Heim-Stimme nach aussen tragen
02.07.2024 Bremgarten, Hermetschwil-StaffelnGeneralversammlung des Vereins St. Benedikt in Hermetschwil-Staffeln
Die diesjährige GV des Kinderheims St. Benedikt bot Einblick in die Heimführung und informierte über geplante bauliche Massnahmen. Für Doris Stöckli war es die erste Versammlung ...
Generalversammlung des Vereins St. Benedikt in Hermetschwil-Staffeln
Die diesjährige GV des Kinderheims St. Benedikt bot Einblick in die Heimführung und informierte über geplante bauliche Massnahmen. Für Doris Stöckli war es die erste Versammlung als Präsidentin.
Stefan Treier
Bremgartens Vizeammann Doris Stöckli kann auf ein bewegtes erstes Präsidialjahr zurückblicken. Der in Planung stehende Umbau der Wohngruppenhäuser beschäftigte den Vorstand an jeder seiner acht Sitzungen. Seit dem 1. Januar 2023 wirkt Roman Keusch als neuer Pächter des landwirtschaftlichen Gutsbetriebes. Seit dem Pächterwechsel wurden Ergänzungen am Betrieb vorgenommen.
Einblick in Heimführung
Unter Anspielung auf das aktuelle Vereinsmotto «Prima Klima» hielt Stöckli fest: «Prima ist auch im Vorstand das Klima.» Wie sie weiter ausführte, macht man sich Gedanken darüber, wie St. Benedikt gegen aussen proaktiv auftreten kann. «Es ist wichtig, eine Stimme nach aussen zu tragen», so die Präsidentin. Jährlich will man an alle Haushaltungen in Hermetschwil ein Bulletin versenden, damit die Bevölkerung erfährt, was im St. Benedikt alles geht. Man lege Wert darauf, die Öffentlichkeit für die Belange des Kinderheims zu sensibilisieren.
Aktuell leben 36 Knaben im Kinderheim St. Benedikt, um welche sich insgesamt 61 Mitarbeitende kümmern. Die Wohnkapazität ist derzeit zu 97 Prozent belegt. Die Mitarbeitenden engagieren sich in den Bereichen Wohnen, Schule und Betreuung um die Kinder. Man will ihnen, so gut es möglich ist, hier ein richtiges Daheim bieten.
Gesamtleiter Philipp Zimmermann bemühte sich, durch eine gut beachtete Aufzeichnung den «Werdegang» beim Eintritt eines Kindes zu erläutern. «Unser Ziel ist es, den Knaben Stabilität zu verleihen», so Zimmermann. Man spürte aus seinen Worten, dass man bestrebt ist, für die Kinder das Bestmögliche zu tun, obschon einzelne Schicksale für die Verantwortlichen im St. Benedikt zu echten Herausforderungen werden können. Die vorgestellte gemeinsame Ausrichtung führt von der Wohngruppe über den Schulbetrieb zur Familienarbeit und den Therapiebereich. Die Mitarbeit auf dem Bauernhof kommt bei den Kindern gut an. Dazu kommt für die Heimleitung oft eine Zusammenarbeit mit Beiständen oder gar den Familiengerichten. «Wir wollen bei allem keine Schuldigen suchen, sondern Lösungen anstreben» – eine klare Aussage von Zimmermann.
Aufschlussreich waren die Ausführungen des Gesamtleiters auch zum Werdegang eines Aufnahmeverfahrens. Häufig beginnt dieses mit der Anfrage von Beiständen nach freien Plätzen und der Vorlage des Berichtes einer Fachstelle wie SPD, PDAG und Schulberichten. Erste Aufschlüsse über die Situation des Knaben entstehen aus einem Gespräch mit der Beistandschaft sowie dann persönlich mit dem Kind, den Eltern und dem Beistand, welchem in der Regel ein Aufnahme-Entscheid folgt. Der Eintritt kann jedoch erst erfolgen, wenn alle, auch das Kind, einverstanden sind.
Beispiel eines Knaben
Anhand eines konkreten anonymisierten Beispiels erläuterte der Gesamtleiter das Schicksal eines Kindes, dessen Eltern sich geschieden hatten. Die Mutter erkrankte psychisch und musste hospitalisiert werden, der Vater ging eine neue Beziehung ein, es entstand ein Konkurrenzverhältnis zur Mutter. Für den noch beim Vater lebenden Knaben gab es einen Beziehungsabbruch zur Mutter. Er wurde verhaltensauffällig, was zu einer Gefährdungsmeldung bei der KESB führte. Der mittlerweile 12-jährig gewordene Knabe lebt seit drei Jahren im St. Benedikt, wo man daran ist, für ihn den verlorenen Lebenshalt wieder aufzubauen. Nach einer gesundheitlichen Besserung der Mutter bemüht sich heute der Vater wieder vermehrt um den Sohn. Man strebt im Heim für solche Kinder Stabilität an.
Grössere Umbauvorhaben
Im St. Benedikt befasst man sich mit einem Strategieprozess für die Sanierung und den Umbau der vier Wohnhäuser, wozu ein Kostenrahmen von rund 5,5 Millionen Franken besteht. Es steht die Schaffung von Einzelzimmern im Fokus. Die Architekturleistungen sind ausgeschrieben. Vorerst werden ein Vorprojekt und eine Machbarkeitsstudie geplant. Wenn das neue Strategiekonzept vorliegt, wird eine Projekteingabe an den Kanton erfolgen, welcher als finanzieller Mitträger noch Abklärungen tätigen und sich äussern wird. Man rechnet für das Frühjahr 2025 mit einem Trägerschaftsbeschluss zum Umbauprojekt mit anschliessender Ausführungsplanung. Die Realisierung dürfte 2028 erfolgen. Es ist vorgesehen, den Betrieb nach dem Umbau mit gemischten Wohngruppen zu führen, da auch für Mädchen entsprechende Bedürfnisse bestehen.
Das Kinderheim St. Benedikt ist gut unterwegs und nimmt, gerade zur aktuellen Zeit, eine wichtige Funktion für junge Menschen wahr. Es versteht sich, dass demzufolge auch das Bedürfnis nach neuen Vereinsmitgliedern besteht, welche die Vereinstätigkeit nicht «nur» materiell, sondern auch mental unterstützen.