Markante Steuererhöhung
10.11.2023 BremgartenIn Bremgarten soll der Steuerfuss 2024 um 6 Prozentpunkte auf 100 Prozent steigen
Das vom Stadtrat vorgelegte Budget birgt Brisanz. Aufgrund gestiegener Kosten und anfallender Investitionen sollen die Steuern deutlich erhöht werden. Die Stadt sieht sich zu diesem ...
In Bremgarten soll der Steuerfuss 2024 um 6 Prozentpunkte auf 100 Prozent steigen
Das vom Stadtrat vorgelegte Budget birgt Brisanz. Aufgrund gestiegener Kosten und anfallender Investitionen sollen die Steuern deutlich erhöht werden. Die Stadt sieht sich zu diesem Schritt gezwungen, wie sie vor der «Gmeind» in drei Wochen betont.
Marco Huwyler
Die Einwohnergemeindeversammlung am Donnerstag, 30. November, im Casino dürfte für einige hitzige Diskussionen sorgen. Denn wie jetzt bekannt gegeben wurde, plant Bremgarten mit dem Budget 2024 mit einem um sechs Prozent höheren Steuerfuss aus als bisher. Trotzdem weist das Budget einen Verlust von 325 000 Franken aus.
Grund dafür sind vor allem die gebundenen Kosten, die in Bremgarten im Vergleich zum Budget 2023 um gleich 1,7 Millionen Franken höher ausfallen – und unerklärbar scheinende Rückgänge bei den Steuereinnahmen. «Eine Summe von vielen kleinen Faktoren», wie Stadtammann Raymond Tellenbach bilanziert. «Grosse Steuerzahler haben wir definitiv nicht verloren, das wurde überprüft.»
Trotzdem ist Sparen angesagt
Höhere Ausgaben, geringere Einnahmen und der Umstand, dass in den nächsten Jahren grosse Investitionen anstehen, deren Notwendigkeit eigentlich niemand ernsthaft bezweifelt, haben den Stadtrat zum Schritt der Steuererhöhung gezwungen. «Wir haben uns den Entscheid sicher nicht leicht gemacht und uns lange selber dagegen gewehrt», sagt Tellenbach. Schlussendlich habe man aber nach zahlreichen Sitzungen und Debatten einsehen müssen, dass dies der einzige gangbare Weg sei, ohne dass die Verschuldung komplett aus dem Ruder läuft und sich Bremgarten kaputtspart. Ohne Sparmassnahmen kommt das Budget 2024 aber auch mit dem nach oben geschraubten Steuerfuss nicht aus. Budgetposten wie die Lasershow am 1. August wurden gestrichen. Auch ist vorerst der Luxus der Gratisparkstunde Vergangenheit in Bremgarten. «Schlussendlich sind sich im Rathaus alle einig, dass es trotz Sparen ohne Steuererhöhung nicht geht», sagt Tellenbach. Auch die Finanzkommission stehe überzeugt und geschlossen hinter dem Budget 2024. Inwieweit dies auch die Stimmbürger Bremgartens tun, wird man am 30. November ein erstes Mal sehen.
«Wir brauchen Geld»
Budget-«Gmeind»: Steuerfusserhöhung gemäss Stadtrat eine Notwendigkeit
Bremgarten müsse nun notgedrungen doch in den sauren Apfel beissen, finden die Verantwortlichen bei der Stadt. Gleich um sechs Prozentpunkte sollen die Steuern nächstes Jahr erhöht werden. Gründe dafür sehen die Verantwortlichen einige.
Marco Huwyler
«Um Abschreibungen und anstehende Investitionen finanzieren zu können», sei es eine Notwendigkeit, den Steuerfuss Bremgartens von 94 Prozent auf 97 Prozent zu erhöhen, hiess es 2019. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Nachdem die Gemeindeversammlung den Antrag ihrer Regierung zunächst angenommen hatte, ergriff ein überparteiliches Komitee unter Führung der SVP das Referendum – und schwang in der Volksabstimmung knapp obenaus. Die Steuererhöhung war bachab geschickt.
Rätselhafter Rückgang
Nun, vier Jahre später, wagt die Regierung einen neuen Anlauf. Und die Begründung tönt ähnlich wie damals. Dass eine Steuererhöhung über kurz oder lang wieder Thema in Bremgarten werden würde, war eigentlich allen klar. Zu sehr schweben anstehende Investitionen in Millionenhöhe (Bärenmatt, Schulraum, Casino, Bibenlos-Knoten usw.) wie ein Damoklesschwert über der Gemeinde. Dass der Stadtrat für 2024 aber gleich um sechs Prozentpunkte erhöhen will, ist happig – zumal vor einem halben Jahr noch ein stolzer Gewinn von 2,2 Millionen Franken in der Rechnung 2022 ausgewiesen worden ist, der laut Stadtrat vor allem einem überraschend starken Anstieg der Steuereinnahmen zu verdanken war.
