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28.11.2023 Oberwil-Lieli, MutschellenHitzige Debatte um Weiher
«Gmeind» stimmt für Projekt
Mit 47 Nein- zu 104 Ja-Stimmen sprachen sich die Oberwil-Lieler Stimmberechtigten klar für das Projekt «ökologische Aufwertung Fischgräben» aus. Der Gemeinderat beantragte die ...
Hitzige Debatte um Weiher
«Gmeind» stimmt für Projekt
Mit 47 Nein- zu 104 Ja-Stimmen sprachen sich die Oberwil-Lieler Stimmberechtigten klar für das Projekt «ökologische Aufwertung Fischgräben» aus. Der Gemeinderat beantragte die Ablehnung des vom Initiativkomitee angestossenen Baus von Tümpeln. Bevor an der Gemeindeversammlung abgestimmt wurde, debattierten die Anwesenden rund eine Stunde lang. Nationalrat Andreas Glarner sprach etwa von stinkenden Tümpeln, Mückenplagen und lautem Froschgequake. Diese Gegenargumente konnten eine Mehrheit aber nicht überzeugen. --red
«Gmeind» spricht sich für Weiher im «Fischgraben» aus
Gegen den Willen des Gemeinderats hiess der Souverän den Bau eines naturnahen Gewässers im Gebiet Fischgraben mit 104:47 Stimmen gut. Dies nach einer zum Teil emotionalen Diskussion.
Erika Obrist
Wenn es regnet, steht das Wasser regelmässig in den Wiesen unterhalb des Falterwalds. Auch auf der Parzelle 377, die der Einwohnergemeinde gehört. Weshalb auf dieser Parzelle nicht gleich einen Weiher anlegen und so kriechendem, schwimmendem und fliegendem Getier eine Heimat geben? Zur Verschönerung des Dorfs und zur Freude von Gross und Klein. Ein Weiher von rund 100 mal 40 Metern mit einheimischen Ufergehölzen, in dem sich alsbald verschiedene Amphibien, Insekten und Vögel wohlfühlen werden.
Diese Idee verfolgen die Initianten Hansjörg Geissmann, Hansruedi Riner und Erwin Jansen. Ein entsprechender Antrag wurde an der Gemeindeversammlung im November 2022 gegen dem damaligen Widerstand des Gemeinderates überwiesen.
Gemeinderat ist dagegen
Wie Gemeinderat Dominik Weidmann an der «Gmeind» am letzten Freitag ausführte, würde der Kanton von den Baukosten in Höhe von 280 000 Franken die Hälfte übernehmen. Er ist auch zuständig für den Unterhalt des Weihers. Die Baueingabe könnte Anfang nächsten Jahres erfolgen, der Baustart ein Jahr später.
Der Gemeinderat allerdings sprach sich gegen die Umsetzung des Vorhabens ein. Es gehe Kulturland verloren; die Drainage in der Wiese funktioniere nach wie vor; es entstehe kein Weiher – ein solcher sei sowieso nicht bewilligungsfähig –, sondern ein Riedgebiet mit schwankendem Wasserstand. Zudem sei der Nutzen für die Gemeinde gering, begründete Ammann Ilias Läber die Ablehnung. Die Bewilligung für ein Offengewässer sei vom Kanton in Aussicht gestellt worden, so Erwin Jansen. Mitinitiant Hansjörg Geissmann warb für die Artenvielfalt. «Lasst uns etwas für die Bevölkerung und die Natur tun.» Auch gehe kein wertvolles Kulturland verloren, vielmehr werde eine Magerwiese zu einer Feuchtwiese.
Tümpel mit Mückenplage?
