Im Wechselbad der Gefühle
22.10.2024 Wahlen, Region BremgartenSP des Bezirks Bremgarten kann ihre beiden Sitze halten
Den Frust runterspülen oder den Erfolg feiern? Die Mitglieder der SP standen am Sonntag vor einem Dilemma. Die Partei bleibt zwar zweitstärkste Kraft im Aargau, hat aber in Zukunft nicht viel zu sagen. ...
SP des Bezirks Bremgarten kann ihre beiden Sitze halten
Den Frust runterspülen oder den Erfolg feiern? Die Mitglieder der SP standen am Sonntag vor einem Dilemma. Die Partei bleibt zwar zweitstärkste Kraft im Aargau, hat aber in Zukunft nicht viel zu sagen. «Es braucht uns jetzt erst recht», sagt denn auch Stefan Dietrich.
Chregi Hansen
Es war eine seltsame Stimmung im Bremgarter «Stadtkeller». Eigentlich wollte man sich doch mit den beiden Wiedergewählten Stefan Dietrich und Arsène Perroud freuen. Anderseits macht der Rechtsrutsch im Kanton doch allen zu schaffen. So sah man neben lachenden Gesichtern auch viele ernsthafte Mienen.
Das sonntägliche Verdikt konnte der SP nicht gefallen. Und so freut man sich eben an den kleinen Dingen. «Ich habe in der Stadt Bremgarten das beste Resultat aller Kandidaten gemacht. Und die SP bleibt die zweitstärkste Kraft im Städtli. Das ist alles andere als selbstverständlich», sagte Stefan Dietrich, Co-Präsident der Kantonalpartei und wiedergewählter Grossrat. Er sprach von einem Wechselbad der Gefühle, in dem er sich den ganzen Nachmittag über befunden habe. Irgendwo zwischen «Bitterkeit und Erleichterung», wie er zugeben musste.
Die ersten Hochrechnungen deuteten für seine Partei grosse Verluste an, die dann aber ausblieben. Auf kantonaler Ebene gab es ein Minus von 0,41 Prozent, im Bezirk waren es etwas mehr (1,8 Prozent). «Dass wir trotz des Rechtsrutsches alle unsere Sitze verteidigen konnten, das ist das Positive an diesem Tag», so der Bremgarter Grossrat.
Jetzt vier Jahre Opposition
Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass man nun vor sehr schwierigen vier Jahren stehe. Denn durch die Verluste von Grünen und Grünliberalen hat sich die politische Landschaft verändert. Die Rechtsbürgerlichen haben die absolute Mehrheit, «vor dem europäischen Rechtsrutsch sind eben auch wir Schweizer nicht gefeit», stellte Dietrich fest. Zwar gebe es zwischen SVP und FDP immer mal wieder Differenzen, aber wenn es drauf ankommt, dann werden sie sich finden, ist er überzeugt. Er kritisierte den schlechten Politstil, der nun auch im Aargau Einzug halten werde und der auf den Mann beziehungsweise die Frau ziele. Dietrich sprach von einem «erschreckenden Ergebnis. Wir sind gefordert, Oppositionspolitik zu betreiben und den Bürgern Alternativen aufzuzeigen. Einfach nett sein, das reicht eben nicht.»
Auch der Wohler Gemeindeammann Arsène Perroud schaffte die Wiederwahl problemlos und ist froh darüber. Ihm ist ebenfalls bewusst, dass nun schwierige Zeiten auf die SP zukommen. «Wir dürfen nicht zufrieden sein mit dem Resultat. Wir waren zu wenig aktiv, das müssen wir nächstes Mal besser machen», betonte Perroud in seiner Dankesrede. Damit widersprach er zum Teil auch seinem Grossratskollegen Dietrich, der die Bezirkspartei für ihren äusserst aktiven Wahlkampf lobte.
Es braucht jetzt alle
Das Ergebnis und der Rechtsrutsch haben den Wohler nicht überrascht. «Es wurde mit nationalen Themen Wahlkampf gemacht und es ging weniger um den Kanton», kritisierte er. Die SP sei nun gefordert, die von den Rechtsbürgerlichen gefällten Entscheidungen wieder rückgängig zu machen. Trotzdem freue er sich auf die kommenden vier Jahre und sei stolz, dass die SP ihre Sitzzahl halten konnte.
Auch Sandro Covo, der Präsident der Bezirkspartei, war zwiegespalten. Die Wiederwahl der beiden Bisherigen sei ein Erfolg. «Es zeigt, dass die Leute zufrieden sind mit unserer Arbeit», sagte er. Aber das kantonale Gesamtergebnis bereite ihm Sorgen. «Wir sind jetzt vier Jahre in der Opposition. Aber da werden wir aktiv sein und immer wieder Referenden ergreifen», kündigte Covo bereits an. Für den Bezirkspräsidenten ist das Resultat ein klarer Auftrag, jetzt noch aktiver zu werden. Und zwar ab sofort und nicht erst bei den nächsten Wahlen. Es brauche jetzt alle in der Partei, mahnte er. Aber: «Wir müssen auch das Positive sehen. Wir haben im Bezirk beide Sitze verteidigt. Darum dürfen wir heute feiern, das haben wir uns verdient.»
Auch für Stefan Dietrich ist klar, dass die Partei nun umso mehr gefordert ist. Steuersenkungen für Reichere und dafür Abbau von Leistungen, dazu werde die SP nie Ja sagen, kündigte er bereits an. Man befinde sich jetzt in der Oppositionsrolle, und diese wolle man aktiv ausüben, so der Co-Präsident der Kantonalpartei zum Schluss.