«Man wollte damit nicht angeben»
16.09.2025 Film, WohlenFilm-Vorpremiere «Eine Fabrik in Katalonien» – das Leben des Wohlers Cäsar Dubler
Eine Demütigung im heimischen Wohlen hat ihn in die Ferne getrieben. Cäsar Dubler wanderte als 20-Jähriger nach Barcelona aus. Und hatte dort ein ...
Film-Vorpremiere «Eine Fabrik in Katalonien» – das Leben des Wohlers Cäsar Dubler
Eine Demütigung im heimischen Wohlen hat ihn in die Ferne getrieben. Cäsar Dubler wanderte als 20-Jähriger nach Barcelona aus. Und hatte dort ein erfolgreiches und spannendes Leben als Unternehmer. Helena Dali hat es in einen Dokumentarfilm verpackt.
Daniel Marti
«Sie wollte eine Familiengeschichte vor dem Vergessen retten.» Dies war die Botschaft von Daniel Renggli, Präsident des Filmklubs Wohlen, als er Filmemacherin Helena Dali und ihren Film «Eine Fabrik in Katalonien» ankündigte. Und Helena Dali hat genau das realisiert. Ihr Dokumentarfilm ist ein feines Stück Historie über einen erfolgreichen Wohler, der in Spanien anerkannt wurde. Der 65-minütige Streifen kam bei der Vorpremiere jedenfalls bestens an.
In der Hauptrolle der Wohler Cäsar Dubler, 1888 geboren, 1908 von Wohlen nach Barcelona ausgewandert. Er baute sich dort ein kleines Imperium auf. Musste Rückschläge einstecken, die Wirren eines Bürgerkrieges überstehen und sich mit der Franco-Diktatur arrangieren. Nach einer beschwerlichen Flucht zu Beginn des Bürgerkrieges kehrte er an die Stätte des Erfolges zurück. Wie heftig der Bürgerkrieg war, zeigt die Tatsache, dass sein Geschäftsführer, seine rechte Hand, offenbar am ersten Tag der spanischen Revolution umgebracht wurde – während Dubler bereits ausser Land war.
Nach seiner Rückkehr nach Barcelona feierte er weitere unternehmerische Erfolge und übergab die Firma schliesslich seinem Sohn Cäsar Emil Dubler.
Die Familienvilla als Diplomatensitz
Warum er einst von Wohlen auszog und auswanderte, blieb lange im Verborgenen. Eine Demütigung war der Grund. Eine beträchtliche Steuernachzahlung, vom Gericht angeordnet, kratzte am Stolz der Familie Dubler. Cäsar Dubler wollte die Ehre der Familie wiederherstellen – aber nicht in der Heimat, sondern in Barcelona.
Helena Dali besetzt neben Cäsar Dubler praktisch die zweite Hauptrolle im Dokumentarfilm. Ihre Spurensuche – in Wohlen und in Barcelona – ist im Film dominant. Und sie stöberte manches Geheimnis und manche Dubler-Infrastruktur auf. Die Familienvilla, erbaut um die 1920er, steht noch heute in Barcelona. In Bürgerkriegszeiten diente sie als Diplomatensitz für die Schweiz – dies war eine Idee des Unternehmers Cäsar Dubler, der stets eigene Wege ging. Die Fabrikgemäuer gibt es allerdings nicht mehr, auf diesem Gelände steht heute eine Sportanlage.
Filmemacherin und Regisseurin Dali hat auch das Grab von Cäsar Dubler gefunden . Es wird noch fünfzehn Jahre lang bestehen bleiben, dann ist auch diese Spur verschwunden. Sie sprach in Barcelona mit Historikern und mit Museumsverantwortlichen. Sie spürte Dublers Fährte auf, auch in Wohlen bis hin zu den katalonischen Pyrenäen. Die Idee, nach Cäsar Dubler zu forschen, liegt in der eigenen Familie. Ihre Schwiegermutter deutete ab und zu etwas an. Und Dali spürte, dass da etwas war, was die Familie am liebsten nicht ansprach. Es habe stets geheissen, die hatten in Barcelona eine Fabrik, so Dali. Cäsar Dubler war der Vater ihrer Schwiegermutter, Margrith Binkert-Dubler (1926 bis 2018). Viel gab dagegen das Familienalbum der Schwiegermutter preis – und diese Sammlung brachte Helena Dali vollends auf den Geschmack. «Da habe ich mit der Recherche begonnen. Und aufgrund der Bilder im Familiennachlass kam die gesamte Dubler-Geschichte über drei Generationen zum Vorschein», sagte sie an der Vorpremiere vor rund 100 interessierten Besucherinnen und Besuchern.
