Kuzeb bleibt – definitiv
08.08.2025 BremgartenSpendenziel erreicht
Kuzeb wird von Betreibern erworben
Eine halbe Million Schweizer Franken. Diesen Betrag mussten die Vereinsmitglieder des Kuzeb selbst aufbringen, damit der anonyme Grossinvestor den Kauf der ehemaligen Kleiderfabrik am Bremgarter ...
Spendenziel erreicht
Kuzeb wird von Betreibern erworben
Eine halbe Million Schweizer Franken. Diesen Betrag mussten die Vereinsmitglieder des Kuzeb selbst aufbringen, damit der anonyme Grossinvestor den Kauf der ehemaligen Kleiderfabrik am Bremgarter Altstadteingang durch seine bisherigen Besetzer und Betreiber möglich macht. Dafür wurde die Kampagne «Kuzeb bleibt!» ins Leben gerufen. Und diese ist nun tatsächlich von Erfolg gekrönt. In dieser Woche wurde die magische Grenze von 500 000 Franken überschritten. Damit ist klar: Die Liegenschaft des Kuzeb wechselt definitiv in den Besitz derjenigen, die hier bereits jahrzehntelang wirken. Ein grosser Erfolg, der die Mitglieder stolz und dankbar macht.--huy
Spendenziel von einer halben Million Franken erreicht
Fast zwei Monate vor der Deadline haben die Verantwortlichen den Betrag beisammen, der für den Erwerb des Kulturzentrums nötig ist. Am 19. und 20. September steigt eine grosse Party.
Marco Huwyler
Es war Erleichterung, welche die engagierten Kuzeb-Mitglieder überkam. Keine Euphorie – denn dafür war es zu absehbar, dass das einst für utopisch gehaltene Vorhaben tatsächlich erreicht werden würde. Doch so gut, wie die Kampagne «Kuzeb bleibt!» von Anfang an angelaufen ist und auch nie nachliess, war zuletzt klar, dass man das Ziel eher früher als später erreichen würde. «Und doch ist da eine Restlast weg», lächelt Tobias Estermann. «Es fühlt sich unglaublich gut an.»
Unfreiwillig im Zentrum
Seit diesem Dienstag ist es definitiv. Das ambitionierte Spendenziel der Kampagne des Vereins von einer halben Million Schweizer Franken wird bereits Anfang August erreicht. Fast zwei Monate vor Ende der Deadline. Bis Ende September hätte man Zeit gehabt, die Summe aufzubringen, damit der Kaufvertrag zu greifen beginnt. Eine Frist, die man nun bei Weitem nicht ausschöpfen muss. 503 649 Franken wurden bis dato in den letzten Monaten vom Kuzeb-Kollektiv gesammelt. «Es waren ganz viele kleine Tröpfchen, welche dieses grosse Fass tatsächlich gefüllt haben», sagt Silas Roth. «Wir sind allen megadankbar, die ihren Beitrag geleistet haben.»
Das letzte grössere solche Tröpfchen rieselte Anfang Woche in den Spendentopf nieder. Auch Roth ist, wie Estermann, ein Vereinsmitglied, das in den letzten Wochen an zahlreichen Fronten geweibelt hat. Durch ihre vergleichsweise geringe Medienscheue sind die beiden jungen Männer auch so was wie ein Gesicht der Kampagne gegenüber der Lokalpresse geworden – auch wenn sie dies eigentlich gar nicht sein wollen. «Denn bei uns steht kein Individuum im Vordergrund», wie die beiden betonen. Und so ist denn auch bis heute unbekannt, wer der weisse Ritter ist, der mit seiner Millionenspende die erfolgreiche Spendenaktion überhaupt möglich machte (siehe Kasten).
Geht es nach den Kuzeblern, bleibt dies auch so. Auch intern sei die Identität des Spenders bloss einer Handvoll Menschen bekannt, heisst es aus Vereinskreisen. In den Vordergrund gehört für sie nun die erfolgreiche Kampagne. Eine Kampagne überdies, die für das Kuzeb nicht nur finanziell ein voller Erfolg war, wie Roth findet. «Wir fühlten uns in den vergangenen Wochen getragen von den Menschen Bremgartens.» Zwar gab es sie immer noch, die abwertenden Stimmen, welche das Kuzeb als «Schandfleck» des Städtli bezeichnen. «Doch so, wie ich es mitbekommen habe, sind diese klar in der Minderheit», sagt Roth.
Schöne Begegnungen in Bremgarten
Er und Estermann wissen beide von vielen schönen Begegnungen in den letzten Wochen zu berichten. «Es gab Menschen, die uns erkannt und uns spontan Bargeld in die Hand gedrückt haben», sagt Letzterer. Die Solidarität der Beteiligten für die gemeinsame Sache sei gross gewesen und habe sich ganz vielfältig ausgedrückt. Roth ist etwa eine Begegnung während des Kofferflohmarkts Anfang Juni in Erinnerung geblieben. «Eine Frau hat sich da im Vorfeld mit unseren Merchandise-Artikeln eingedeckt und diese ohne eigene Marge gleich am Flohmarkt weiterverkauft», berichtet das Kuzeb-Mitglied lächelnd.
