In der Luft zu Hause
10.10.2023 Eggenwil, Region BremgartenHerr der Lüfte
Alfredo Studer ist aktuell die Schweizer Nummer 1 im Paragliding
Alfredo Studer hat in 33 Jahren Gleitschirmfliegen vieles erlebt. In diesem Jahr wurde er Paragliding-Schweizer-Meister und 6. im World Cup in ...
Herr der Lüfte
Alfredo Studer ist aktuell die Schweizer Nummer 1 im Paragliding
Alfredo Studer hat in 33 Jahren Gleitschirmfliegen vieles erlebt. In diesem Jahr wurde er Paragliding-Schweizer-Meister und 6. im World Cup in Frankreich.
Roger Wetli
«Es ist eine Sportart, in der man auch mit meinen 60 Jahren noch erfolgreich mitf liegen kann», lacht der Eggenwiler Gleitschirm-Pilot Alfredo Studer. «Die körperliche Kondition ist dabei weniger entscheidend als die mentale Stärke, die Taktik und die Erfahrung.» Trotzdem ist der Schweizer-Meister-Titel für Alfredo Studer keine Selbstverständlichkeit. Im Frühling erreichte er etwa am World Cup in Brasilien den enttäuschenden 92. Platz. Und dies bei 120 Teilnehmenden. «Es lief schlicht nicht», begründet er dieses Resultat. «Wichtig ist, nicht gleich eine Krise daraus zu machen, sondern vorwärtszuschauen.»
Wettkämpfe als Training
Dabei hilft dem Eggenwiler die langjährige Erfahrung in der Luft. 1990 begann er mit dem Gleitschirmfliegen. Er gewann viele nationale und internationale Wettkämpfe. Wenn es mal nicht für den obersten Podestplatz reichte, reihte er sich zuverlässig in den Top 10 ein. War Studer früher praktisch bei jedem schönen Wetter in der Luft, besteht sein Training für Wettkämpfe mittlerweile in der Teilnahme an Wettkämpfen. Eine nächste Gelegenheit wird sich ihm im kommenden Frühjahr bieten. Dann nimmt er an den Paragliding-Europameisterschaften teil.
Alfredo Studer fliegt in Paragliding-Meisterschaften ganz vorne mit
Paragliding-Schweizer-Meister und ein 6. Platz am Paragliding World Cup in Frankreich: Der 60-jährige Eggenwiler Alfredo Studer fliegt 2023 ausgezeichnet. Seit 33 Jahren ist er Gleitschirmpilot und immer noch mit Begeisterung dabei.
Roger Wetli
«Wettkampffliegen ist das beste Training für die Wettkämpfe», schmunzelt Alfredo Studer. Das A-Kader-Mitglied der Swiss League fliegt regelmässig in der Schweiz und Ausland. Der 6. Platz am Paragliding World Cup in Frankreich und der Schweizer-Meisterschafts-Titel Paragliding sind für den Eggenwiler aber keine Selbstläufer. Am diesjährigen World Cup in Brasilien erreichte er von 120 Teilnehmern gerade mal den 92. Platz. «Es war schwierig für mich. Wenn es läuft, dann läuft es. Und in Brasilien lief es nicht.» Nach 33 Jahren Fliegen könne er solche schlechten Resultate einordnen, falle nicht gleich in eine Krise und ziehe Lehren daraus. Umso mehr freut er sich über den Schweizer-Meister-Titel und die Top-10-Platzierung in Frankreich. Zumal er es in all den Jahren national und international immer wieder auf das oberste Ehrentreppchen geschafft hat.
Aufwinde finden
In Paragliding-Wettkämpfen fliegen bis 150 Gleitschirmpiloten gleichzeitig gegeneinander. Es gilt eine Strecke mit verschiedenen Wendepunkten zu absolvieren. Das Gebiet ist dabei vor dem Wettkampf bekannt und kann studiert werden, die genaue Route erhalten die Piloten aber erst zirka 30 Minuten vor dem Start. «Es gilt danach flexibel auf das Gelände und die Wetterverhältnisse zu reagieren, um den idealen Flug zu absolvieren. Dabei können sich die Bedingungen laufend ändern. Wenn man zwischenlanden muss, ist der Wettkampf in der Regel für den Piloten gelaufen.» In der Luft sammelt man Punkte für die geflogene Distanz, die Zeit bis zum Ziel und dafür, ob man einen der Wendepunkte als Erster erreicht hat. «Wenn ein Pilot Aufwinde gefunden hat, kann man dorthin fliegen und diese ebenfalls nutzen.» Geben Wolken auf deren Standorte Hinweise, sind es bei strahlend blauem Himmel Greifvögel oder die Geländegestaltung. «Es ist dann aber deutlich schwieriger», so Studer.
