Grundsätzlich überfordert
22.08.2025 Mutschellen, Widen, Gewerbe, VereineGewerbevereine des Bezirks Bremgarten befassten sich mit Unternehmensnachfolge
Im Alterszentrum Burkertsmatt lauschten am Dienstagmittag verschiedene Gewerbler aus dem Bezirk Bremgarten einem Fachreferat zum Thema «Unternehmensnachfolge – Chancen und ...
Gewerbevereine des Bezirks Bremgarten befassten sich mit Unternehmensnachfolge
Im Alterszentrum Burkertsmatt lauschten am Dienstagmittag verschiedene Gewerbler aus dem Bezirk Bremgarten einem Fachreferat zum Thema «Unternehmensnachfolge – Chancen und Risiken». Es zeigte sich rasch, dass es keine Patentlösung gibt.
Roger Wetli
«Wir sind bei diesem Thema grundsätzlich überfordert», stellte Hans R. Schibli fest. Der Vizepräsident des Aargauischen Gewerbeverbands AGV, Rechtsanwalt und Landwirt erklärte zusammen mit dem Wirtschaftsprüfer Thierry Brem, wie die Übergabe eines Unternehmens gelingen kann. Teilnehmer Lieni Füglistaller bemerkte zum Schluss: «Der emotionale Aspekt in einer Übergabe wird oft unterschätzt. Es kann nur schon schwierig sein, wenn ein ehemaliger Firmenbesitzer nach vielen Jahren sein Auto nicht mehr auf dem zuvor gewohnten Parkplatz abstellen darf.»
Schibli und Brem betonten deshalb, dass eine Firmenübergabe gut vorbereitet sein sollte, und dazu genügend Zeit eingerechnet werden muss. «Wobei ich ein klarer Fan von einfachen Lösungen bin», gestand Hans R. Schibli. Als einfaches Beispiel nannte er ein Coiffeurgeschäft, das vom Vater auf die Tochter überging. «Es reichte dazu ein einseitiger Kaufvertrag. Da das Gebäude dem Vater gehört, ist das Geschäft der Tochter nun bei ihm eingemietet.»
Es könne aber auch schnell komplexer werden. «Schrecken Sie dabei nicht vor der Fusion Ihrer Firma mit einer anderen zurück. Das kann durchaus Sinn machen und ist keine Hexerei», so Schibli.
Spannweite zwischen 10 und 24 Millionen Franken
Thierry Brem wies darauf hin, dass es bei Firmenübergaben je nach Branche sehr unterschiedliche Herausforderungen geben könne. «Bei einem Treuhandbüro übergibt man allenfalls die Computer, die Software, die Kunden und die Büros. Also eher wenig materieller Wert. Bei einer Schreinerei oder einer metallverarbeitenden Firma wird das Anlagevermögen, bestehend aus Maschinen und Firmengebäuden, sehr schnell gross.» Hans R. Schibli betonte, dass der Wert einer Firma sehr schwierig einzuschätzen sein.
Als Beispiel nannte der Experte ein produzierendes Unternehmen mit 25 Mitarbeitern, das jährlich einen Gewinn von einer Million Franken erwirtschaftet. «Die Spannweite seines Verkaufspreises schätze ich da auf 10 bis 24 Millionen Franken. Nur, welcher Wert ist realistisch?» Er legte den Gewerblern sehr ans Herz, dafür frühzeitig mit dem zuständigen kantonalen Steueramt Kontakt aufzunehmen. «Haben wir das Unternehmen aus Sicht des Steueramtes unter seinem tatsächlichen Wert verkauft, wird ein Teil des Preises von ihm als Schenkung wahrgenommen. Das gilt es zu verhindern.»
Könne der Käufer den Verkaufspreis nicht gleich vollständig zahlen, gebe es verschiedene Möglichkeiten wie Bankkredite, Teilzahlungen oder ein in Raten zurückzahlbares Darlehen des Verkäufers. «Das heisst, dass der Käufer einen Teil des Preises dem Verkäufer nach und nach zahlt», so Thierry Brem. «Manchmal wird diese Zahlung vom Verkäufer als Teil der regelmässigen Rente eingerechnet. Bauen Sie deshalb Sicherheiten ein. Damit sind Sie gewappnet, wenn die Firma Konkurs geht oder der neue Inhaber plötzlich verstirbt.» Generell solle man für Übergaben entsprechende Versicherungen abschliessen. «Versichern Sie sich eher zu gut als zu schlecht.»
Arbeitsblatt als Hilfe
Als grundsätzliche Hilfe empfahlen beide Referenten ein extra durch den AGV erstelltes Arbeitsblatt, auf dem die wichtigsten Aspekte einer Firmenübergabe festgehalten werden können. «Dazu analysieren Sie zuerst die Ausgangslage und danach Ihre Ziele der Unternehmensnachfolge», stellt Hans R. Schibli fest. «Begnügen Sie sich bei der Zielerfüllung lieber mit 80 Prozent, statt sehr viel Aufwand in die 100 Prozent zu investieren. Und seien Sie sich nicht zu schade, externe Experten zu engagieren. Diese sollten möglicht kritisch sein.»
Schibli und Brem sprachen den Unternehmen Mut zu, zu akzeptieren, dass der neue Besitzer andere Ideen in die Firma einbringen werde. «Hören Sie in sich hinein, ob Sie überhaupt bereit sind, Ihre Firma zu übergeben», so Schibli. «Sind Sie dazu nicht bereit, oder finden Sie keine Nachfolge, mit der Sie sich wohlfühlen, scheuen Sie sich nicht davor, Ihre Firma aufzulösen.» Brem machte Mut: «Seien Sie sich bewusst, dass Ihr Leben auch ohne Ihre Firma weitergeht. Man nimmt sich teilweise zu ernst.»