Die Kampagne half zudem, den in der Vergangenheit nicht immer bei allen beliebten Verein in ein positives öffentliches Licht zu rücken und nahbarer zu machen. Dank der positiven Energie rund ums Kuzeb, die in den vergangenen Wochen sicht- und spürbar war in und um Bremgarten. «Wir möchten deshalb nun auch die Gelegenheit nützen, um einfach mal ‹Danke› zu sagen. Allen, die bei der Kampagne mitgewirkt haben, und allen, die sie getragen haben», sagt Estermann.
Kampagne läuft weiter
Das Ziel ist nun zwar erreicht – das Kuzeb wird alsbald tatsächlich in den Besitz jener wechseln, die es jahrelang besetzten –, doch die Spendenkampagne läuft trotzdem weiter. Denn es kommen nach dem Kaufpreis weitere Kosten auf die neuen Eigentümer zu, die es an sich nicht so mit dem Wirtschaften haben. «Weitere Spenden sind deshalb hochwillkommen», sagt Estermann. So kostet etwa die Handänderung nochmals eine stattliche Summe. Und überhaupt wird im Zuge des Besitzerwechsels noch manche kostspielige Herausforderung auf die Neo-Besitzer warten. Auch Arbeiten und Renovationen an der Liegenschaft. Dafür dürfte die Tatkraft und Motivation nun gross sein wie nie – nun, da das Gebäude auch tatsächlich jenen gehört, die es liebevoll nutzen. Die jahrzehntelange latente Unsicherheit, dass theoretisch vom einen auf den anderen Tag Schluss sein könnte mit dem, was man hier in unzähligen Stunden Freiwilligenarbeit und Schaffenskraft von Hunderten kreativen Köpfen geschaffen hat, fällt nun weg. Beste Voraussetzungen, um auch Projekte mit einem höheren Zeithorizont anzugehen.
Zu Gast am FIDM
Doch derlei ist momentan noch Zukunftsmusik. Bereits heute geht die Kampagne «Kuzeb bleibt!» in ihre nächste Runde. Am «Festival i de Marktgass» (FIDM) dieses Wochenende betreibt der Verein Kuzeb einen Foodstand, wobei der Erlös der Kampagne zugutekommt. Im Wissen, dass das Kuzeb nun tatsächlich definitiv bleibt, dürfte bei den involvierten Vereinsmitgliedern dabei auch das Feiern nicht zu kurz kommen. Und damit schon einmal einen Vorgeschmack auf die grosse Party «Kuzeb für immer» liefern. Auch deren Zustandekommen am 19. und 20. September ist nun definitiv. Seit Mittwoch werden Flyer dafür verteilt.
Die Vorgeschichte – von Besetzern zu Besitzern
Anfang Jahr war bekannt geworden, dass die langjährige Besitzerfamilie Meyer die Liegenschaft der ehemaligen Kleiderfabrik in Bremgarten verkaufen möchte. Damit stand der Verein Kuzeb, der im Gebäude zahlreiche kulturelle Tätigkeiten aller Art ausübt, plötzlich vor dem Verlust seiner Heimat und Identität.
Das autonome Kulturzentrum in Bremgarten und der betreibende Verein ist aus einer Hausbesetzung der leer stehenden Kleiderfabrik Anfang der 90er-Jahre hervorgegangen und historisch gewachsen. Über die Jahre hinweg ist am Altstadteingang so ein Freiraum entstanden, der von vielen mannigfaltig genutzt wird. Den Kapitalismus und seine Auswüchse lehnen die Betreiber ab. Der Verein funktioniert ohne Hierarchien und steht allen offen, die dessen Werte mittragen. Die Veranstaltungen, die im Kuzeb stattfinden, sind stets non-kommerziell.
Die Besitzerfamilie hatte die Besetzung und Nutzung all die Jahre toleriert. Höchst unwahrscheinlich, dass dies bei einem Verkauf an Externe weiterhin der Fall gewesen wäre. Nach anfänglicher Resignation fassten die Kuzeb-Vereinsmitglieder deshalb den Entschluss, selbst um das Haus mitzubieten und dafür Spenden zu sammeln. Die Bewegung «Kuzeb bleibt!» erhielt Flügel, als ein anonymer Millionenspender gewonnen werden konnte, der einen Grossteil des aufgerufenen Preises übernehmen will.
Mit den Besitzern erzielte man im Frühling eine Einigkeit über den Kaufpreis. 3,75 Millionen Franken wird die ehemalige Kleiderfabrik kosten, wobei der Löwenanteil von 3,25 Millionen vom Grossspender getragen wird. Dessen Bedingung war, dass der Verein eine halbe Million selbst mittels Spenden aufbringt. In den vergangenen Monaten fanden deshalb in und um Bremgarten zahlreiche Aktivitäten und Aktionen statt, die nun im Erreichen des Spendenziels fruchten. --huy