Eine grosse Familie
Alfredo Studer mag die Wettkampfsituation. «Zwischen den Piloten ist es wie in einer Familie. Man kämpft zwar gegeneinander, schätzt sich aber und tauscht sich gegenseitig aus.» Er mag es zudem, dass alle Piloten am Wettkampftag gleichzeitig die Leistungen bringen müssen. Das war bis 2012 anders. Damals flog der Eggenwiler in einer Disziplin, in der man ohne sichtbare Konkurrenz innert eines Jahres selber Strecken fliegen konnte und dann die besten vier Resultate zählen lassen konnte. «Ich hatte damals einen Job, der mir maximale Flexibilität liess, und war bei schönem Wetter praktisch immer in der Luft», blickt Studer zurück. Das änderte sich, als der Programmierer einen Job als Projektleiter annahm, der mit vielen fixen Terminen verbunden ist. Jetzt muss er sich die Zeit für die Wettkämpfe freihalten, damit sein Hobby planbar ist für den Arbeitgeber und seine Familie.
Generell schraubte der erfolgreiche Gleitschirmpilot seine Zeit in der Luft in den letzten Jahren merklich zurück. So nimmt er in der Regel an zwei bis drei von fünf World Cups teil und am Superfinal, wenn er sich dafür qualifiziert. Als aktuelle Nummer 1 in der Schweiz ist er nächstes Jahr für die Europameisterschaft qualifiziert. Der Vater zweier kleiner Kinder nimmt zum Teil seine Familie mit an die Wettkämpfe. Diese ist stark mit seinem Sport verbunden. So lernte er zum Beispiel seine Ehefrau an einem World Cup in Kolumbien kennen.
Respekt fliegt mit
«Gleitschirmfliegen ist die unendliche Freiheit. Ich entscheide, wohin es geht. Ich schwebe über allem. Das eröffnet ständig neue Perspektiven, besonders dann, wenn man über eine Hügel- oder Bergkante in ein anderes Tal gelangt», schwärmt der Eggenwiler. «Und jedes Tal ist wieder anders. Sowohl was die Thermik wie auch sein Aussehen betrifft.» An den Wettkämpfen schätzt Alfredo Studer, dass er durch das Messen mit anderen Piloten immer besser wird. «Und es ist eine Sportart, in der man auch im Alter von 60 Jahren noch vorne mitfliegen kann. Die Erfahrung spielt eine grosse Rolle. Aber auch die geistige Verfassung und die gewählte Taktik.» Zudem sei die körperliche Belastung beim Gleitschirmfliegen deutlich kleiner als die geistige. «Das ändert sich bei Flügen über 10 bis 11 Stunden, zudem muss da in der Luft auch getrunken und gegessen werden, um den Energiehaushalt aufrechtzuerhalten. Das ist bei den World Cups und an der Schweizer Meisterschaft nicht der Fall, weil diese Flüge zwei bis drei, maximal mal fünf Stunden dauern.»
Kein guter Begleiter sei dabei die Angst. «Man braucht Respekt. Denn es bleibt immer ein Restrisiko. Dieses nimmt zu, je näher man am Gelände fliegt», gibt Alfredo Studer zu bedenken. «Und wenn mal was schiefgeht, kann es tödlich enden. Das Thema Sicherheit ist deshalb sehr wichtig im Verband und in der Liga.»
Alfredo Studer betont, dass er nicht wegen eines Kicks oder wegen des Adrenalins Gleitschirmpilot sei. «Es ist ein schönes und ruhiges Erlebnis und man ist nicht sehr schnell unterwegs. Ich fühle mich sicher in der Luft. Fliegen fasziniert mich. Es begleitet mich bereits sehr lange und ist ein Teil meines Lebens geworden.»