«Kuzeb für immer»
16.05.2025 BremgartenEinigung steht
Kuzeb: Die Vereinsmitglieder sind auf gutem Weg, den Gebäudekomplex zu erwerben
Die Kuzeb-Verantwortlichen haben Neuigkeiten. Noch 300 000 Franken ist man davon entfernt, das Kulturzentrum Bremgarten käuflich ...
Einigung steht
Kuzeb: Die Vereinsmitglieder sind auf gutem Weg, den Gebäudekomplex zu erwerben
Die Kuzeb-Verantwortlichen haben Neuigkeiten. Noch 300 000 Franken ist man davon entfernt, das Kulturzentrum Bremgarten käuflich erwerben zu können. Über den Kaufpreis der Liegenschaft wurde derweil eine grundsätzliche Einigung erzielt.
Marco Huwyler
Jede Änderung bringt auch Chancen mit sich. Auch wenn sie auf den ersten Blick noch so nach Hiobsbotschaft tönt. Die Nachricht, dass die Besitzerfamilie die ehemalige Kleiderfabrik an der Zürcherstrasse abstossen möchte, klang erst mal wie das Ende des autonomen Kulturzentrums Bremgarten (Kuzeb). Doch daraus hat sich inzwischen eine Bewegung entwickelt, die dem Verein ungeahnten neuen Elan und Tatkraft verlieh. «Die Trägheit der Post-Corona-Ära ist wie weggeblasen», beschreibt es Mel Casutt, eine von vielen engagierten Kuzeb-Vereinsaktiven. Und der frische Wind gipfelt nun wohl in der Tatsache, dass der Verein sein besetztes Haus käuflich erwerben kann. Mit der Besitzerfamilie Meyer wurde in diesen Tagen eine grundsätzliche Einigung über den Kaufpreis erzielt.
Kampagne läuft auf Hochtouren
Die genaue Höhe des Betrags wollen die Verantwortlichen (noch) nicht preisgeben. Er soll sich zwischen 3,5 und 4 Millionen Franken bewegen. Was klar ist: Man wähnt sich auf gutem Weg, diese Summe tatsächlich stemmen zu können. Dies liegt vor allem an einem anonymen Grossspender, der eine Millionensumme
zugunsten des Vereins einschiessen wird. Eine halbe Million muss das Kuzeb aber selbst aufbringen. Dies tut man mittels einer schweizweiten Sammelkampagne. Nach zwei Monaten hat man rund 200 000 Franken beisammen. Damit sehen sich die Verantwortlichen auf Kurs. In den verbleibenden dreieinhalb Monaten bis Ende August müssen aber nochmals 300 000 Franken zusammenkommen. Dafür will man weiterhin Gas geben.
Noch 300 000 Franken fehlen bis zur Übernahme
Die Kampagne für den Verbleib des autonomen Bremgarter Kulturzentrums (Kuzeb) ist auf gutem Weg. Mit der Besitzerfamilie Meyer hat man sich auf den Kaufpreis geeinigt. Dank dem grossen Engagement von ganz vielen soll der Rest der benötigten Summe in den nächsten Wochen zusammenkommen.
Marco Huwyler
Noch sind es rund dreieinhalb Monate. Bis Ende August haben die Betreiber des ältesten autonomen Kulturzentrums der Schweiz Zeit, den Betrag für den Erwerb des bisher «besetzten» Gebäudekomplexes im Herzen Bremgartens aufzutreiben. So will es die Vereinbarung mit der Besitzerfamilie Meyer. «Wir sind guten Mutes», lächelt Tobias Estermann. Gemeinsam mit Gleichgesinnten gibt er Auskunft zum Stand der Dinge der Causa «Kuzeb bleibt!». Einer selbst für die bewegte Geschichte des 32-jährigen Bremgarter Kulturzentrums beispiellosen Kampagne, die schier unzählige Aktivitäten beinhaltet. Das Ziel: Land- und Liegenschaftserwerb der Räumlichkeiten, in denen man seit über drei Jahrzehnten ein- und ausgeht und wo mitten in Bremgarten ein kleines Paradies für Freigeister und Freiheitsliebende aller Art entstanden ist. Das soll auch in Zukunft so bleiben.