Bescheidenheit und ein schönes Kompliment
Auch nach intensiver Forschung und nach Überlieferungen von Enkelkindern «ist es eine Geschichte von Lücken» geblieben. Ob denn die Familie irgendwelche Ereignisse verheimlichen wolle, lautete eine Frage aus dem Publikum. «Nein, sicher nicht», so die Antwort der Nachkommen.
Der Grund für die Auswanderung mag zwar ein Skandal, eine Demütigung gewesen sein. Danach wurde der unternehmerische Erfolg aber nur wenig angesprochen. «Es war Bescheidenheit. Man sprach damals nicht über das, was man hatte. Man wusste einfach, dass es eine grosse und erfolgreiche Fabrik in Barcelona gab. Aber man wollte damit nicht angeben.» So erzählten die drei anwesenden Familienmitglieder Christoph und Gregor Binkert, Söhne von Margrit Binkert-Dubler, sowie Andreas Dubler, Sohn von Tito Dubler. «Aber in Barcelona war schon klar, wer denn hinter der Erfolgsgeschichte Dubler steckt», so der einheitliche familiäre Tenor.
Selbst die Verwandtschaft wusste längst nicht alles. Im Gegenteil. «Dank den Recherchen von Helena Dali haben wir vieles erfahren.» Rund ein Jahr lang forschte Helena Dali. Per Zufall wurde sie zudem im Internet auf eine Ausstellung über die Dubler-Fabrik in Barcelona aufmerksam. Und in der ETH ist sie auf ein eingelagertes Familienalbum gestossen. «Das hat mein Interesse geweckt.» Viele dieser Bilder sind nun im Dokumentarfilm zu sehen.
Vor allem aus Wohler Sicht hochinteressant
An der Vorpremiere gab es auch ein wunderbares Kompliment von Kameramann Andreas Pfiffner. Fünf Tage lang wurde in der Schweiz gedreht, acht Tage in Spanien, was für einen solchen Film eine sehr überschaubare Dauer ist. «Helena Dali wusste eben von Anfang an, was sie wollte», so Pfiffner.
«Cäsar Dubler war in erster Linie ein Unternehmer, der zeitweise bis zu 1000 Mitarbeitende beschäftigte. Er war gut vernetzt. Ein ruheloser Geist», sagt Helena Dali über die Hauptperson ihres Filmes. Genau das wird im Dokumentarfilm aufgezeigt. Informativ, unterhaltsam und aus Wohler Sicht natürlich hochinteressant.
Der Dubler-Film ist eine gelungene Premiere ihres Schaffens. Und Helena Dali war an der Vorpremiere gleichzeitig erleichtert, dass ihr Erstlingswerk in Wohlen so gut angekommen ist. «Ein gelungener Abend», freute sie sich.
So geht es weiter
Der Film «Eine Fabrik in Katalonien» ist an diversen Festivals eingereicht, international und national. Unter anderem auch in Solothurn für die Filmtage 2026. «Die Zusagen dauern jeweils etwas», sagt Helena Dali, «in der Regel steht die Auswertung, also wo und vor welchem Publikum der Film gezeigt wird, am Anfang eines Festivals.» Es gibt auch Einkäufer, über die kann ein Film den Weg in die Kinoauswertung, in die TV-Auswertung oder in Streamingdienste finden.
Der Dokumentarfilm «Eine Fabrik in Katalonien» ist eher ein kurzer Kino- oder TV-Film. Deshalb wird Dali versuchen, den Film in ausgewählten Programmkinos in der Region zu zeigen. Am liebsten mit Präsenz der Regisseurin, also Kinovorführungen mit Eventcharakter. «Das hat sich als Erfolgsmodell erwiesen.» Eines ist folglich sicher: Den Film wird man in regionalen Kinos sehen können.