Reicht künftig die Vernunft?
17.03.2023 Hägglingen, Region UnterfreiamtAktion «Häggligrüen»: Grosses Interesse am Themenabend «Wasser» in Hägglingen
Die Aktion «Häggligrüen» nahm sich des Themas «Wasser» an. Die Situation in Hägglingen wurde durch eine ...
Aktion «Häggligrüen»: Grosses Interesse am Themenabend «Wasser» in Hägglingen
Die Aktion «Häggligrüen» nahm sich des Themas «Wasser» an. Die Situation in Hägglingen wurde durch eine Vor-Ort-Besichtigung der Grundwasserfassung, ein Praxisbeispiel aus der Landwirtschaft sowie eine Podiumsdiskussion anschaulich dargestellt.
Wasser ist farblos sowie geruch- und geschmacklos – und lebenswichtig für Tiere, Natur und den Menschen. Pro Tag werden rund 160 bis 180 Liter auf bereitetes Trinkwasser pro Person in Privathaushalten der Schweiz zum Trinken und Kochen, zur Körperpflege und im Haus und Garten verbraucht. Diese tägliche Menge macht Mario Roost von Aktion «Häggligrüen» mit zu einer Pyramide aufgestellten Mineralwasserf laschen deutlich.
Laut dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) verfügt die Schweiz grundsätzlich über genügend Wasserreserven. Auf der BAFU-Website liest man, dass 80 Prozent des Trinkwassers aus dem Grundwasser gewonnen werden, der Rest kommt aus Seen. Auch bei tiefen Wasserstandsverhältnissen steht in den grossen Grundwasservorkommen ausreichend Grundwasser zur Verfügung. Bei kleineren lokalen Quellen können in Trockenperioden Engpässe entstehen.
Durch die geringeren Niederschläge der letzten Jahren liegen verbreitet tiefe Grundwasserstände vor. Diese erholen sich auch nicht durch einen kräftigen Regenguss. Meist wird dabei nur die obere Bodenschicht befeuchtet. Im Grundwasser kommt wenig davon an. Grundwasserquellen reagieren somit langsamer als Flüsse und Seen und stellen Gemeinden seit einigen Jahren vor ein Problem der Wasserknappheit. So auch in Hägglingen. Gemeinderat Ruedi Schmid erklärt vor Ort die Funktion der Grundwasserfassung Dottikermatte. Diese Anlage an der Verbindungsstrasse von Dottikon nach Hägglingen pumpt aus der Tiefe des Bodens Grundwasser – aber nur das, was tatsächlich vorhanden ist.
Aufrufe nützen zum Wassersparen
«Wir beobachten, dass die Anlage mehr pumpen könnte, als wir gewinnen», sagt Schmid. In niederschlagsarmen Zeiten sinkt der Grundwasserspiegel. Die Gemeinde prüft dann, wie lange die vorhandene Wassermenge für die Bürger und Bürgerinnen, aber auch die Landwirtschaft und die örtlichen Betriebe ausreicht. Sinkt der Wasserpegel zu sehr, muss die Gemeinde rechtzeitig handeln.
«Bevor es zu Verboten kommt, rufen wir alle zum Wassersparen auf», sagt Ruedi Schmid. Dass diese Vorgehensweise wirksam ist, zeigen die Zahlen der Wasserverbräuche. 2022 ist nach dem Gemeindeaufruf der Wasserverbrauch – im Vergleich zu den Vorjahren – zurückgegangen.
Andreas Vogel ist Landwirt. Vor ein paar Jahren hat er seinen Hof auf Bio umgestellt und produziert Erbsen, Bohnen sowie Zuckermais. Dazu versorgt er 59 Rinder. Sein Anbau und seine Tiere brauchen ausreichend Wasser.
Bio-Gemüse braucht Wasser
Umso erstaunlicher, dass er davon weniger verwendet als manch einer zum Bewässern seines Gartengrundstücks. «Für einen Quadratmeter Boden brauche ich eine 10-Liter-Giesskanne Wasser am Tag», erklärt er. Sein jährlicher Anteil am Gemeindeverbrauch aller Bürger und Bürgerinnen liegt bei 1,5 Prozent. Aber jeder Sommer ist für ihn eine neue Zitterpartie, denn noch mehr Wasser einsparen kann er nicht. Sein Hof liegt am Ortsrand. Damit hängt er am Ende der Wasserleitung, weit und breit gibt es kein Fliesswasser, wobei die Topografie in Hägglingen einige Lösungsmöglichkeiten zusätzlich erschwert und Investitionen sich nicht rechnen. Auch eine eigene Wassergewinnung kann er durch den wechselnden Feldanbau nicht zentral einrichten – hier muss er flexibel agieren können. Für Bio-Gemüse erwarten die Verbraucher eine sehr gute Qualität und dazu benötigt es ausreichend Wasser. Dazu kommt, dass Andreas Vogel bei Wasserknappheit von der Gemeinde nur ein bestimmtes Wasserkontigent erhält. Im Vergleich zum Privathaushalt, der nur zum Wassersparen angehalten wird, ist das für einen Landwirt eine ungleiche und gar riskante Situation. Was ist, wenn in trockenen Phasen die Bürger und Bürgerinnen sich nicht genügend an die Wasserspar-Appelle halten?
Sparanreize anbieten?
Auch diese Frage und weitere diskutierte Mario Roos in der abschliessenden Podiumsdiskussion mit den Teilnehmenden und Referenten. Sollten die Wasserpreise nicht nach dem Wasserverbrauch festgesetzt werden? Reicht es aus, nur auf die Vernunft der Verbraucher zu setzen? Sollten der Bau und Betrieb von Swimmingpools nicht eingeschränkt werden? Ist es nicht möglich, kostensparende Anreize oder Förderprogramme der Gemeinde beim Neuoder Modernisierungsbau anzubieten? Braucht Hägglingen eine autarke Wasserversorgung? Könnten private Quellen nicht aushelfen oder kann nicht nach weiteren Wasservorkommen gesucht werden? Ruedi Schmid beantwortet als Gemeindevertreter geduldig die Fragen. Auch dass bei der Suche nach weiteren Wasservorkommen die Erwartung grösser als das Ergebnis war. Dazu kommt, dass Schutzzonen berücksichtigt werden müssen – nicht überall eignen sich also Flächen zur Nutzung. «Aktiv verteilen wir Informationsmaterial und appellieren im Bedarfsfall weiter zum Wassersparen. Dazu haben wir in Hägglingen das beste Wassernetz der Region. 2022 hatten wir nur vier Wasserrohrbrüche.» Und er erwähnt, dass der Gemeinderat unter dem Stichwort «Projekt Wasser 2035» in Klausur gehen wird. Damit sucht der Gemeinderat für Hägglingen weiter aktiv für viele Fragen die richtigen Antworten und hofft vermutlich auf einen weniger trockenen Jahresverlauf. --mub
Aktionen
Die Aktion Häggligrüen informiert, dass die Arbeitsgruppe «Umwelt Dottikon» zu einer Führung am Samstag, 15. April, 10 Uhr, ins Wasserkraftwerk Bremgarten einlädt. Ausserdem gibt es am Mittwoch, 24. Mai, 19 Uhr, einen Informationsabend zum Thema «Wasserbüffel und Laubfrösche». Informationen und Anmeldungen über die Website www.umweltdottikon.ch.