Nun, sechs Monate später, hat sich der Wind allerdings gedreht. «Genauso überraschend positiv, wie die Mehreinnahmen damals waren, ist nun die Entwicklung in diesem Jahr überraschend negativ», sagt Stadtammann Raymond Tellenbach. Die Einnahmen aus dem Steuerbereich stagnieren nicht nur, sie sind sogar rückläufig. «Es ist kaum zu erklären, woran das liegen mag. Es sind wohl viele kleine Gründe, die sich zu einer grossen Summe summieren. Abzüge, die neu geltend gemacht werden. Wie ein Grundrauschen, das vorübergehend laut war und jetzt abgenommen hat», mutmasst Stadtschreiber Beat Neuenschwander.
Die abnehmenden Steuererträge haben zur Folge, dass man momentan rund 800 000 Franken hinter dem Budget 2023 liegt und in einem halben Jahr eine negative Jahresrechnung wird ausweisen müssen. «Und die Aussichten bezüglich künftiger Steuererträge sind leider nicht rosiger», sagt Tellenbach. Deshalb müsse man nun etwas tun. Denn die Ausgabenseite wächst stetig.
Pflege und Bildung wurden massiv teurer
Gleich 1,7 Millionen Franken höher sind diverse gebundene Kosten im nächsten Jahr. Vor allem die Beiträge an die Pf legefinanzierung (+ 633 200 Franken) und die Besoldungsanteile der Lehrpersonen (+ 252 100 Franken) springen als massiv höhere Budgetposten ins Auge. «Es ist so, dass wir in Bremgarten einen Anstieg an Menschen haben, die im Alter betreut werden müssen», sagt Tellenbach. «Und oft steigen sie gleich bei hohen – sprich teuren – Pflegestufen ein, weil sie, solange es nur ging, zu Hause geblieben sind.» Genauso verzeichnete man einen Anstieg der Schüler. «Zusammen mit dem Umstand, dass die Notwendigkeit und der Einsatz von Individualbetreuung einzelner Schüler steigend ist, führt dies auch dort zu deutlichen Mehrausgaben für Lehrpersonal», erklärt die Leiterin der städtischen Finanzen Mirjam Zedi.
Gegen 200 Einsparungen
Steigende Ausgaben, sinkende Einnahmen also. «Die Rechnung ist simpel – wir brauchen Geld», sagt der Stadtammann. Den Schritt hin zu einer Steuererhöhung habe man sich nicht leicht gemacht. «Im ersten Budgetentwurf war das Defizit auf rekordhohen 5,4 Millionen.» In zahlreichen Sitzungen habe man dieses verringert, wo es nur ging. «Insgesamt rund 200 Positionen haben wir angepasst.» So wurde unter anderem die Show anlässlich der Bundesfeier gestrichen (Feuerwerk bzw. Lasershow), die Gratisparkstunde (beim Isenlauf, Casino und Obertor) abgeschafft und die Vereinsehrung abgesagt. Und auch bei der Schule machte man Abstriche und strich etwa Schulmaterialgelder. «Einige wirklich schmerzhafte Posten», wie Neuenschwander betont. Dennoch bestand auch nach den Kürzungen gemäss den Berechnungen von Finanzleiterin Zedi noch ein strukturelles Defizit von über 1,5 Millionen Franken. «Die Schere klappt auseinander. Wir müssen reagieren.» Mit den veranschlagten sechs Prozentpunkten und einem neuen Steuerfuss von 100 Prozent generiert Bremgarten Mehreinnahmen von 1,2 Millionen Franken. Unter dem Strich bleibt also immer noch ein Defizit. 325 200 Franken beträgt dieses im neuen Budget. «Damit ist es im erträglichen Rahmen», findet Tellenbach.
Grosse Hoffnung auf Verständnis
Deutlich höhere Steuern bei gleichzeitigem Leistungsabbau also. Das wird den Stimmbürgern nicht leicht zu erklären sein. Der Stadtpräsident ist dennoch zuversichtlich. «Ich glaube daran, dass die Bremgarterinnen und Bremgarter einsehen werden, dass daran kein Weg vorbeiführt, wenn wir nicht ein Verschuldungsfiasko wollen», sagt er. Vor allem da im Vergleich mit 2020 nun auch die anstehenden Investitionen noch konkreter und unmittelbar vor der Brust stehen. «Eine Vogel-Strauss-Politik im Hinblick auf die grossen, unübersehbaren Projekte ist kein gangbarer Weg.» Der Stadtammann betont, dass er jeden, der eine Ablehnung des Budgets empfiehlt, hartnäckig nach alternativen Gegenvorschlägen fragen werde. «Denn viele Möglichkeiten gibt es gar nicht.» Sparen könne man höchstens noch dort, wo das eigentlich niemand wolle. «Wir könnten Mieten für die Turnhalle verlangen, die Märkte nicht mehr unterstützen oder das Hallenbad schliessen. Aber da hört für mich das Sparen auf.» Und einfach mit demselben Steuerfuss weiterzumachen und darauf zu hoffen, dass es dann doch nicht so arg kommt, sei keine Option, wie Finanzleiterin Zedi betont. «Selbst wenn es sich in eine unvorhergesehen positive Richtung entwickelt und die Steuereinnahmen plötzlich wieder ansteigen und wir Gewinn machen, ist dies nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Bremgarten braucht nun jahrelang viel Geld.»