Nicht mehr wegzudenken
09.08.2024 MutschellenDie Jugend begleitet und geprägt
Am 23. und 24. August ist das Fest zum 30-Jahr-Jubiläum der Jugendarbeit Mutschellen
Seit drei Jahrzehnten sorgt die offene Jugendarbeit auf dem Mutschellen dafür, dass sich auch die Jugendlichen in ...
Die Jugend begleitet und geprägt
Am 23. und 24. August ist das Fest zum 30-Jahr-Jubiläum der Jugendarbeit Mutschellen
Seit drei Jahrzehnten sorgt die offene Jugendarbeit auf dem Mutschellen dafür, dass sich auch die Jugendlichen in den Gemeinden verstanden fühlen. Es war ein langer Weg vom Jugendtreff «Grotte» zum heutigen «JAM».
Sabrina Salm
Sie hätten einfach «Bock» gehabt, das 30-Jahr-Jubiläum der Jugendarbeit auf dem Mutschellen gross zu feiern, sagt Jonathan, Joni, Blickenstorfer, der Leiter der Jugendarbeit Mutschellen. Mit Angeboten für Klein und Gross wie Bubble Balls oder dem Zirkus Arabas sowie Konzerten mit Mike Eric, Farewell Shelter, Knackeboul und Cachita wird am Festwochenende aufgetrumpft. Einblicke in den Jugendtreff sowie die offizielle Einweihung des Pumptracks darf man ebenfalls erwarten. «Die Vorbereitungen laufen gut. Jetzt geht es an die Feinheiten», berichtet Blickenstorfer.
Der Jugendarbeit ist es ein grosses Anliegen, den Geburtstag für alle ansprechend zu gestalten und ihn für alle zugänglich zu machen. «So freuen wir uns auf ehemalige, heutige und zukünftige Weggefährten», sagt Blickenstorfer.
Neben den vielen Attraktionen und Konzerten kann man auch in die Geschichte der Mutscheller Jugendarbeit eintauchen. Bilder, Berichte und bestimmt viele Anekdoten werden an diesen zwei Tagen preisgegeben und an der Ausstellung zugänglich gemacht. Die OK-Mitglieder des Jubiläumsfestes haben bereits jetzt einen Blick auf die Entwicklung der Jugendarbeit auf dem Mutschellen geworfen. «Die Jugend, das Freizeitverhalten sowie die Treffs sind heute anders als früher», weiss der Jugendarbeiter. Diesem Fakt sei die Jugendarbeit immer nachgekommen und habe sich dementsprechend auch stets angepasst. So ist die damalige «Grotte» am Bahnhof Berikon-Widen genauso anders wie der Treff «Chilli» im Bürgisserhus und das heutige «JAM» in der Burkertsmatt. Der gleiche Nenner über all die Zeit: Die jungen Mutschellerinnen und Mutscheller wurden von der Jugendarbeit begleitet und geprägt.
30 Jahre Jugendarbeit auf dem Mutschellen – vom Jugendtreff «Grotte» übers «Chilli» bis zum heutigen «JAM»
Die Jugendarbeit auf dem Mutschellen hat sich längst etabliert. Was heute für viele Kinder und Jugendliche normal ist, war früher ein grosses Politikum. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich viel getan – eines ist jedoch geblieben: die Wichtigkeit der Jugendarbeit.
Sabrina Salm
Bahnhof Berikon-Widen im Jahr 1991. Jugendliche der damaligen Gruppierung Radikale Mutschellenfront (RMF) pöbeln Migranten an und bedrängen sie. Sogar von Waffen war in den Medien die Rede. Ein Vorfall der in dieser Zeit kein Einzelfall war. Die RMF war von 1990 bis 1993 aktiv und der Bahnhof Berikon-Widen war ein wichtiger Treffpunkt dieser rechtsradikalen jungen Männer. Jugendliche kamen leicht mit der Gruppierung in Berührung. Dieser Umstand machte auch den Lehrkräften der Kreisschule Mutschellen (KSM) Sorge. Einer von ihnen war der ehemalige SP-Grossrat Thomas Leitch. Er schrieb einen offenen Brief an die Behörden, den auch viele seiner Lehrerkolleginnen und -kollegen unterschrieben hatten. Diese sollten handeln, damit den Jugendlichen etwas geboten werde und sie nicht auf die schiefe Bahn geraten. «Wenn wir merken, wie einzelne junge Mädchen und Knaben schon im Volksschulalter verkommen und niemand etwas dagegen unternimmt, dann macht dies ohnmächtig», so die dringenden Worte. Einstellung eines «Gassenarbeiters» sowie Schaffung von Aufenthaltsräumen für Jugendliche oder Schaffung einer Beratungs-/Anlaufstelle für Jugendliche mit Problemen wurden als mögliche Massnahmen eingebracht.
Den Stein ins Rollen gebracht
«Dieser Brief verursachte einigen Wirbel bei den Behörden und drohte, eher kontraproduktiv zu wirken», berichtet Johnathan, Joni, Blickenstorfer. Der heutige Leiter der Jugendarbeit Mutschellen und seine Teamkollegen haben für das Jubiläumsfest (siehe Kasten) viel in den Archiven gestöbert und Zeitzeugen, die Teil der Geschichte der Mutscheller Jugendarbeit waren, aufgesucht. «In Zusammenarbeit mit Pfarrer Ewald Scholer gelang es dann, die Sache konstruktiv vorwärtszubringen und die Behörden an einen Tisch zu bekommen.»
Im März 1992 wurde von politischen und kirchlichen Behörden die Arbeitsgruppe Jugendpolitik Mutschellen konstituiert. Die Trägerschaft wurde später in «Kommission für Jugend und Freizeit» unbenannt. Ein Gemeindeverband zwischen Berikon, Widen und Rudolfstetten-Friedslisberg entstand.