Nationalrat Andreas Glarner stand dem Gemeinderat bei. Entstehen werde ein stinkender Tümpel mit einer Mückenplage sowie lautem Froschgequake. Bei langer Trockenheit werde der Tümpel zur Müllhalde, weil die Leute ihren Abfall reinwerfen. «Er wird gewaltigen Ärger auslösen», war er sich sicher. Eine Frau fürchtete, Kinder auf dem Schulweg könnten im Weiher ertrinken. Worauf ein Teilnehmer entgegnete, eher werde ein Kind vor dem Schulhaus überfahren von den Eltern, die ihre Mädchen und Buben bis vors Schulhaus chauffieren. Ein Redner warf dem Gemeinderat nach der Präsentation der Vorund Nachteile eines Weihers im «Fischgraben» Arroganz vor. Dagegen verwahrte sich Ilias Läber deutlich. Schliesslich sprach sich Gemeinderätin Rita Brem für das Anlegen eines Weihers aus. «Das geht gar nicht in einer Kollegialbehörde», enervierte sich Andreas Glarner.
Dass die Meinungen bereits vor der Versammlung gemacht waren, zeigte sich jeweils an der Lautstärke des Applauses nach den einzelnen Wortmeldungen. In der Abstimmung sprachen sich 47 Teilnehmende gegen das Anlegen eines Weihers aus, 104 waren für die Umsetzung des Vorhabens. Worauf Ammann Ilias Läber den Initianten gratulierte.
Nachtragskredit bewilligt
Weit weniger hitzig ging es bei der Behandlung der restlichen Traktanden zu und her. Zu reden gab der Nachtragskredit von 465 600 Franken für den Neubau der Mehrfamilienhäuser im Unterdorf. Diese sind der Erweiterung des Vorhabens geschuldet. Zusätzlich gebaut werden vier kleine Wohnungen im Untergeschoss, fünf zusätzliche Parkplätze, eine Photovoltaikanlage und ein Schutzraum für 150 Personen. Die gesamten Mehrkosten belaufen sich auf 1,164 Millionen Franken. Die Einwohnergemeinde muss davon 465 600 Franken tragen, die Ortsbürgergemeinde 698 400 Franken. «Die Kosten für die Photovoltaikanlage sind zu hoch veranschlagt», brachte ein Teilnehmer vor. Auch die Notwendigkeit der Schutzräume wurde in Zweifel gezogen. Der Gemeinderat werde penibel auf die Kosten achten und sicherstellen, dass auf lange Sicht genügend Schutzräume zur Verfügung stehen, so Gemeinderätin Gabriela Bader. Daraufhin wurde der Kredit mit grossem Mehr genehmigt.
Ebenso unbestritten war das Budget 2024 mit dem unveränderten Steuerfuss von 48 Prozent. Gerechnet wird mit einem kleinen Ertragsüberschuss von nicht ganz 48 000 Franken.
Martin Imhof verabschiedet
Zum Schluss der Versammlung wurde Martin Imhof verabschiedet. 23 Jahre lang war er in der Arbeitsgruppe Landschaft tätig. Gemeinderätin Rita Brem würdigte die Verdienste des Landschaftsbeauftragten und überreichte ihm ein Geschenk. Zugleich hiess sie Imhofs Nachfolger Maurus Renggli willkommen. Ebenfalls mit einem kleinen Geschenk.
Die Beschlüsse
An der Gemeindeversammlung in Oberwil-Lieli in der Mehrzweckhalle nahmen am letzten Freitag 178 von 1850 Stimmberechtigten teil. Sie fassten folgende Beschlüsse einstimmig oder mit grossem Mehr. 1. Ja zum Protokoll vom 9. Juni. – 2. Ja zum Budget 2024 mit dem unveränderten Steuerfuss von 48 Prozent. – 3. Ja zu drei Einbürgerungsgesuchen. – 4. Ja zum Zusatzkredit von 465 600 Franken für den Neubau der Mehrfamilienhäuser Unterdorf. – 5. Ja zum Verpflichtungskredit von 400 000 Franken für die Sanierung der Oberholzstrasse/Rossweidstrasse. – 6. Ja zur Aufwertung «Fischgraben» (104:47). – 7. Ja zur Übernahme von 25 300 Franken für die Stromkosten anlässlich der Etappenankunft der Tour de Suisse (2 Nein).
Mit Ausnahme der Einbürgerungen unterliegen sämtliche Beschlüsse dieser Versammlung dem fakultativen Referendum. --eob