Freude und Bammel
10.01.2023 Ski, Weitere Sportarten, SportFreiämter Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann
Auch wenn der Schnee fehlt, gibt es in Adelboden eine Schweizer Skiparty. Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann erzählt von einem «genialen Wochenende».
Der ausbleibende Schnee konnte die ...
Freiämter Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann
Auch wenn der Schnee fehlt, gibt es in Adelboden eine Schweizer Skiparty. Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann erzählt von einem «genialen Wochenende».
Der ausbleibende Schnee konnte die Partystimmung am Chuenisbärgli in Adelboden nicht beeinträchtigen. Im Riesenslalom siegt mit Marco Odermatt der Schweizer Dominator. «Wir haben mit Odermatt den absoluten Überflieger. Das macht viel Freude und ist hervorragend», sagt der Freiämter Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann. Kopfzerbrechen machen ihm die Rennen in Wengen vom nächsten Wochenende. «Sorgen mache ich mir um die schlechten Wetterprognosen für die kommenden Tage», so Lehmann. --spr
«8. Weltwunder»
Interview mit dem Freiämter Urs Lehmann, Präsident von Swiss Ski, nach dem Rennen in Adelboden und vor Wengen
Die Schweiz feiert in Adelboden ein Skifest. Im Ziel jubeln über 20 000 Fans dem Riesenslalom-Heimsieger Marco Odermatt entgegen. Einziger Makel: Es gab keinen Schnee in Adelboden. Nur mit Kunstschnee und viel Aufwand konnte eine Piste für die Fahrer erstellt werden. Was sagt Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann dazu?
Stefan Sprenger
Eine weisse Piste. Rundherum grün. Adelboden ist schneefrei bislang. Was macht das mit Ihrem Wintersportherz?
Urs Lehmann: Es macht keine Freude. Man musste einen grossen Aufwand betreiben, um die Rennen in Adelboden durchzuführen. Was das OK und insbesondere das Pistenteam vollbracht haben, grenzt für mich ans 8. Weltwunder. Aber wer diese Skiparty erlebt hat, der weiss: Es hat sich gelohnt.
Am Samstag fährt Marco Odermatt als Sieger durchs Ziel. 20 000 Fans jubeln ihm entgegen. Was ging Ihnen durch den Kopf?
Ich war erneut erstaunt von Odermatt. Ein fantastischer Skifahrer.
Ihr Wochenende in Adelboden war durchgeplant. Konnten Sie dieses Schweizer Skifest überhaupt geniessen?
(Lacht) Ich war in erster Linie in meiner Funktion als Präsident von Swiss Ski in Adelboden. Das heisst: Ich hatte viele Termine und es waren Arbeitstage für mich. Geniessen konnte ich es also nicht im gleichen Masse so wie ein Zuschauer. Aber es war ein geniales Wochenende in jeder Hinsicht.
Was war genial?
Es war ein gewaltiges Skifest trotz schwierigen Voraussetzungen. Ein Volksfest mit vielen sportbegeisterten und glücklichen Menschen.
Wird das auch in Zukunft möglich sein?
Natürlich, warum nicht?
Der Schweizer Klimatologe Reto Knutti sagt, dass die Schneefallgrenze noch weiter steigen wird. Das Ziel in Adelboden liegt auf «nur» 1302 Metern.
Das stimmt. In ein paar Jahrzehnten könnte die Schneefallgrenze auf rund 2000 Meter sein. Aber auch auf dieser Höhe gibt es Skigebiete. Und am Ende ist im Moment alles nur hypothetisch.
Der Schnee liegt aber immer später im Jahr und immer höher. Und es wird immer wärmer. Das ist Fakt.
In diesem Jahr ganz bestimmt. Es ist unglaublich und ich weiss nicht, ob es in der Vergangenheit schon einmal so wenig Schnee in den Alpen gab.
Klimawandel?
Die globale Erderwärmung spielt ganz bestimmt eine Rolle. Wenn ich aber nach Nordamerika schaue und sehe, wie fast der ganze Kontinent mit grosser Kälte und viel Schnee zu kämpfen hat, dann relativiert es sich wieder.
Aber hier in Europa ist die Situation ganz anders.
Ja. Sehr aussergewöhnlich. Umso mehr muss man den Verantwortlichen der Ski-Rennen in Adelboden ein Kompliment aussprechen. Man hat umsichtig gehandelt und schon früh Schneedepots angelegt. Das war ein grosser Aufwand, aber im Nachhinein sehr clever und wohl der Hauptgrund, wieso die Rennen in Adelboden stattfinden konnten. Ich bin mir sicher: Auch die Rennen in Wengen am nächsten Wochenende können vom Schnee her über die Ski-Bühne gehen. Etwas mehr Sorgen mache ich mir im Moment um die schlechten Wetterprognosen für die kommenden Tage.
Der Aufwand wird aber auch in Wengen riesig sein. Man darf über Sinn und Unsinn von Skirennen ohne Schnee diskutieren.
Das darf man jederzeit. Ich vertrete aber weiterhin die Meinung, dass Skirennsport für das Wintersportund Tourismusland Schweiz von zentraler Bedeutung ist. Die Bilder von Adelboden waren beste Werbung für den Schweizer Tourismus.
Was wären denn Lösungen für den Skisport?
Man darf sich zum Beispiel die Frage stellen, ob man die ersten Rennen nicht etwas später im Jahr ansetzen will. Eine bis zwei Wochen können viel ausmachen. Wir müssen innovativ sein und flexibel.
Organisatorisch stehen herausfordernde Zeiten an für den Skisport aus der Welt. Die Schweizer Skisportwelt sieht aber aktuell prima aus. Wie ist Ihr Fazit der alpinen Skiresultate bislang?
Mit Marco Odermatt haben wir den absoluten Überflieger. Das macht viel Freude und ist natürlich hervorragend. Es gibt verschiedene Sieger und Podestfahrer bei den Schweizer Frauen und Männern, das macht uns als Team sehr stark. Wir sind breit aufgestellt, viele Fahrerinnen und Fahrer sind vorne mit dabei. Das zeigt auch der Fakt, dass wir in der Nationenwertung in Führung sind. Bislang ist es also eine sehr gelungene Saison.
In rund einem Monat startet die Ski-Weltmeisterschaft in Méribel (Frauen) und Courchevel (Männer). Ihre Erwartungen?
Wenn wir bis dahin keine Verletzungen zu verzeichnen haben, wird die Schweiz mit einem starken Team antreten können. Wir haben in allen Disziplinen Medaillenchancen.
Wie viele Medaillen erwarten Sie als Präsident?
Ich werde Ihnen keine Zahl nennen. Die Ausgangslage stimmt mich zuversichtlich, dass wir viele Medaillen holen. Wir müssen aber alle konsequent weiterarbeiten und demütig sein.
Courchevel liegt auf 1850 Metern, Méribel auf 1450 Metern. An beiden Skiorten hat es Schnee.
Umso besser.