Ab heute ein Spendenbarometer
An Konzerten, Festivals, Partys, mit Solidaritätsaktionen, Spendenaufrufen und Merchandise-Artikeln soll die nötige Summe aufgebracht werden, die es braucht, damit die Betreiber die Existenz ihres Kuzeb langfristig sicherstellen können. «Uns fehlen zum jetzigen Zeitpunkt noch rund 300 000 Franken», sagt Estermann. Heute Freitag wird auf der Website www.kuzeb-bleibt.ch ein Spendenbarometer aufgeschaltet. Dort kann man den Fortschritt in den kommenden Wochen transparent beobachten. «Wir erhoffen uns, dass dadurch, dass ein konkretes Ziel in Form einer Zahl ersichtlich ist, noch mehr Schwung in die Kampagne kommt und noch mehr Menschen spenden, die bisher zugewartet haben», erklären die Verantwortlichen. Zumal ein Gelingen des Mammut-Vorhabens realistischer scheint denn je.
Ein positiver Drive
Dies, wenn man sich vergegenwärtigt, was das Ganze gesamthaft kosten soll. Einen Kaufpreis von rund vier Millionen Franken hat die Besitzerfamilie Meyer für das Kuzeb aufgerufen. Wenn sich die Verantwortlichen an den Tag zurückerinnern, als sie davon erfahren haben, sind das keine schönen Gedanken. «Es war schon ein harter Schlag. Für einen Moment dachten wir uns wohl alle: Das wars», sagt Silas Roth. Was folgte, war allerdings Positivismus und ein Drive, der alle ansteckte, die irgendwie mit dem Kuzeb in Verbindung stehen. «Es herrscht Elan, Zuversicht und ein Aktivismus im Haus wie schon lange nicht mehr», lächelt Mel Casutt. Spätestens seitdem ein Grossspender gewonnen werden konnte, der für den Löwenanteil des Kaufpreises aufkommt, dominiert wieder der Glaube an die gemeinsame Zukunft im Haus, das für viele schlicht zum Leben dazugehört und für manche zu einem zweiten Zuhause geworden ist. Ein Ort der Begegnung, Kreativität und wahren Wertschöpfung abseits des Geldes.
Alle bleiben gleich
Seit dem Start der Kampagne «Kuzeb bleibt!» vor zwei Monaten, wo der Wille bekräftigt wurde, alles dafür zu unternehmen, das Kuzeb in seiner jetzigen Form zu erhalten, und dafür auch nach den Spielregeln des eigentlich abgelehnten Kapitalismus zu spielen, ist nochmals einiges gegangen. Jüngst hat man mit der Besitzerfamilie eine grundsätzliche Einigung über den Kaufpreis erzielt. Dem Vernehmen nach sind die bisherigen Eigentümer dem Kuzeb entgegengekommen – wobei die Kaufsumme immer noch deutlich über 3,5 Millionen Franken liegen soll.
Mindestens eine halbe Million davon soll durch die Kampagne eingenommen werden, so will es die Vereinbarung mit dem Grossspender, der anonym bleiben will und nicht im Fokus stehen soll. «Auch innerhalb des Kuzeb wissen nur knapp eine Handvoll Leute, um wen es sich handelt», sagt Estermann. Das sei auch irrelevant für das grosse Ganze, denn die Spende ist an keinerlei Bedingungen geknüpft. Dank Schaffung einer Stiftung, die künftig als Eigentümerin fungiert und gleichzeitig dem Verein komplette Handlungsfreiheit zusichert, bleibt die Unabhängigkeit und Gleichheit unter den Kuzeb-Mitgliedern gewahrt. Ob sich jemand mit 20 oder 200 000 Franken an der Kuzeb-Rettung beteiligt, soll im künftigen Betrieb keine Rolle spielen. Wie überhaupt Geld im Kuzeb-Kosmos nur ein unliebsames Mittel zum Zweck ist, ohne das es nun mal nicht geht.