Erfolg gleich im ersten Jahr
Im Oktober 1994 war es dann so weit und der Mutscheller Jugendtreff «Grotte» wurde in den ehemaligen Post-Räumlichkeiten am Bahnhof Berikon-Widen eröffnet. Die Benützungsdauer wird mit höchstens drei Jahren von den Verbandsgemeinden angenommen. «Die Jugendlichen sollen darin unterstützt werden, den Treffpunkt weitgehend selbstständig zu gestalten und zu führen. Die Leitung hilft ihnen dabei, ihre Projekte und Vorhaben zu verwirklichen», so die Zeilen dieser Zeitung vor 30 Jahren. Die Leitung übernahm Christoph Marthaler, der somit der erster Jugendarbeiter auf dem Mutschellen war. Er erarbeitete auch das Konzept.
Gleich zu Beginn hat das Jugendhaus seinen Zweck erfüllt. «Nach einem Betriebsjahr ziehen die Verantwortlichen des Jugendtreffs eine positive Bilanz», steht in einem Zeitungsbericht. Auch die Kantonspolizei äusserte, dass es um den Mutscheller Bahnhof viel ruhiger geworden sei, seit der Jugendtreff in Betrieb ist. Die Toleranz unter den Jugendlichen sei beispielhaft. Ausgrenzungen gab es nur, als gewisse Exponenten der rechtsextremen «Mutschellen-Front» versuchten, im Treff so etwas wie ein Vereinslokal zu etablieren. Sie seien demokratisch vertrieben worden, wie es in dem Zeitungsbericht weiter heisst.
1996 wurde ein zweiter Jugendarbeiter eingestellt: Paul Tuor. Er hat zehn Jahre auf dem Mutschellen gearbeitet und schreibt von einer sehr guten Zeit. Die Festigung und Akzeptanz der Jugendarbeit, die Zusammenarbeit mit der Oberstufenschule und der Jugendkommission bezeichnet er als wichtige Entwicklungspunkte. An die «legendären» Töggeli-Turniere in der «Grotte» erinnert er sich gerne. «Wir hatten sehr kreative und motivierte Jugendliche im Jugendtreff.»
Im Wandel der Zeit mitgewachsen
Das 10-Jahr-Jubiläum der Jugendarbeit und des Treffs wurde mit mehreren Anlässen gefeiert. Kurz darauf war das Jugendhaus «Grotte» Geschichte. Die Jugendarbeit musste dem Neubau der heutigen Post weichen. Neue Räumlichkeiten wurden im Bürgisserhus gefunden. Unter dem Namen «Chilli» war es dort von 2005 bis 2011. «Die Nachbarn im Quartier hatten wenig Freude. Zerbrochene Glasflaschen auf Quartierstrassen kamen nicht gut an», schreibt Brigitte Santmann Rubin, die von 2004 bis 2008 Jugendarbeiterin war. Sie und Martin Binz führten dann ein Alkoholund Rauchverbot im Jugendtreff ein. Auch die Aufsuchende Arbeit wurde damals eingeführt.
Heute ist die Jugendarbeit im Sportund Begegnungszentrum Burkertsmatt zu Hause. «Uns und den Jugendlichen gefällt es hier sehr gut», sagt Blickenstorfer. Er zeigt sich beeindruckt von der Geschichte der Mutscheller Jugendarbeit. «Sie war damals, vor 30 Jahren, schon sehr fortschrittlich.» Mit den Jahren wurde die Jugendarbeit immer mehr institutionalisiert. «Die Jugend hat sich verändert», meint er völlig wertfrei. «So, wie eben auch die Zeit.» Im Gegensatz zu früher habe die quantitative Arbeit abgenommen – die Einzelberatungen dafür zugenommen. Dem Wandel der Zeit hat auch die Jugendarbeit auf dem Mutschellen immer Folge geleistet und ihre Konzepte angepasst. «Und wird es auch die kommenden Jahre tun.» Blickenstorfer freue sich auf das Jubiläums-Wochenende, um auch mit den «Pionieren» ins Gespräch kommen zu können. So wie auch Jugendarbeiter Marcel Lepper. Für ihn sind das Jubiläum und das Treffen von Ehemaligen etwas ganz Besonderes, denn er war früher als Jugendlicher selbst «Grotte»-Gänger. «Hier wurde ich für meinen heutigen Beruf inspiriert.»
Zweitägiges Fest zum Jubiläum
Am Freitag, 23. August, startet das JAM-Fäscht um 17 Uhr. Die Eröffnungsrede folgt um 19 Uhr. Musik gibt es von Mike Eric, Zeit, Farewell Shelter, dkÜ und Dajo. Gefeiert wird bis 2 Uhr. Am Samstag, 24. August, geht es dann um 12 Uhr weiter. Um 13.30 Uhr beginnt die Vorstellung des Zirkus Arabas und ab 14 Uhr können Mutige sich selbst im Zirkusmachen üben. Der Pumptrack wird um 15 Uhr eingeweiht. Konzerte gibt es ab 18.30 Uhr von Marlin, Knackeboul, JAM Nostalgic, Cachita und Tunesquad Crew. Bis 2 Uhr morgens dauert die Party. Verschiedene Essensstände sorgen für Essen und Trinken. Auf dem Festareal der Burkertsmatt gibt es vieles zu entdecken. Für weitere Attraktionen sorgen die Ludothek Mutschellen oder beispielsweise der Unihockeyclub. Jugendliche, die Schulsozialarbeiter und Kommissionsmitglieder sind tatkräftig am Mithelfen. «Trotzdem suchen wir noch weitere Helfer.» Wer mitmachen will, meldet sich bei den Jugendarbeitern.




