose Gelb-Rote Karte. Sie ging an die Adresse von Alban Pnishi. Einen von den Freiämtern gehaltenen Penalty liess der Schiedsrichter zudem wiederholen. Am Ende stand es 0:5. Die Mannschaft fühlte sich benachteiligt. Das war noch im Hinterkopf. Piu: «Zum zweiten Mal kassieren wir hier eine Gelb-Rote Karte für nichts.» Dass sich die Mannschaft diesmal nicht abschlachten liess, sondern einen Sieg einfuhr, ist eine Genugtuung für den FCW. «Ich weiss, was ich für eine Mannschaft habe, und war überzeugt, dass wir das Spiel gewinnen können.
Das habe ich dem Team auch so kommuniziert und gesagt, dass sie so weitermachen sollen.»
In der zweiten Halbzeit trifft Goalgetter Dramane Sissoko nach einem Konter über Noel Romano und Javi Gabathuler mit einer starken Einzelaktion zum 1:0. «Ich habe ihm gesagt, dass er warten, in der Nähe des Mittelkreises bleiben und bei unserem Ballbesitz lossprinten soll. Dann würde er sein Tor schon noch erzielen. Und so ist es gekommen.» Nach dem Führungstor zeigt Wohlen viel Cleverness sowie Kampf- und Teamgeist. Solothurn wirkt überfordert und ideenlos. Am Ende kommt Frust dazu, sodass sich kurz vor Schluss Damir Mehidic auch noch eine Rote Karte einfängt. «Ich habe der Mannschaft gesagt, dass sie glauben muss, dass wir ein gutes Team sind. Jetzt können wir Selbstvertrauen mitnehmen und auch sonst viel Positives. Mir fehlen die Worte für das, was die Jungs im Endspurt gezeigt haben. Ich bin den Tränen nahe.» Denn es kommt noch eine weitere Genugtuung dazu. Für Piu ist es der erste Sieg gegen Solothurn.
Den Schwung mitnehmen
Wie viel den Wohlern der Sieg bedeutet, ist auch einen Tag später noch auf den sozialen Medien zu sehen. Zahlreiche Spieler posten Bilder des Spiels und wie man anschliessend gemeinsam gefeiert hat. Der FC Wohlen holt den fünften Saisonsieg, revanchiert sich bei Solothurn und beweist sich selbst, wie viel Klasse in der Mannschaft steckt. Diesen Schwung gilt es mitzunehmen. Nächsten Samstag, 16 Uhr, gastiert man bei den Old Boys Basel in der Cup-Qualifikation. Eine Woche später, 17 Uhr, kommt es auf den Niedermatten zum Direktduell gegen Delémont. Wohlen ist auf Rang 4 in der Tabelle geklettert und punktgleich mit den Jurassiern auf Rang 3. Mit einem weiteren Erfolg kann sich der FCW in der Spitze festsetzen.
Konkurrenzkampf belebt
Goalie Nico Ammann ist einer der Helden des Spiels
Da Joel Bonorand aktuell verletzt ist, war klar, dass Nico Ammann das FCW-Tor gegen Solothurn hüten wird. Der 21-Jährige zeigt eine gigantische Leistung, hält mehrere Grosschancen der Gastgeber. Er selbst ist mit seinem Auftritt aber nur teilweise zufrieden. «Ich bin froh, dass ich einige Gegentore verhindern und die Mannschaft im Spiel halten konnte. Meine Abschläge und die langen Bälle waren aber nicht so das Beste.» Mit seinen Paraden hat er sich aber mehr als nur dafür rehabilitiert, dass der eine oder andere Abstoss im Aus gelandet ist.
Dass er so selbstkritisch ist, ist nachvollziehbar. Wohlen-Trainer Piu hat gesagt, dass es keine fixe Nummer eins im Tor gibt. In den bisherigen elf Pflichtspielen hütete fünfmal Bonorand das Tor, sechsmal Ammann. Er begrüsst diese Rotation allerdings. «Im Endeffekt ist es positiv für beide. Man weiss nie, wer spielt, und muss immer sein Maximum abrufen. Das fördert beide, wenn man in jedem Training seine Bestleistung abliefern muss. Wer sich besser präsentiert hat, spielt.» An Ammann sieht man auch, wie sehr dieser Konkurrenzkampf fördern kann. In den letzten drei Spielen stand er im Tor. Dreimal konnte Wohlen zu null spielen. Er ist gut in Form. «Das Wichtigste ist, dass das Team drei Punkte geholt hat. Wenn die Null steht, ist es aber umso schöner.» --jl