Keine Alternative
Freilich sind die Kuzeb-Vereinsmitglieder nicht realitätsblind. Mit der Frage nach dem Kaufpreis und dessen Höhe hat man sich intern sehr wohl und intensiv beschäftigt. «Wir wissen, dass der Gesamtbetrag unglaublich viel Geld ist, eine unvorstellbare Summe. Aber gleichzeitig sagten wir uns auch: Was haben wir für eine Alternative?», sinniert Casutt. «Nach objektiven Massstäben mag das Gebäude diesen Wert vielleicht nicht für alle haben. Für uns ist das Gebäude aber unschätzbar wertvoll, nicht ersetzbar und mit Geld nicht aufzuwiegen.»
So habe man intern beispielsweise in den Raum gestellt, dass man für den Betrag auch einen grosszügigen Bauernhof mit viel Land erwerben könnte, berichtet Casutt. «Doch das wäre nicht mehr das Kuzeb. Mit seiner jahrzehntelangen Geschichte, all den Emotionen, die das mit sich brachte, der Energie des Hauses, seiner Vielfalt, der historisch gewachsenen Einrichtung, der Lage mitten in Bremgarten …»
Rückhalt der Bevölkerung
Nicht zuletzt spürt man vereinsintern auch eine Verantwortung gegenüber all den Menschen, die in den vergangenen Jahrzehnten im Haus ein- und ausgegangen sind. «Ohne Kuzeb wäre Bremgarten nicht dasselbe, davon bin ich überzeugt», sagt Roth. Das Kulturzentrum sei Ausgangs- und Anzugspunkt für ganz viel Positives. Ein unschätzbar wertvolles Puzzlestück für eine attraktive und lebendige Stadt. «Ich kenne einige, die nur deswegen hierhergezogen sind. Und zwar solche, die auch am Leben im Städtli teilnehmen und nicht nur hier wohnen.»
«Ganz viele der Einheimischen sind sich der Bedeutung des Kuzeb bewusst», sagt auch Estermann. Es sei schön für ihn momentan, den Support und das wohlwollende Interesse in den Strassen und Gassen zu erleben, sagt der Bremgarter. Praktisch jeden Tag werde er auf den Stand der Dinge angesprochen. «Manchmal drückt man mir auch einfach Bargeld für die Kampagne in die Hand», lacht er. Von den Merchandise-Artikeln ist das schwarze «Kuzeb bleibt!»-Shirt bereits ausverkauft. Und offenbar wird es getragen: «Am 1. Mai haben wir an den unterschiedlichen Veranstaltungen zahlreiche unserer Shirts erspäht», erzählen die Kuzeb-Verantwortlichen. «So was erfüllt einen mit Freude und gibt weiter Energie.»
Happy End im September?
Dass die Botschaft in die Schweiz hinausgetragen wird und die Verantwortlichen mit Hochdruck dranbleiben, bleibt indes auch nötig. «Wir dürfen nicht nachlassen», betonen die Vereinsmitglieder. So wird es in den kommenden Wochen weitere Solidaritätsanlässe quer durch das Land geben. «Von Thun bis St. Gallen.» 15 davon sind in der Deutschschweiz insgesamt geplant. An deren Ende soll schliesslich in Bremgarten der krönende Abschluss folgen. Wenn im September hoffentlich die fehlenden 300 000 Franken aufgebracht sind und der Kaufvertrag mit den Meyers unter Dach und Fach gebracht wurde, wird im Städtli gefeiert. «Kuzeb für immer», lautet dann das Motto. Die Chancen, dass diese Party tatsächlich steigt, steigen von Tag zu Tag – mit jedem Franken.